Erste gemeinsame Fortbildung ADKA und AdkÄ

„Ich hätte mir sehr häufig einen Krankenhausapotheker auf Station gewünscht"

Hamburg - 14.11.2018, 07:00 Uhr

Im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf fand die erste gemeinsame Fortbildungsveranstaltung für Ärzte und Apotheker der AkdÄ und der ADKA statt. (s / Foto: imago)

Im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf fand die erste gemeinsame Fortbildungsveranstaltung für Ärzte und Apotheker der AkdÄ und der ADKA statt. (s / Foto: imago)


„Ich hätte mir sehr häufig einen Krankenhausapotheker auf Station gewünscht. Ich wüsste viele Aufgaben, die ich mit ihm teilen wollte“, erklärte Professor Wolf-Dieter Ludwig am vergangenen Montag in Hamburg. Anlass war die erste gemeinsame Fortbildungsveranstaltung für Ärzte und Apotheker der AkdÄ und ADKA. Dass Stationsapotheker wesentlich zu einer verbesserten Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit beitragen, davon ist auch ADKA-Präsident Professor Frank Dörje überzeugt. Und Niedersachsens Kammerpräsidentin Magdalene Linz findet: „Qualität und Sicherheit dürfen auch Geld kosten“.

Dass die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern wertvolle Beiträge zur Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit leistet, darüber besteht kein Zweifel. Allerdings lässt sich auch nicht leugnen, dass einiges von diesem Potenzial noch ungenutzt ist und die Speerspitze des Patientennutzens in diesem Bereich längst nicht erreicht ist. Das wissen auch Professor Frank Dörje, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), und Professor Wolf-Dieter Ludwig, Vorstand der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ).

Erste gemeinsame Fortbildung von ADKA und AkdÄ für Ärzte und Apotheker

Ein Problem zu erkennen ist eine Sache, dieses aktiv anzugehen und zu ändern, eine andere. Bereits Erich Kästner schrieb: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. Ein Motto, das sich offenbar auch die beiden Spitzen der ADKA und der AkdÄ bei der Interprofessionalität zu Herzen nahmen: Zusammen organisierten sie federführend die erste gemeinsame Fortbildungsveranstaltung der AkdÄ und der ADKA, die am vergangenen Montag im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf stattfand. 140 Ärzte und Apotheker trafen sich, um sich über „Strategien zur Förderung einer verbesserten Arzneimitteltherapiesicherheit im Krankenhaus: Verstärkte interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker“ zu informieren und auszutauschen.

Interprofessionalität durch Fortbildung stärken

Auch wenn man erst am Anfang dieser interprofessionellen Zusammenarbeit stehe, ist Ludwig überzeugt: „Gemeinsame Veranstaltungen motivieren, uns gegenseitig besser zuzuhören und dieses Verbesserungspotenzial zu nutzen“. Ludwig war jahrzehntelang klinisch als Hämatologe tätig und von 2009 bis 2017 Chefarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Tumorimmunologie und Palliativmedizin am Helios Klinikum Berlin-Buch, seit 2017 ist er ambulant an der dortigen Poliklinik tätig.

Symposium ist „voller Erfolg“

Bereits während des Symposiums bezeichnete ADKA-Präsident Frank Dörje im Gespräch mit DAZ.online diese Pilotveranstaltung als „vollen Erfolg". Der Leiter der Krankenhausapotheke am Universitätsklinikum Erlangen ist überzeugt: „Stationsapotheker können sehr wesentlich zu einer verbesserten Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit beitragen, sie entlasten das ärztliche und auch das Pflegepersonal ganz wesentlich". 

Apotheker schaut aus Sicht der Arzneimittel auf den Patienten

Was mittlerweile im Bereich der Klinischen Pharmazie alles möglich ist und in manchen Krankenhäusern gelebt wird, berichteten Ärzte und Apotheker aus drei großen Kliniken – Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), KRH Klinikum Region Hannover und aus den Havellandkliniken. So stellten Dr. Claudia Langebrake, Apothekerin am UKE, und Dr. Christine Wolschke, Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie am UKE, ihre wohl mustergültige Zusammenarbeit bei der Stammzelltransplantation vor. „Eine sehr enge Kooperation zwischen Arzt und Apotheker in diesem sehr speziellen Bereich wie der Stammzelltransplantation ist möglich und wichtig, weil wir von ganz verschiedenen Seiten auf die Pharmakotherapie blicken", erklärte Langebrake. So schaue die Ärztin, was könne der Patient vertragen, was brauche der Patient. „Ich schaue eher aus Sicht der Arzneimittel – was ist es für ein Arzneimittel, wie wird es für diesen Patienten am besten dosiert, wie wird es abgebaut". 

„Wir lernen beide voneinander und lernen schätzen, was der andere eigentlich kann“ 

Auch die Ärztin schätzt die Arbeit der klinischen Apothekerin: „Ich bin sehr froh, dass wir sie haben“, sagt Wolschke. Und weiter: „Ich denke nochmals mehr nach“. „Wir diskutieren viel, wir sind uns nicht immer einig, aber daraus lernen wir alle und ziehen unsere Erfahrung“, erklärt die Ärztin. Sie und die Apothekerin sind sich jedoch darin einig, wie wichtig es ist, beide Seiten zu kennen und zu wissen, wie der jeweils andere arbeitet: Dass der Apotheker weiß, „wie es auf Station läuft“, und der Arzt auch umgekehrt „wie es in der Apotheke läuft“. Ihr gemeinsames Fazit: „Wir lernen beide voneinander und lernen schätzen, was der andere eigentlich kann". 

Bridging und Infusionsmanagement im Klinikum Hannover

Erfolgreich arbeiten auch Apotheker und Ärzte am Klinikum Hannover zusammen. Hier erstellte Krankenhausapotheker Jan Grabenhorst einen Standard-Algorithmus für Antikoagulation und Bridging im perioperativen und intensivmedizinischen Bereich. Auch um ein sauberes Infusionsmanagement kümmert sich der Apotheker. Die Arbeitshilfen hängen mittlerweile auf der Station, doch ist mit dem reinen Erstellen solcher „Hilfsmittel“ längst nicht alle Arbeit getan. Man müsse das Personal sensibilisieren und schulen und beispielsweise Infusionskonzepte in der Einführungsphase für einzelne Patienten konkret und gemeinsam planen.

Ärzte schätzen Arbeit der klinischen Apotheker

Auch der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Dr. Christian Grotjahn, schätzt die Arbeit des klinischen Pharmazeuten: „Ich habe dadurch Interaktionen gelernt, die mir zuvor nicht geläufig waren“. Beispielhaft nennt er eine erhöhte Krampfanfälligkeit unter Valproinsäure und Meropenem. Auch eine gemeinsame Kurvenvisite macht seiner Ansicht nach Sinn, denn sie zwinge den Arzt mehr, jedes einzelne Medikament nochmals kritisch zu hinterfragen – ob zum Beispiel eine „lebensverlängernde Therapie“ bei einer 91-jährigen Patientin unter Multimedikation tatsächlich Sinn noch mache?

Qualität und Sicherheit dürfen Geld kosten

Dass es eine mehr als aktuelle und sinnvolle Veranstaltung ist, unterstreicht die politische und berufspolitische Präsenz mit Thomas Müller, Abteilungsleiter Arzneimittel im Bundesgesundheitsministerium, und der Kammerpräsidentin Magdalene Linz aus Niedersachsen. Niedersachsen ist trendsetzend, wenn es um klinisch tätige Apotheker auf Station geht. So sieht das niedersächsische novellierte Krankenhausgesetz vom 24. Oktober 2018 unter anderem den verpflichtenden Einsatz von Stationsapothekern vor. DKA-Präsident Dörje spricht Niedersachsen hierfür ein großes Kompliment aus, zu dem mutigen Schritt hin zu mehr Patientensicherheit und mehr Arzneimittelsicherheit. „Wir wissen: Leider muss es im Leben Katastrophen geben, damit man über ein Mehr an Patientensicherheit nachdenkt.“

Auch Kammerpräsidentin Magdalene Linz sagt: „Es ist erschreckend, dass es eines Niels Högel bedurfte, um eine gesetzliche Regelung hinzubekommen, dass Stationsapotheker sinnvoll und notwendig sind, und zwar nicht fakultativ, sondern gesetzlich vorgeschrieben.“

Stationsapotheker ist eine „ausgesprochen attraktive Tätigkeit“

Nach Einschätzung von Linz zeigt sich bereits sehr deutlich, welche Möglichkeiten die Apotheker als Stationsapotheker im Krankenhaus haben, um dort wirklich Patientensicherheit und eine Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit zu bewirken. „Ich kann nur sagen, die Argumente, mit denen wir uns auf niedersächsischer Ebene mit der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft auseinandersetzen mussten, sind durch eine gute fachliche Argumentation aus dem Feld geschlagen worden“, wie zum Beispiel, dass es nicht genügend Apotheker für diese Tätigkeit gebe. Letztenendes habe es doch „eine einstimmige Verabschiedung dieses Gesetzes gegeben".

Die Sorge um zu wenige bereitwillige Apotheker für die Stationsarbeit teilt Linz nicht. „Die Kollegen aus dem öffentlichen Bereich haben jetzt eher große Angst, dass gerade junge Apotheker ins Krankenhaus gehen werden, weil das eine ausgesprochen attraktive Tätigkeit ist."

Auch ein weiterer Punkt ist Linz ein Anliegen. Es geht ums Geld und die stets geforderte „Refinanzierung“ von Stationsapothekern. Dies sei auch eine Argumentation in der niedersächsischen Anhörung gewesen. Doch die noch amtierende Kammerpräsidentin konstatiert: „Qualität und Sicherheit dürfen gegebenenfalls auch Geld kosten, es kann nicht sein, dass verlangt wird, dass sich zwingend alles selbst refinanzieren muss. Das kann nicht sein, wenn man Patientensicherheit und Arzneimitteltherapiesicherheit will.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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