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Landtagswahl
SPD Thüringen nimmt Gleichpreisigkeit ins Wahlprogramm auf
Normalerweise spielen die Apotheken in den Wahlprogrammen der Landesparteien keine große Rolle – schließlich wird die Arzneimittelversorgung auch auf Bundesebene gesetzlich geregelt. Im anstehenden Thüringer Wahlkampf zur Landtagswahl im Oktober dieses Jahres ist dies aber anders: Völlig überraschend hat die SPD Thüringen am vergangenen Wochenende einen Änderungsantrag zum Wahlprogramm beschlossen, indem sich die Sozialdemokraten vehement für den Schutz der Apotheke vor Ort gegenüber dem EU-Versandhandel aussprechen.
Im Herbst dieses Jahres stehen im Osten Deutschlands einige richtungsweisende Landtagswahlen an. Jeweils am 1. September wählen die Brandenburger und die Sachsen einen neuen Landtag. In Brandenburg ringt die einzige rot-rote Landesregierung Deutschlands um Mehrheiten, in Sachsen kämpft Ministerpräsident Michael Kretschmer für seine CDU, die derzeit eine Koalition mit der SPD führt.
Am 27. Oktober steht dann noch die Thüringer Landtagswahl an. Mit Bodo Ramelow hat Thüringen derzeit den einzigen Linken Ministerpräsident. Ramelow hatte 2014 ein Bündnis mit der SPD und den Grünen geschmiedet. Die CDU war damals stärkste Kraft geworden, konnte aber keine Koalition bilden. Die SPD landete im Freistaat Thüringen bei knapp über 12 Prozent, die Grünen schlossen bei 5,7 Prozent. An diesem Bild könnte sich jedoch einiges ändern: Den letzten Umfragen zufolge stehen die AfD und die Grünen vor Zugewinnen, während CDU und Linke Stimmen verlieren könnten.
SPD-Parteitag beschloss Änderungsantrag in letzter Minute
In diesen Wochen beschäftigen sich die Thüringer Parteien mit ihren Wahlprogrammen. Als erste Partei hat am vergangenen Wochenende die SPD ihr Wahlprogramm zur Landtagswahl beschlossen. Die Apotheken waren im Leitantrag zu diesem Wahlprogramm zwar enthalten, spielten aber keine besondere Rolle. Es hieß lediglich, dass auch die Vor-Ort-Apotheken zur Versorgung im ländlichen Raum gehörten und erreichbar bleiben müssten. Doch das hat sich in letzter Minute geändert. Denn die SPD Thüringen hat einen Änderungsantrag beschlossen, der nicht nur der Positionierung der Bundesebene der Sozialdemokraten in vielen Punkten widerspricht, sondern auch – für eine Landesparteitag verhältnismäßig detailliert – den Schutz der Apotheken vor dem Versandhandel fordert.
Wörtlich heißt es jetzt im Wahlprogramm der SPD Thüringen:
Die Apotheken vor Ort als Schnittstelle zwischen Patient und Arzt versorgen die Bevölkerung dezentral mit Arzneimitteln (AM) und medizinischen Produkten. Sie bieten Leistungen wie persönliche Information und Beratungen zu AM, Herstellung von Rezeptur-AM, Nacht- und Notdienste, eine Sicherstellung der Versorgung im Katastrophenfall, einen niederschwelligen Zugang zu medizinischer Versorgung sowie wohnortnahe Arbeitsplätze. Damit sind sie als Infrastruktur im ländlichen Raum unverzichtbar. Deshalb setzen wir uns für eine klare Gesetzgebung bezüglich der Honorierung von pharmazeutischen Leistungen, für eine wirtschaftliche Sicherung von Apotheken, sowie für die Gleichpreisigkeit von rezeptpflichtigen AM zwischen Apotheke vor Ort und dem Online-Handel ein.“
SPD: Industriell geprägte Versender bedrohen Apotheken
Doch damit noch nicht genug. In der Begründung werden die Sozialdemokraten nämlich noch deutlicher. Dort heißt es, dass im Freistaat derzeit etwa 550 Apotheken mit etwa 3500 Mitarbeitern die Arzneimittelversorgung stemmen. Für deren Zukunft malt die SPD allerdings kein schönes Szenario: „Demnächst könnte auch die Apotheke aus dem Dorf verschwunden sein, wie bereits der Arzt, die Post, der Fleischer, der Bäcker oder die Sparkasse. Denn industriell geprägte Arzneimittelversender aus dem Ausland werben mit Preisnachlässen um Kunden, die durch die Apotheke vor Ort gar nicht gewährt werden dürfen und können.“ Das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung habe dies ermöglicht. Denn die Rx-Boni aus dem EU-Ausland seien ein „deutlicher Nachteil zu Lasten der Apotheke vor Ort“.
Die SPD Thüringen erinnert in diesem Zusammenhang auch an die fiskalische und gesellschaftliche Bedeutung der Apotheken. „Durch die Apotheken werden die Einkommenssteuer, Gewerbesteuer und verschiedene Beiträge in den Regionen vor Ort abgeführt und stehen den örtlichen Strukturen zur Verfügung. Nicht selten werden durch die Inhaber regionale Vereine und Institutionen unterstützt.“ Der EU-Versand sei mit dem EU-Gerichtsurteil in die Lage versetzt worden, „sich die Rosinen aus dem Arzneimittel-Budget herauszuholen“, so die SPD in ihrer Begründung. Und weiter: „Das muss im Sinne der Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Unternehmen geheilt werden.“
Einer Meldung der „Thüringer Allgemeinen“ zufolge soll der Antrag in den vergangenen Wochen mehrere Unterstützer innerhalb der SPD Thüringen gefunden haben. Dem Bericht zufolge stammt der Vorstoß aus dem Wartburgkreis, genauer gesagt vom stellvertretenden Kreisvorsitzenden Lutz Kromke, der in einer Thüringer Apotheke arbeitet. Kromke fand allerdings schnell auch im Landtag Unterstützung: Thomas Hartung, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Thüringen war laut „Thüringer Allgemeine“ in die Antragserarbeitung eingebunden. In dem Zeitungsbericht erklärt Hartung: „Der Online-Handel setzt die Apotheke vor Ort unter Druck.“ Er halte es daher für richtig, den Apotheken vor Ort das unterstützende Signal zu senden.
4 Kommentare
Siehe da, die SPD! Ach ja, es ist Wahlkampf.
von Heiko Barz am 27.03.2019 um 11:47 Uhr
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SPD
von Scarabäus am 26.03.2019 um 16:04 Uhr
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Denn sie wissen nicht, was sie tun
von TIlmann Schöll am 26.03.2019 um 8:37 Uhr
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Ich sag nur "Lemme und Schneider"...
von Rolf Lachenmaier am 26.03.2019 um 8:00 Uhr
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