Remsima so gut wie Remicade

Infliximab-Switch bei Morbus Crohn möglich?

Stuttgart - 24.04.2019, 09:00 Uhr

Steht die Extrapolation der Indikationen bei Biosimilars auf validen Beinen? Eine Infliximab-Switch-Studie, publiziert im Lancet, scheint dies für Remicade und Remsima bei Morbus Crohn zu bestätigen. (j / Foto: imago)

Steht die Extrapolation der Indikationen bei Biosimilars auf validen Beinen? Eine Infliximab-Switch-Studie, publiziert im Lancet, scheint dies für Remicade und Remsima bei Morbus Crohn zu bestätigen. (j / Foto: imago)


Für das Infliximab-Biosimilar Remsima konnte Sicherheit und Wirksamkeit in den Indikationen Ankylosierende Spondylitis und Rheumatoide Arthritis nachgewiesen werden. Die weiteren Indikationen des Infliximab-Originals Remicade durfte Hersteller Celltrion via Extrapolation übernehmen – jetzt zeigen Celltrion und Pfizer in einer im Lancet publizierten Phase-III-Studie, dass auch bei Morbus Crohn Remsima dem Original Remicade nicht unterlegen ist und der Switch klappt.

Bei der Zulassung von Biosimilars müssen die Hersteller nicht in allen Indikationen klinische Studien vorweisen. Beim chimären TNF-α-Antikörper Infliximab – Original-Biological ist Remicade® von MSD Sharp & Dohme GmbH – zeigte der Zulassungsinhaber des Biosimilars Remsima®, Celltrion, dass in den Indikationen Ankylosierende Spondylitis und Rheumatoide Arthritis Remicade® und Remsima® vergleichbar wirken und sicher sind. Zugelassen sind beide Infliximab-Präparate aber zusätzlich bei Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Psoriasis und Psoriasis Arthritis. Studien hierzu hat jedoch nur Remicade® vorzuweisen.

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Die Forderung, dass – wie die Biological-Originalhersteller – auch die Biosimilars in jeder einzelnen Indikation einen Wirksamkeitsnachweis erbringen und nicht die Indikation extrapolieren sollten, wird immer wieder laut. Celltrion ist Wirkstofflieferant für das eigene Infliximab-Präparat Remsima® und für das bioidentische von Inflectra® von Pfizer. Celltrion und Pfizer untersuchten nun in einer Phase-III-Studie an Morbus-Crohn-Patienten, ob Celltrions Infliximab gleich wirksam und sicher ist, wie das Original in Remicade®. Die Studie wurde jüngst im renommierten Fachjournal Lancet publiziert. Was kam heraus?

Cross-over-Design

Die Untersuchung schloss 220 Patienten mit aktiver Morbus-Crohn-Erkrankung ein. Keiner der Patienten durfte zuvor mit einem Biological behandelt worden sein, die Studie hatte vier Arme und lief doppelblind, multizentrisch randomisiert über etwa zweieinhalb Jahre (Mitte August 2014 bis Mitte Februar 2017). Innerhalb der Studie wurde in zwei der vier Studiengruppen zwischen Infliximab (Remicade®) und CT-P13 (Infliximab von Celltrion in Remsima®, Inflectra®) geswitched. Der Switch erfolgte nach 30 Therapiewochen. Das Therapieschema verlief wie folgt: 5 mg/kg Körpergewicht Infliximab oder CT-P13 zum Zeitpunkt 0, nach 2 und nach 6 Wochen und anschließend alle 8 Wochen bis zur Woche 54.

  • 56 Patienten erhielten CT-P13, dann CT-P13
  • 55 Patienten erhielten CT-P13, dann Infliximab
  • 54 Patienten erhielten Infliximab, dann Infliximab
  • 55 Patienten erhielten Infliximab, dann CT-P13

Wirkung und Nebenwirkung vor und nach Switch

Als primären Endpunkt definierte Celltrion den Anteil an Patienten, die nach sechs Wochen eine 70-Punkte-Abnahme in ihrem CDAI, Crohn`s Disease Activity Index, zeigten. Diese Ansprechraten nach sechs Wochen Therapie zeigten unter CT-P13 69,4 Prozent (95-Prozent-Konfidenzintervall: 59,9 bis 77,8 Prozent) der Patienten, unter Infliximab 74,3 Prozent (95-Prozent-Konfidenzintervall: 65,1 bis 82,2 Prozent) der Behandelten. Zu diesem Zeitpunkt hatte noch kein Infliximab-Switch stattgefunden.
Die Nichtunterlegenheitsgrenze wurde mit -20 Prozent gesetzt, das bedeutet: CT-P13 war Infliximab dann nicht unterlegen, wenn die untere Grenze des 95-Prozent-Konfidenzintervalles für die Behandlungsdifferenz größer als -20 war, was sie mit -4,9 Prozent erfüllte.

Steroidfreie Remission bleibt

Laut den Studienautoren blieb die Wirksamkeit gut bestehen und zwischen den Gruppen auch nach dem Wechsel der Infliximab-Präparate ähnlich. Die Ansprechraten, bewertet anhand CDAI-70, und die klinischen Remissionsraten seien zwischen den Gruppen in den Wochen 6, 14, 30 oder 54 ähnlich gewesen. 

45,9 Prozent in den CT-P13-Gruppen und 50,5 Prozent in den Infliximab-Gruppen erreichten steroidfreie Remissionen in Woche 30. Diese steroidfreien Remissionsraten hielten auch nach dem Switch an.
Schleimhautabschwellungen zeigten in Woche 54

  • 33 Prozent in der CT-P13-CT-P13-Gruppe,
  • 26 Prozent in der CT-P13-Infliximab-Gruppe,
  • 27 Prozent in der Infliximab-Infliximab-Gruppe und
  • 21 Prozent in der Infliximab-CT-P13-Gruppe.

Nebenwirkungsrate gleich

Über den gesamten einjährigen Studienzeitraum erlebten 67 Prozent der Patienten mindestens ein behandlungsbedingtes unerwünschtes Ereignis: 

  • 64 Prozent in der CT-P13-CT-P13-Gruppe,
  • 62 Prozent in der CT-P13-Infliximab-Gruppe,
  • 69 Prozent in der Infliximab-Infliximab-Gruppe und
  • 73 Prozent in der Infliximab-CT-P13-Gruppe.

In keiner Gruppe wurden Malignome oder Todesfälle gemeldet. Der Anteil der Patienten mit mindestens einem behandlungsbedingten unerwünschten Ereignis war zwischen den Gruppen vor und nach dem Medikamentenwechsel in Woche 30 ähnlich. Nach dem Wechsel wurden keine neuen oder unerwarteten behandlungsbedingten schwerwiegenden Nebenwirkungen festgestellt.

Mehr Anti Drug Antibodies nach Infliximab-Switch?

15,14 Prozent der CT-P13-Patienten und 19,17 Prozent der Infliximabpatienten hatten ein positives ADA-Ergebnis (Anti Drug Antibody) nach 14 Wochen. Nach 30 Wochen zeigten diesen Effekt 43,39 Prozent und 49,45 Prozent. Wie sah es nach dem Switch aus? In Woche 54 wurden ADAs bei

  • 39 Prozent in der CT-P13-CT-P13-Gruppe,
  • 33 Prozent in der CT-P13-Infliximab-Gruppe,
  • 39 Prozent in der Infliximab-Infliximab-Gruppe und
  • 55 Prozent in der Infliximab-CT-P13-Gruppe nachgewiesen.

Zu der höheren ADA-Rate unter Infliximab-CT-P13 erklären die Wissenschaftler: „Obwohl der Anteil der ADA-positiven Patienten in der Infliximab-CT-P13-Gruppe etwas höher schien, deuten die ähnlichen Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten innerhalb der Gruppen darauf hin, dass Unterschiede in der Immunogenität die Behandlungsergebnisse nicht beeinflusst haben". Generell sei die Rate an ADAs höher gewesen als in früheren Untersuchungen, das führen die Studioenautoren auf „eine höhere Sensitivität des in unserer Studie verwendeten ADA-Assays“ zurück.

Studie stellt Indikations-Extrapolation auf valide Beine 

Nach Ansicht der Wissenschaftler ist ihre Studie die erste Phase-III-RCT, um bestätigende Beweise für die Validität des Extrapolationsprozesses für ein Infliximab-Biosimilar beii entzündlichen Darmerkrankungen zu liefern. Ihr Fazit: „Abschließend zeigte diese Phase-IIi_RCT die therapeutische Nichtunterlegenheit von CT-P13 gegenüber Infliximab bei Patienten mit aktivem Morbus Crohn. Die Ergebnisse zeigen, dass CT-P13 gut verträglich war, mit einem ähnlichen Sicherheitsprofil wie Infliximab und ohne klinisch relevante Unterschiede in der Immunogenität.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Für schwangere Frauen geeignet?

von Jannis am 28.04.2019 um 13:59 Uhr

Dürfen schwanger Frauen ebenfalls Infliximab-Biosimilar Remsima einnehmen? Können Sie mir dabei weiter helfen?
Konnte hier keine Antwort finden: https://www.jetzt-schwanger-werden.de

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