Landtagswahl

SPD Thüringen nimmt Gleichpreisigkeit ins Wahlprogramm auf

Berlin - 26.03.2019, 07:00 Uhr

Wolfgang Tiefensee ist Spitzenkandidat der SPD in Thüringen. Seine Partei hat ein Wahlprogramm beschlossen, in dem vor den Gefahren des Arzneimittel-Versandhandels gewarnt und die Gleichpreisigkeit gefordert wird. (Foto: Imago)

Wolfgang Tiefensee ist Spitzenkandidat der SPD in Thüringen. Seine Partei hat ein Wahlprogramm beschlossen, in dem vor den Gefahren des Arzneimittel-Versandhandels gewarnt und die Gleichpreisigkeit gefordert wird. (Foto: Imago)


SPD: Industriell geprägte Versender bedrohen Apotheken

Doch damit noch nicht genug. In der Begründung werden die Sozialdemokraten nämlich noch deutlicher. Dort heißt es, dass im Freistaat derzeit etwa 550 Apotheken mit etwa 3500 Mitarbeitern die Arzneimittelversorgung stemmen. Für deren Zukunft malt die SPD allerdings kein schönes Szenario: „Demnächst könnte auch die Apotheke aus dem Dorf verschwunden sein, wie bereits der Arzt, die Post, der Fleischer, der Bäcker oder die Sparkasse. Denn industriell geprägte Arzneimittelversender aus dem Ausland werben mit Preisnachlässen um Kunden, die durch die Apotheke vor Ort gar nicht gewährt werden dürfen und können.“ Das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung habe dies ermöglicht. Denn die Rx-Boni aus dem EU-Ausland seien ein „deutlicher Nachteil zu Lasten der Apotheke vor Ort“.

Die SPD Thüringen erinnert in diesem Zusammenhang auch an die fiskalische und gesellschaftliche Bedeutung der Apotheken. „Durch die Apotheken werden die Einkommenssteuer, Gewerbesteuer und verschiedene Beiträge in den Regionen vor Ort abgeführt und stehen den örtlichen Strukturen zur Verfügung. Nicht selten werden durch die Inhaber regionale Vereine und Institutionen unterstützt.“ Der EU-Versand sei mit dem EU-Gerichtsurteil in die Lage versetzt worden, „sich die Rosinen aus dem Arzneimittel-Budget herauszuholen“, so die SPD in ihrer Begründung. Und weiter: „Das muss im Sinne der Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Unternehmen geheilt werden.“

Einer Meldung der „Thüringer Allgemeinen“ zufolge soll der Antrag in den vergangenen Wochen mehrere Unterstützer innerhalb der SPD Thüringen gefunden haben. Dem Bericht zufolge stammt der Vorstoß aus dem Wartburgkreis, genauer gesagt vom stellvertretenden Kreisvorsitzenden Lutz Kromke, der in einer Thüringer Apotheke arbeitet. Kromke fand allerdings schnell auch im Landtag Unterstützung: Thomas Hartung, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Thüringen war laut „Thüringer Allgemeine“ in die Antragserarbeitung eingebunden. In dem Zeitungsbericht erklärt Hartung: „Der Online-Handel setzt die Apotheke vor Ort unter Druck.“ Er halte es daher für richtig, den Apotheken vor Ort das unterstützende Signal zu senden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Siehe da, die SPD! Ach ja, es ist Wahlkampf.

von Heiko Barz am 27.03.2019 um 11:47 Uhr

Gerne würde ich einer Diskussion lauschen zwischen
den Herren Tiefensee und Lauterbach. Diese beiden haben ein tiefgründig unterschiedliches Auslegungsvermögen bei der Bewertung apothekerlicher Leistungen. Ich sage hier ausdrücklich nicht „pharmazeutische“ Leistungen.
Solange die Pharmaindustrie und die Deutsche Apotheke von den meisten Medien in immer gleicher Weise preistreiberisch bewertet wird, werden die Apotheken im Gewinnverhalten mit der Machtposition der Industrie gleichgestellt.
Es hat noch nie einen Versuch gegeben von welcher Seite auch immer, diesen Mißstand in der Öffentlichkeit aufzuklären und zu widerlegen. Trotz besseren Wissens, das gilt vor allem auch für die Lauterbachs und Co, wird dieses Feuer natürlich auch von den KKassen gerne weiter geschürt. Es ist für das eigene „Feigenblatt“ immer beruhigend, einen -in unserem Fall völlig unschuldigen- „Preistreiber“ am Nasenring durch die Manege zu zerren. Das lenkt vordergründig natürlich erst einmal von den selbstgewählten Unfähigkeiten ab, sich eigenen Preisdiktaten zu unterwerfen. Es wäre leicht zu plakatieren, welche Lohn-und Gehaltsrunden seit 2004 in diesem Bereich stattgefunden haben, so auch bei den Bundestagskandidaten, aber einem Apotheker steht sowas als assoziales Verhalten an. Diese Pharisäertum ist zum Kotzen!

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SPD

von Scarabäus am 26.03.2019 um 16:04 Uhr

Den Genossen steht das Wasser bis zum Hals. Alles nur Wahlpropaganda! Wer hat uns bisher immer verraten? Genau, die Sozialdemokraten!

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Denn sie wissen nicht, was sie tun

von TIlmann Schöll am 26.03.2019 um 8:37 Uhr

Schon interessant, wie verschieden die Meinungen innerhalb dieser Partei sind. Während mehrere Landesverbände für RX-Versandverbot sind, gibt es auf Bundesebene eine regelrechte Verteufelung der Apotheker. Da weiß der Kopf nicht, was der Rest des Körpers tut!
Liebe Genossen, so wird das nix!

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Ich sag nur "Lemme und Schneider"...

von Rolf Lachenmaier am 26.03.2019 um 8:00 Uhr

... lasst euch nicht blenden! Die alten Vorurteile Apothekern gegenüber sind da immer noch sehr präsent. Vgl. https://www.carsten-schneider.de/rx-arzneimittel/
Zitat daraus: "Wir als SPD wollen für die Vor-Ort-Apotheken langfristig Verbesserungen bei der Honorierung von Not- und Nachtdiensten durchsetzen. Zudem wollen wir erreichen, dass die Beratungsleistung der Apotheken vor Ort besser vergütet werden. Beides sind wichtige Apothekenleistungen, die wir finanziell besser honorieren wollen. Außerdem müssen wir gewährleisten, dass auch inländische Apotheken ohne Wettbewerbsnachteile am Versandhandel teilnehmen können. Entsprechende Lösungen werden derzeit intensiv diskutiert." Spannend ist außer der wohlfeilen Lobhudelei der Satz mit "außerdem". Hatte damals (Nov. 2016) versucht, mit dem genannten Herren ins Gespräch zu seinen präsentierten Umsatzzahlen (durchschnittlich 2,4mio Jahresumsatz!) zu kommen. Eine Antwort habe ich nie erhalten.

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