Chirurgie-Gesellschaft

Blinddarmentzündung: Erst Antibiotika, dann Operation?

Berlin - 11.04.2018, 16:30 Uhr

Die Fachgesellschaft für Chirurgie hat erklärt, dass bei Kindern in vielen Fällen erst Antibiotika gegeben werden sollten, bevor operiert wird. (Foto: Imago)

Die Fachgesellschaft für Chirurgie hat erklärt, dass bei Kindern in vielen Fällen erst Antibiotika gegeben werden sollten, bevor operiert wird. (Foto: Imago)


Im Fall einer akuten Blinddarmentzündung bei Kindern greifen Chirurgen nicht mehr automatisch zum Skalpell. Sofortige Operationen seien in vielen Fällen nicht nötig, Kinder könnten zunächst mit Antibiotika behandelt werden, teilte die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) am heutigen Mittwoch mit.

Die Medikamente sollen helfen, schwere Komplikationen zu vermeiden, eine OP sicherer zu machen oder eventuell sogar zu verhindern, erklärte DGCH-Präsident Jörg Fuchs. Den Angaben zufolge gehören Appendektomien zu den häufigsten OPs überhaupt. Etwa jeder zehnte Deutsche habe aus diesem Grund eine Narbe. Noch bis vor wenigen Jahren drängten Ärzte schon beim Verdacht auf Blinddarmentzündung auf eine schnelle Operation – aus Angst vor einem Blinddarmdurchbruch. Dieser kann lebensgefährlich sein. Allerdings gab es darunter auch unnötige OPs, in denen sich der Blinddarm als gar nicht entzündet herausstellte.

Vor allem eine schwedische Studie vor zwei Jahren brachte nun ein Umdenken in Gang: Sie habe gezeigt, dass es offensichtlich möglich ist, Blinddarmentzündungen bei Kindern nur mit Antibiotika, die seit langem ohnehin begleitend zur OP gegeben werden, sicher zu behandeln, erklärte Bernd Tillig von der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Folgestudien würden von Fachleuten diskutiert.

Misserfolgsrate noch relativ hoch

Bei erfolgreicher Behandlung bleiben Kindern die Narkose und die OP erspart. Die Misserfolgsrate sei mit bis zu 40 Prozent allerdings relativ hoch, schilderte Tillig. In dem Fall müssten Kinder nach einigen Tagen dann doch noch operiert werden. Und selbst wenn junge Patienten geheilt entlassen werden, könnten neuerliche Entzündungen folgen, was dann in der Regel doch zur OP führe.

Der Verzicht auf eine Sofort-OP dank Antibiotika und Schmerzmittel verschafft Ärzten in jedem Fall mehr Zeit, um eine genaue Diagnose zu stellen. Fehldiagnosen seien inzwischen selten geworden, erklärte der Experte. Besonders wichtig hierbei seien Ultraschalluntersuchungen.


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