US-Arzneimittelpolitik

Trump droht PBM-Konzernen und Apotheken und verschont Big Pharma

Berlin/München - 15.05.2018, 11:10 Uhr

US-Präsident Donald Trump hat eine Arzneimittelpreis-Reform angekündigt und will insbesondere PBM-Konzernen und Apothekern Druck machen. (Foto: Imago)

US-Präsident Donald Trump hat eine Arzneimittelpreis-Reform angekündigt und will insbesondere PBM-Konzernen und Apothekern Druck machen. (Foto: Imago)


Während seines Wahlkampfes hatte Donald Trump harte Einschnitte für die Pharmaindustrie angekündigt. Er drohte mit Machtentzug sowie Preissenkungen. Anlässlich einer neuen Initiative seiner Regierung zur Senkung der Arzneikosten griff er das Thema nun auf und übte dabei insbesondere an den „Mittelsmännern“ im US-Gesundheitssystem Kritik. Insgesamt lieferte er wenig Konkretes – die Pharmabranche atmete auf.

Das US-Gesundheitssystem ist kompliziert, aufgebläht und im Vergleich zu vielen anderen Ländern sehr teuer – darin sind sich Beobachter weitgehend einig. US-Präsident Donald Trump hatte bereits während seines Wahlkampfes angekündigt, das System umzukrempeln und die Preise für die Versicherten zu senken. Als Präsident wolle er die Patienten von der Macht der Konzerne befreien - notfalls durch das Eingreifen des Staates. Nach langer Zeit und mehreren Verschiebungen hat er nun eine Rede gehalten, in der er seinen Plan mit dem Titel „American Patients First“ umriss. Das Ergebnis ließ zumindest die Pharmabranche aufatmen: Denn trotz Trumps bekannt rauer Rhetorik und seinem Vorwurf, dass die Pharmakonzerne auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler ein Vermögen erwirtschafteten, blieben konkrete harte Maßnahmen aus. 

In seiner Rede erklärte der US-Präsident zunächst sein Grundziel: „Wir werden härtere Verhandlungen haben, mehr Wettbewerb und sehr viel niedrigere Preise in den Apotheken.“ In einem ersten Schritt habe man dafür gesorgt, dass staatlich finanzierte Kliniken mit Notaufnahmen Arzneimittel günstiger einkaufen und somit auch günstiger zur Erstversorgung abgeben können. Zweitens wolle man den Wettbewerb erhöhen und „regulatorische Hürden“ abbauen, damit neue Medikamente schneller in den Markt kommen könnten. Was Trump damit konkret meinte, ließ er offen. 

Trump: „Mittelsmänner“ werden bald nicht mehr reich sein

Schließlich widmete er sich seinem Haupt-Angriffsziel: Die „Mittelsmänner“ des US-Gesundheitssystems müssten sich Sorgen machen, kündigte er an. Ohne konkrete Maßnahmen zu nennen erklärte Trump: „Wir werden diese Mittelsmänner weitgehend eliminieren. Die Mittelsmänner sind sehr reich geworden. Sie werden künftig nicht mehr so reich sein.“  Man werde es den „Mittelsmännern“ verbieten, Rabatte einzufahren, die eigentlich den Patienten zustünden. Ausdrücklich erwähnt wurden die Pharmacy Benefit Manager, die im Auftrag der Krankenversicherungen mit Apothekenkonzernen und Herstellern die Preise aushandeln, in diesem Zusammenhang zwar nicht. Die PBM-Konzerne dürften sich aber angesprochen fühlen, da sie Preise und Rabatte mit Apothekenkonzernen und Herstellern aushandeln und somit wie Mittelsmänner agieren.

Seit Jahren steht die Geschäftsidee der PBM-Konzerne in der Kritik: Sie müssen sich vorhalten lassen, im eigenen Interesse Profit getrieben zu handeln. Oftmals sind die Konzerne auch selbst im Besitz einer Apothekenkette – dass die eigenen Apotheken hier bessere Konditionen bekommen als andere, dürfte klar sein.

Drei PBM kontrollieren 70 Prozent des Marktes

In den vergangenen Jahren hat sich der PBM-Markt immer weiter konsolidiert: Drei PBM-Unternehmen kontrollieren nach Informationen des Wirtschaftsdienstes Business Insider inzwischen rund 70 Prozent des US-Marktes, nämlich CVS Caremark, Express Scripts, and OptumRx. Express Scripts, der größte und zudem konzernunabhängige PBM, brachte es demnach im Jahr 2017 auf einen Umsatz von 100,1 Milliarden Dollar. CVS Caremark, eine Tochter von CVS, brachte es in derselben Zeit auf 130,6 Milliarden Dollar. OptumRx, im Besitz des Versicherers UnitedHealth, erwirtschaftete 2017 nahezu 64 Milliarden Dollar.

Nach Angaben von CNBC gab der US-Präsident in seiner Rede als generelles Ziel aus, die Preise von Markenmedikamenten zu senken, indem die Verhandlungsmacht der Versicherer gestärkt und der Wettbewerb im Markt erhöht werde. Zudem sollten die Zuzahlungen der Patienten begrenzt und die Zulassung von verschreibungsfreien Generika beschleunigt werden.

Pharma-Lobbyisten und Apotheker-Verträge im Visier

Weitere verbale Angriffe des Präsidenten richteten sich gegen „Arzneimittel-Lobbyisten“. Es gebe keinen Industriezweig, der so viel in den Lobbyismus investiere, wie die Pharmaindustrie – laut Trump gaben die Hersteller im vergangenen Jahr 280 Millionen US-Dollar für Lobbyisten aus. Letztlich stellte Trump fest, dass „jeder in diesem kaputten System – die Pharmahersteller, Versicherungen, Pharmahändler, Pharmacy Benefit Manager und viele andere“ – zum Problem der hohen Gesundheitskosten beitragen würden.

Aber auch Apotheker gerieten ins Visier des US-Präsidenten: Man werde Schluss machen mit der sogenannten „Pharmacist Gag Rule“. Zur Erklärung: Viele US-Apotheker haben mit PBM-Konzernen Verträge abgeschlossen, in denen sie dazu verpflichtet werden, die Patienten auf eine andere Medikation hinzuweisen. Oft werden Patienten in den USA darauf hingewiesen, dass sie Geld sparen könnten, wenn sie auf das von der Versicherung teil-finanzierte Medikament verzichten und ein anderes Generikum nehmen, das sie vor Ort in bar bezahlen. In einigen US-Bundesstaaten sind solche Verträge inzwischen schon verboten.

Trump griff auch ausländische Regierungen an, die von US-Unternehmen zu niedrige Preise „erpressen“ würden. Nach seiner Auffassung würden viele Länder die amerikanischen Pharmahersteller zwingen, ihre Medikamente billiger zur Verfügung zu stellen, was zu einer Mehrbelastung amerikanischer Patienten führe. „Dieses Schmarotzertum muss aufhören“, sagte Trump.

Aktienkurse steigen nach Trumps Rede

Nach Einschätzung von Beobachtern blieb Trump mit seinen angekündigten Maßnahmen hinter seinen ursprünglich anvisierten Zielen deutlich zurück. So war keine Rede mehr von den Plänen, dass die Regierung ihre Kaufkraft durch staatliche Versicherungssysteme wie Medicare stärker ausnutzen wird, um niedrigere Preise direkt mit den Medikamentenherstellern auszuhandeln. Auch eine Ankündigung aus Wahlkampfzeiten, Patienten sollten künftig preiswertere Mittel aus dem Ausland importieren können, fehlte. Vielleicht auch deswegen stiegen nach Trumps Rede die Aktienkurse von Pharmakonzernen. US-Medien und Marktexperten führten dies darauf zurück, dass die Regierung offensichtlich keine aggressiven Schritte plant und die Pharmapreise nicht mit direkten Maßnahmen senken will.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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