Nitrosamin-Verunreinigungen in Sartanen

Das sagt die FDA zu NMBA in Losartan

Stuttgart - 05.03.2019, 07:00 Uhr

Der Chef der US-amerikanischen Arzenimittelbehörde (FDA) Scott Gottlieb hat schon mehrfach Stellung zum Fall Valsartan bezogen. (Foto: imago / ZUMA Press)

Der Chef der US-amerikanischen Arzenimittelbehörde (FDA) Scott Gottlieb hat schon mehrfach Stellung zum Fall Valsartan bezogen. (Foto: imago / ZUMA Press)


In Deutschland sind weitere mit Nitrosaminen verunreinigte Losartan-Chargen zurückgerufen worden. Grund für diesen Rückruf waren nicht wie zuvor Verunreinigungen durch NDMA oder NDEA, sondern durch NMBA. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde hat für NMBA bereits vorläufige Grenzwerte bekannt gegeben, woraufhin auch in den USA weitere Chargen von Losartan-Präparaten zurückgerufen wurden. Nun hat die FDA in einer Pressemitteilung auch Stellung zu den neuen Rückrufen bezogen. 

Erst N-Nitrosodimethylamin (NDMA), dann Diethylnitrosamin (NDEA) und jetzt Nitroso-N-methyl-4-Aminobuttersäure (NMBA). Außerdem wurde zwischenzeitlich bei einem mexikanischen Valsartan-Hersteller die Verunreinigung N-nitrosodiisopropylamin (NDIPA) gefunden. Letztere führte aber zu keinen weiteren Rückrufen in Deutschland oder den USA – NDMA, NDEA und zuletzt NMBA allerdings schon.

In Deutschland hat Heumann deshalb bereits am 19. Februar 2019 (nur) vier Chargen losartanhaltiger Präparate zurückgerufen. In den USA wurden durch Camber Pharmaceuticals vergangenen Donnerstag zunächst 87 Chargen Losartan zurückgerufen, am 1. März folgte Torrent Pharmaceuticals mit einem Losartan-Rückruf über 114 Chargen. Am gestrigen Montag weitete Heumann dann seinen Rückruf vom 19. Februar für Deutschland deutlich aus: „Zudem ist bei einigen Chargen eine gleichzeitige Kontamination von N-Nitrosodiethylamin (NDEA) und NMBA festgestellt worden“, heißt es in der Meldung der Arzneimittelkommission. Sowohl beim letzten deutschen Rückruf am gestrigen Montag als auch bei den letzten US-amerikanischen Rückrufen, die durch NMBA ausgelöst wurden, stammt der verunreinigte Wirkstoff vom indischen Hersteller Hetero Labs Limited.

Begonnen hatte der Fall um verunreinigte Blutdrucksenker der Wirkstoffklasse der Sartane im Sommer 2018, mit dem Wirkstoff Valsartan und der Nitrosaminverunreinigung NDMA. Zwar ist das europäische Risikobewertungsverfahren zum Fall Valsartan auf andere Sartane und Verunreinigungen ausgeweitet worden und seit dem 1. Februar 2019 abgeschlossen. Der Fall an sich, scheint, wenn man sich die neuesten Rückrufe anschaut, jedoch noch nicht überstanden zu sein. So hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA vergangenen Donnerstag nun auch für die neue Nitrosaminverunreinigung NMBA Grenzwerte veröffentlicht.

Diese Grenzwerte entsprechen den bereits früher zu NDMA veröffentlichten vorübergehend akzeptierten täglichen Aufnahmemengen (96 ng/Tag), um Arzneimittelengpässe zu vermeiden. Langfristig sollen Sartane gar keine Nitrosamine mehr enthalten (<0,03 ppm), bis dahin gelten aber die Übergangswerte. Wer also täglich 96 ng NMBA pro Tag über 70 Jahre hinweg aufnimmt, könnte laut FDA mit einem Risiko von 1:100.000 durch NMBA oder NDMA an einem Tumor erkranken – zusätzlich zum allgemeinen Risiko, an Krebs zu erkranken. Die europäische Arzneimittebehörde EMA hat noch keine offiziellen Grenzwerte für NMBA bekannt gegeben. 

Was ist Nitroso-N-methyl-4-Aminobuttersäure?

In einer am vergangenen Freitag veröffentlichten Pressemitteilung der FDA heißt es, dass NMBA (Nitroso-N-methyl-4-Aminobuttersäure) ein bekanntes Kanzerogen bei Tieren und ein potenzielles Kanzerogen beim Menschen darstellt. „Das Vorhandensein einer dritten Verunreinigung in bestimmten Angiotensin-Rezeptorblockern besorgt uns zutiefst“, wird FDA-Chef Scott Gottlieb in der Pressemitteilung zitiert. Jedoch sei es basierend auf der ersten Bewertung durch die FDA wichtig, zu betonen, dass das von NMBA ausgehende kanzerogene Risiko dem von NDMA zu entsprechen scheint. Somit wäre es geringer als das Risiko, das von NDEA ausgeht. Jedoch sei jedes Vorhandensein solcher Verunreinigungen in Arzneimitteln nicht akzeptabel.

Wie kann man suchen, was man nicht erwartet?

Weiterhin betont Gottlieb, dass die FDA im Zuge des Valsartan-Falls neuartige und ausgefeilte Testmethoden entwickelt hat, um NDMA und NDEA zu detektieren. Aufgrund des Potenzials nun weitere Nitrosamine zu entdecken, würde die FDA umfangreiche organisch-chemische Analysen durchführen, um neue Testmethoden zum Nachweis zusätzlicher Nitrosaminverunreinigungen, einschließlich NMBA, zu entwickeln. NMBA sei zwar nicht in zuvor zurückgerufenen Chargen gefunden worden, jedoch setze die FDA ihre Untersuchungen fort.  

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Noch mehr Nitrosamine

Auch in der Pressemitteilung der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zum abgeschlossenen Risikobewertungsverfahren war angekündigt worden, dass weiterhin das Vorhandensein von Nitrosaminverunreinigungen in Arzneimitteln untersucht werden soll – auch von Verunreinigungen wie N-Nitrosoethylisopropylamin (EIPNA), N-Nitrosodiisopropylamin (DIPNA) und N-Nitroso-N-methylamino-Buttersäure (NMBA). Die EU-Behörden würden abwägen, was insgesamt aus dem Risikobewertungsverfahren gelernt werden könne, um die Handhabung von Verunreinigungen in Arzneimitteln zu verbessern, hieß es Anfang Februar



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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