Medizinalhanf-Anbau

FDP fragt nach Cannabisausschreibung: Klappt der zweite Anlauf besser? 

Berlin - 17.08.2018, 10:15 Uhr

Steht die Bundesrgeierung noch hinter dem Vorhaben, Medizinalhanf in Deutschland anbauen zu lassen? Dies möchte die FDP-Bundestagsfraktion wissen. ( r / Foto: Imago)

Steht die Bundesrgeierung noch hinter dem Vorhaben, Medizinalhanf in Deutschland anbauen zu lassen? Dies möchte die FDP-Bundestagsfraktion wissen. ( r / Foto: Imago)


Genügen 10,4 Tonnen für vier Jahre?

Einer Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes gegenüber dem deutschen Ärzteblatt zufolge entstanden den gesetzlichen Krankenkassen im Monat April 2018 2,33 Millionen Euro für die Kosten für die Erstattung von Cannabisblüten. Unter der Annahme, dass es sich dabei um Medizinalhanf als Rezepturarzneimittel handelt, das dem Vernehmen nach pro Gramm zwischen 23 und 30 Euro kostet, entspräche dies einer Menge zwischen 77 und 100 Kilogramm Medizinalhanf pro Monat.  

Dies würde zwar einer Menge von bis zu 4,8 Tonnen für vier Jahre entsprechen.   Allerdings sind dabei noch keine Privatverordnungen mit eingerechnet. Berücksichtigt man darüber hinaus regionale Ausnahmen wie etwa Schleswig-Holstein, wo holländisches Cannabis als Fertigarzneimittel gilt und zur Hälfte des Rezepturpreises abgegeben werden kann, käme man auf höhere Mengen. Außerdem ist vor einer etwaigen Extrapolation der GKV-Zahlen zu bedenken, dass sich nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes der Bedarf an Cannabisblüten von Juni 2017 bis April 2018 verfünffacht hat. Dieser steigende Trend spiegelt sich in den immer wieder auftretenden Lieferengpässe wieder.

Die Liberalen wollen daher von der Regierung wissen, wie viele Patienten derzeit mit medizinischem Cannabis behandelt werden und wieviele Inhaber einer Importerlaubnis bis einschließlich Juni 2018 beantragt haben, ihre Einfuhrmengen zu erhöhen. Bisherige Stellungnahmen des BMG weisen darauf hin, dass der Importbedarf steigt. So hat etwa das BfArM seit dem 7. September 2017 drei Anträge auf Erteilung von Importerlaubnissen über einen Gesamtumfang von 2100 Kilogramm Cannabis genehmigt. Darüber hinaus haben sechs Unternehmen, die bereits eine Importerlaubnis haben, zusammengerechnet eine Erhöhung der Einfuhrmengen von 21.300 Kilogramm beantragt.

Wozu ein Ausschreibungsverfahren?

Bei Cannabis handelt es sich nicht um eine „normale" Arzneipflanze, deren Markt durch Angebot und Nachfrage geregelt wird, was die Beschaffung zur Patientenversorgung erschweren kann. „Ich würde gerne auf eine Ausschreibung verzichten und stattdessen nur fachliche Anforderungen an die Hersteller stellen. Das reicht bei anderen Medikamenten ja auch“, kommentiert Schinnenburg die Situation. 

Sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern, in denen Cannabis zu medizinischen Zwecken eingesetzt wird, werden Import und Anbau von Medizinalhanf durch eine staatliche Kontrollstelle – eine sogenannte Cannabisagentur – geregelt. In Deutschland gehört die Cannabisagentur zum BfArM. Dies ist nach dem Einheitsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1961 so vorgesehen und liegt an der Einstufung von Cannabis als Betäubungsmittel.

WHO will Cannabis neu bewerten

An dieser Einschätzung könnte sich künftig etwas ändern. So hat das „Expert Committee on Drug Dependence“ (ECDD) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Anfang Juli beschlossen, dass Cannabis im November einer gründlichen Neubewertung durch Experten unterzogen werden soll.  

„Viele Länder erlauben die Verwendung von Cannabis zur Behandlung von Krankheiten wie Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Depressionen, Schmerzen nach Verletzungen und Multipler Sklerose“, heißt es in dem Bericht der Vorabbewertung durch das ECDD. „Die dem Ausschuss vorgelegten Beweise deuten nicht darauf hin, dass Cannabispflanzen und Cannabisharz ähnliche schädliche Wirkungen haben wie andere Substanzen, die in Anhang IV des Einheitsabkommen über Betäubungsmittel von 1961 über Suchtstoffe aufgeführt sind. Die Einstufung von Cannabis und Cannabisharz in die Substanzkategorie IV scheint nicht mit den zugrunde gelegten Kriterien vereinbar zu sein.“



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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