Zwölf Jahre Haft für Peter S.

„Sie haben die Apotheke in eine kriminelle Einrichtung verwandelt“

Essen - 06.07.2018, 14:15 Uhr

Zur Urteilsverkündung im Verfahren gegen den Apotheker Peter S. war heute die Presse wieder sehr präsent. ( j / Foto: hfd)

Zur Urteilsverkündung im Verfahren gegen den Apotheker Peter S. war heute die Presse wieder sehr präsent. ( j / Foto: hfd)


„Feine Risse“ im Lebensweg von Peter S.

Der Richter zeichnete den Weg des Apothekers nach: Auf die Idee, ein Zyto-Labor einzurichten, hätte ihn die frühere Tätigkeit in einer Bundeswehrapotheke gebracht. Seine Apotheke habe er „erfolgreich“ mit hohen Umsätzen geführt und im November 2016 rund 90 Mitarbeiter gehabt. Auch sonst sei er in Bottrop sehr aktiv gewesen – beispielsweise auch bei einem Hospiz-Verein, den er unterstützte. Privat habe er sich ein großes Haus mit Pool gebaut.

hfd
Der Vorsitzende Richter Johannes Hidding.

Doch es habe „feine Risse“ gegeben, die einigen Mitarbeitern aufgefallen seien – so die Arbeit ohne Schutzkleidung im Reinraumlabor. Eine Anzeige, in der schon 2013 Unterdosierungen thematisiert wurden, sei leider als unglaubwürdig abgetan worden. Doch zwei Mitarbeiter von S. hätten die Gerüchte nicht hingenommen, dass man Arzneimittelzubereitungen aus der eigenen Apotheke nicht trauen könnte und Freunde besser aus anderen Apotheken versorgt werden sollten. „Martin Porwoll entschloss sich, nicht wegzuhören, sondern den Gerüchten auf den Grund zu gehen“, sagte Hidding über den früheren kaufmännischen Leiter. Die PTA Marie K., die zeitweise in dem Zytolabor arbeitete, brachte später einen Infusionsbeutel zur Polizei, der keinerlei Wirkstoff enthielt – und brachte die Ermittlungen so mit ins Rollen. 

Keine Zweifel an Analysen

Für 66 von 117 bei der Razzia sichergestellten Krebsmitteln hätten Untersuchungen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Landeszentrums Gesundheit „schwarz auf weiß“ festgestellt, dass es Unterdosierungen gab. Zwar gab es Kritik an der Analyse-Dokumentation der Behörden, doch seien derartige Fehler in den vielen Metern Akten nicht schwerwiegend. „Jede Zubereitung ist mehrfach untersucht worden, teils mit unterschiedlichen Verfahren – die Ergebnisse waren stets identisch“, sagte der Richter.

Um zu ermitteln, wie viele unterdosierte Krebsmittel im Zeitraum von 2012 bis 2016 in der Apotheke hergestellt wurden, griffen die Richter zum Taschenrechner. Anhand der Menge der ein- und verkauften Wirkstoffe errechneten sie, wie viele Herstellungen mindestens minderwertig gewesen sein mussten. Dabei berücksichtigten sie laut Hidding alle möglichen Fehlerquellen im Sinne des Angeklagten. Was das Gericht jedoch nicht glaubte ist, dass es geheimnisvolle Verkäufer von Krebsmitteln gab, die in Parkhäusern Zytostatika an S. verkauften, wie die Verteidigung erklärt hatte. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Zwölf Jahre Haft für Peter S.

von Apotom am 09.07.2018 um 12:22 Uhr

Schluss mit dem europäischen Versandhandel !
Keine Freizügigkeit des Warenverkehrs für Arzneimittel !
Das Gericht ist zu belastenden wie entlastenden Ermittlungen verpflichtet.
Hat denn das Gericht Ermittlungen über Lieferanten aus Parkhäusern (z.B. Häuser, in denen Arzneimittel geparkt sind = Arzneimittelläger) außerhalb Deutschlands in Europa angestellt? Wie sicher ist der Bezug von Arzneimitteln aus Europa, kann ihr Weg auch bei gerichtlichen Ermittlungen nachvollzogen werden? Hierzu hätte ich in den Verhandlungen und in der Erläuterung zum Urteil gerne mehr gehört.

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