Neuer Rahmenvertrag

Keine Generika und trotzdem im Generikamarkt

Stuttgart - 05.07.2019, 16:00 Uhr

So fühlen sich derzeit viele Apothekenmitarbeiter angesichts des Rahmenvertrags. Kompliziert wird es auch, wenn ein Original von zwei Herstellern vertrieben oder unter zwei Warenzeichen von einem Hersteller mit gleichen Indikationen vertrieben wird. ( r / Foto: Robert Kneschke /stock.adobe.com)  

So fühlen sich derzeit viele Apothekenmitarbeiter angesichts des Rahmenvertrags. Kompliziert wird es auch, wenn ein Original von zwei Herstellern vertrieben oder unter zwei Warenzeichen von einem Hersteller mit gleichen Indikationen vertrieben wird. ( r / Foto: Robert Kneschke /stock.adobe.com)  


Für die meisten patentgeschützten Wirkstoffe gibt es als Alternative zum Original nur Importe. In manchen Fällen wird aber ein Original von zwei Herstellern vertrieben oder unter zwei Warenzeichen von einem Hersteller mit gleichen Indikationen. Nach dem neuen Rahmenvertrag wirkt sich das auf die Abgaberangfolge aus.

Der neue Rahmenvertrag unterscheidet in Generika- und Importmarkt. In welchem Markt man sich befindet, davon hängt die Abgaberangfolge ab. Die einzige Regel, die für beide Märkte gilt: Rabattvertrag sticht immer alles. Bei Fertigarzneimitteln, für die es außer Importen keine Alternativen gibt, ist man im Importmarkt. Dort gilt bei Verordnungen über das Original, dass grundsätzlich das verordnete Original und alle günstigeren Importe (preisgünstig oder nicht) abgabefähig sind – sofern es keinen Rabattvertrag gibt. Zum Erreichen des Einsparziels sollten preisgünstige Importe bevorzugt werden. Das trifft auf viele patentgeschützte Arzneimittel zu. 

Zwei Originale im Markt

Allerdings gibt es auch patentgeschützte Originale, die von zwei Herstellern vertrieben werden unter zwei Warenzeichen von einem Hersteller mit gleichen Indikationen. Beispiel hierfür sind Janumet und Velmetia oder Exforge HCT St. und Dafiro HCT. Ist so ein Präparat verordnet, landet man im generischen Markt.

Was bedeutet das? Ist so ein Präparat verordnet und gibt es einen Rabattvertrag, ist die Sache klar: Der Rabattartikel kommt zur Abgabe. Gibt es keinen Vertrag, greift die Abgaberangfolge. Das heißt in diesem Fall, man MUSS eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel abgeben – und das sind in aller Regel Importe. Rein hypothetisch könnte es auch sein, dass eines der Originale unter die vier günstigsten fällt, wenn sein GKV-VK unterhalb dem des verordneten Originals liegen würde. Es kann auch aber sein, dass ein Original verordnet ist, es gibt dazu Importe, aber es sind die Import des anderen Originals unter den vier preisgünstigen. 

DAP-Arbeitshilfen zum neuen Rahmenvertrag

Das DeutscheApothekenPortal stellt Arbeitshilfen zum neuen Rahmenvertrag zur Verfügung.  Zur Übersicht über alle Arbeitshilfen geht es hier.

Dafiro und Decoderm tri – Beispiele aus der Praxis

Zum Beispiel bei einer Verordnung über Dafiro HCT 10/160/25. Wenn es keinen Rabattvertrag gibt, stehen die ersten vier Arzneimittel der Liste zur Auswahl. Zumindest theoretisch, einer davon ist AV. 

Das Original darf nicht zur Abgabe kommen. Einzige Ausnahme: Es sind wirklich alle 24 Importe, neben Exforge und Dafiro gibt es noch welche namens Copalia, nicht verfügbar oder nicht geeignet.

Bei einer Verordnung über Decoderm tri muss ein Vobaderm-Import abgegeben werden, wenn es keinen Rabattvertrag gibt: 

Aut-idem wäre die Lösung 

Der einzige Ausweg aus dem Dilemma wäre, ein Aut-idem-Kreuz zu setzen. Denn dann ist man im Import-Markt und es ist einem freigestellt, das Original abzugeben oder einen beliebigen Import, der nicht zu den vier günstigsten gehört. Hier sollte man nur das Einsparziel im Kopf behalten. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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7 Kommentare

Es geht den Bach weiter runter...

von Anja K. am 08.07.2019 um 10:47 Uhr

Nach über 10 Jahren in dem Beruf - und ich habe von Anfang an die Rabattverträge mitbekommen - sehe ich mittlerweile nur noch eine fallende Tendenz. Knapp 20 h/Woche reichen mir in der öffentlichen Apotheke. Nebenbei bin ich Praxisausbilder - auch da fällt die Qualität der Ausbildung, ist teilweise veraltet. Kurzum: der Beruf wird “von oben“ nur noch kaputt “gespielt“ und das auch noch auf dem Rücken der Patienten.

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Neuer Rahmenvertrag begünstigt Retaxpraxis der Kassen ...

von Christian Timme am 06.07.2019 um 15:30 Uhr

Ein unter "Abgabedruck" stehender Apotheker ... ein zum Teil "vorsätzlich getäuschter Patient" und eine "hochzufriedene Krankenkasse" und natürlich ein "angeleiteter Arzt" und schon liegt die "Therapiefreiheit" bei süffigem Dom Perigon im Kassenbett. Ach, um den "Oberdeppen" nicht zu vergessen ... das "Patientenwohl" ... welch ein schöner Titel für die Finanzierung von "Kuppelei" und abhängiger "Prostitution" ...

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Welche Software zeigt dies denn nicht an?

von A. Fischer am 05.07.2019 um 17:37 Uhr

Beide Szenarien (Dafiro, Decoderm Tri) werden in ApoSoft nach dem Rahmenvertrag dargestellt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Welche Software zeigt dies denn nicht an

von Jess am 05.07.2019 um 17:45 Uhr

Meine Software (ADG) zeigt den Auswahldialog schon an, aber woher weiss ich jetzt, in welchem Markt ich mich befinde. Dies wird nicht angekündigt und kann dementsprechend Konsequenzen haben. Auf den ertsen Blick sieht es für mich nämlich nach Reimport-Markt aus, erst bei genauerer Betrachtung sieht man dann das zweite Originalprodukt. Und das soll man jetzt alles innerhlab von Sekunden entscheiden, wenn die Kunden mit den Hufen scharren.

Nur noch Kopfschütteln

von Jess am 05.07.2019 um 16:50 Uhr

Und woher weiß ich, ob ich mich im Generika oder Importmarkt befindet. Meine Software gibt mir dazu keinen Hinweis.
Wer schließt nur solche Verträge ab. Vor allem wurde allen erzählt, es wird alles einfacher mit dem neuen Vertrag, jetzt öffnen sich ganz neue Retaxmöglichkeiten.
Ich möchte nur mal wieder meinen Job machen dürfen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Nur noch Kopfschütteln

von Dr. Stephan Hahn am 05.07.2019 um 19:10 Uhr

Das IST unser Job!

AW: Nur noch Kopfschütteln

von Heiko Barz am 06.07.2019 um 11:48 Uhr

Ich glaubte irrigerweise, wir täten unseren „Job“ für die Patienten. Ich muß mich da wohl 50 Jahre falsch verhalten haben. Seit Ullas Amazonen Ritt gegen die Deutsche Apotheke 2003 ist die Qualität der AM kontinuierlich gefallen. Das Einsparziel von ca 21Millaren der KKassen ist vor Allem unserer unbezahlten Mehrarbeit bei den Industrierabattverträgen zu verdanken.
Dieses Faktum aber wird in den Medien bewußt nicht dargestellt, denn das Bild vom geldgeilen Apotheker muß erhalten bleiben, auch wenn längst schon widerlegt.
So stellt dies auch eine dreiste, wem auch immer in Diensten stehende Redakteurin der Süddeutschen Zeitung faktenverdrehend dar.

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