Nachbesserungen am Rahmenvertrag

Parallel vertriebene Originale bald nicht mehr im Generikamarkt

Stuttgart - 12.12.2019, 14:35 Uhr

Gut für den Alltag: Arzneimittel im Mehrfachvertrieb, bei denen die Abgabe eines rabattierten Fertigarzneimittels nicht möglich ist, werden nun explizit dem importrelevanten Markt zugeordnet. (Foto: imago images / Westend61)

Gut für den Alltag: Arzneimittel im Mehrfachvertrieb, bei denen die Abgabe eines rabattierten Fertigarzneimittels nicht möglich ist, werden nun explizit dem importrelevanten Markt zugeordnet. (Foto: imago images / Westend61)


Eines der größten Ärgernisse des neuen Rahmenvertrags waren die wohl versehentlich hinein geratenen Regelungen zu parallel von mehreren Herstellern vertriebenen Originalen. Die landeten nämlich laut Definition des Rahmenvertrags bislang im Generikamarkt. Folglich musste ohne Rabattvertrag eines der vier preisgünstigsten abgegeben werden ­– meist ein Import. Nun haben DAV und GKV-Spitzenverband sich auf Nachbesserungen geeinigt. Die Änderungen sollen zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.

Der seit Juli geltende Rahmenvertrag unterscheidet bekanntermaßen in einen importrelevanten und einen Generikamarkt. Das hat Auswirkungen auf die Auswahlmöglichkeiten, wenn es keinen Rabattvertrag gibt oder das Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist. So stehen nämlich im Importmarkt das Referenzarzneimittel sowie alle Importe zur Auswahl, sofern sie nicht teurer sind als das namentlich verordnete. Im Generikamarkt sind es nur die vier preisgünstigsten Präparate, das namentlich verordnete ist nur noch dabei, wenn es darunter fällt.

Importrelevant ist laut Rahmenvertrag unter anderem das Arzneimittel, bei dem es außer dem Original nur Reimporte gibt. Was dabei nicht berücksichtigt worden war, dass manche Originale parallel von mehreren Herstellern vermarktet werden. Die landeten laut Definition des neuen Rahmenvertrags im Generikamarkt. Folglich musste, wenn es kein rabattiertes gab, eines der vier preisgünstigsten Mittel abgegeben werden – in der Regel war das ein Import.

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Bereits kurz nach Inkrafttreten des Rahmenvertrags hatte der DAV angekündigt, mit dem GKV-Spitzenverband über Nachbesserungen zu verhandeln. Nun hat man sich geeinigt. Die ABDA-Mitgliederversammlung hat die Zweite Änderungsvereinbarung, die auf den 15. Dezember datiert ist und die DAZ.online vorliegt, am gestrigen Mittwoch durchgewunken.

Sie enthält unter anderem folgende Änderungen:

So wird in § 2 als neuer Absatz 15 die Definition für Mehrfachvertrieb und Parallelarzneimittel neu aufgenommen, bislang kam dieser Fall gar nicht vor.


„Mehrfachvertrieb im Sinne dieses Rahmenvertrages liegt dann vor, wenn ein patentgeschützter Wirkstoff durch einen oder mehrere pharmazeutische Unternehmer unter verschiedenen Handelsnamen vertrieben wird, ohne dass diese Arzneimittel die Voraussetzungen für eine Klassifikation als Importarzneimittel erfüllen. Arzneimittel, die im Mehrfachvertrieb vertrieben werden und die Aut-idem-Kriterien nach § 9 Absatz 3 erfüllen, werden in diesem Rahmenvertrag als Parallelarzneimittel bezeichnet.“

§ 2 Absatz 15 Rahmenvertrag


Das Gegenstück zum Mehrfachvertrieb ist übrigens der solitäre Markt, er umfasst patentgeschützte Originale, die von einem Hersteller vermarktet werden, und entspricht somit der bisherigen Definition des importrelevanten Marktes.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Vertragswesen GKV, expliziet Krankenkassensprech

von Rita Längert am 13.12.2019 um 9:09 Uhr

welche Uni bietet demnächst ein derartiges Masterstudium an, das dann Vorrausetzung für die bevorstehende Präqualifizierung zur Belieferung der GKV mit AM sein wird?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Einfach geht anders

von J.M.L. am 12.12.2019 um 20:27 Uhr

Ich musste den Text 3x lesen bis ich ihn einigermaßen verstanden habe, werde mir überlegen müssen, wie ich die Infos dem Team einigermaßen näherbringen kann, machen wir nur alles möglichst komplex, darin sind wir wahrlich Weltmeister

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Einfach geht anders

von Nachdenker am 13.12.2019 um 7:32 Uhr

Danke Herr/Frau Kollegin! Es geht mir ebenso. Gibt es ein europäisches Land mit diesem Chaos an Rabatt - Generika - Import - Parallel...-Original... etc.pp.? Ich verstehe, dass junge Kollegen sich das nicht mehr antun und gehen! Sind wir Pharmazeuten oder Wortklauber - Textanalysierer - Bürokraten? Unser Pharmazeuten - Leben besteht nur noch im "Warten" auf die halbjährlichen "Wortschöpfungen" der Wasserköpfe. Ziel: noch mehr Retaxationen, noch mehr finanzieller Druck auf Apotheken, endlich die Abschaffung der "normalen" deutschen Apotheke. Mit der neuen PHAGRO Fusion geht es ja vorwärts...

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