Preisbildung für Rezepturen

NARZ-Chef Graue fordert Kündigung der ganzen Hilfstaxe

Bremen - 04.04.2018, 07:00 Uhr

Jörn Graue, Chef des NARZ und des Hamburger Apothekervereins, fordert nach dem Schiedsspruch zur Zytostika-Vergütung, die Hilfstaxe komplett aufzukündigen. (Foto: tmb)

Jörn Graue, Chef des NARZ und des Hamburger Apothekervereins, fordert nach dem Schiedsspruch zur Zytostika-Vergütung, die Hilfstaxe komplett aufzukündigen. (Foto: tmb)


Arbeitsleistung honorieren

In der Hilfstaxe stehen noch immer die Preise für unversteuerten Alkohol, den jedoch inzwischen kaum noch eine Apotheke beziehe, weil die Mindestmenge dafür unrealistisch hoch sei. Graue bekräftigte gegenüber DAZ.online, der DAV habe schon seit 2012 das Mandat, die Hilfstaxe insgesamt zu kündigen. Spätestens mit dem Streit um die Zytostatika-Taxierung sei dies nun ein fälliger Schritt.

Auch in seinem Editorial bei „eFaktum“ verknüpft Graue den aktuellen Streit um die Zytostatika-Taxierung mit der lange überfälligen Aktualisierung der gesamten Hilfstaxe. Der Schiedsspruch zu Zytostatika sieht abhängig von den Wirkstoffen unterschiedliche Abschläge vor und unterstellt damit, dass die Apotheken entsprechende Einkaufsvergünstigungen realisieren.

Dazu erklärt Graue, die Kalkulationsbasis für die Arbeitsleistung in den Apotheken sei obsolet, „und das nicht erst seit gestern“. Die Apotheken sollten gemäß der Schiedsstellenentscheidung „für überwiegend frei erfundene Abschläge auf Wirkstoffe Boni einräumen oder rückwirkende Preiskorrekturen hinnehmen“, so Graue. Wenn die Krankenkassen so vorgehen dürften, stehe mittelfristig nicht nur die flächendeckende Herstellung von Zytostatika auf dem Spiel, fürchtet Graue. Anstatt die Wirtschaftlichkeit der Apotheken über Einkaufskonditionen zu sichern, seien Vergütungsvereinbarungen auf der Grundlage der Arbeitsleistungen nötig, folgert Graue wiederum mit Blick auf die Zytostatikazubereitungen. Er ergänzt, dies habe man beim DAV erkannt.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Eine sachgerechte Anbruchregelung ist eh vonnöten

von Alfons Neumann am 05.04.2018 um 4:17 Uhr

Wie kann es sein, daß im Alltag für einen Patienten angeschaffte Rezeptur-Substanzen, bei denen man einen Krümel benötigt und später den Rest der Packung in die Tonne treten muß, auf anteilig verwendet retaxiert werden ?? Wer bestellt, hat voll zu zahlen bzw. wenn Arzt verordnet, KraKa hat voll zu übernehmen !!

Eine Kompromiß-Formulierung als "lediglich verwirrte Bierlaunen-Einzelmeinung", um mal Vorschläge zu äußern: Von der Apotheke im zeitlichen Zusammenhang bestellte Rezeptur-Substanzen werden bei Erstverordnung im kleinsten lieferbaren Gebinde vollständig zu Lasten der KraKa ohne jeglichen Abzug zum tatsächlichen EK abgerechnet, jegliche Retaxation dazu ist untersagt - wenn für den gleichen Patienten der gleichen KraKa innert 6 Wochen die Substanz erneut verordnet wird, wird dieselbe nicht berechnet. KraKa´s können innert 6 Monaten nach Anfertigung der Rezeptur gegen eine Bearbeitungspauschale von minnings 10,00 Euro Lieferschein bzw. entsprechende Verwendungs-Nachweise anfordern.

Erstmal nur ein Gedankenmodell meinerseits, da gibt´s sicherlich noch Diverses auszuformulieren.

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Hilfstaxe ist nicht mehr hilfreich, sondern ein Behelfsschlammassel!

von Andreas P. Schenkel am 04.04.2018 um 19:14 Uhr

Nachdem nun auch die Zyto-Apotheken die Hilfstaxe zu hassen gelernt haben, weil sie seit kurzem auch in diesem speziellen Bereich der Pharmazie eine betriebswirtschaftlich mögliche Arzneiherstellung sabotiert, ist die Hilfstaxe für uns komplett wertlos geworden. Also weg damit und alles von vorne verhandeln.

Die Ausgangsposition ist tatsächlich äußerst günstig: Nur die GKV profitieren von der ungekündigten Hilfstaxe; wäre sie weg, dann käme die AMPreisV zur uneingeschränkten Anwendung. Die GKV müsste dann für alle Rezepturen einiges mehr aufwenden. Und wir haben noch ein gutes Angebot für die Gegenseite: Cannabis-Zubereitungen sind derzeit ein erheblicher Kostenblock für die GKV. Eine hilfstaxliche Vereinbarung, die rasch etabliert würde, käme auch der GKV wahrscheinlich sehr gelegen. Möglicherweise wäre es hier klug, einen Fixanteil über die 8,35 € hinaus auszuverhandeln, um dauerhaft den bürokratischen Mehraufwand beim kompletten Cannabisblüten-Management in der Apotheke preislich abzubilden. Denn irgendwann wird dieser Ausgangsstoff aus Deutschland kommen und der Absolutbetrag aus dem 90%-Aufschlag aus § 5 AMPreisV wird stark absinken. Es lässt sich sicherlich für alle Bereiche der neu z verhandelnden Hilfstaxe eine Regelung aushandeln, der weder die alte, nicht kostendeckende Situation perpetuiert noch unangemessen hohe Kosten auf der Kostenträgerseite auslösen würde. Alles als Gesamtpaket verhandelt hätte sicherlich mehr Wumms für die Verhandlungen als einzelne Punkte nach und nach z verhandeln. Die alsbaldige Kündigung der gesamten Hilfstaxe ist der einzig richtige Weg und ergäbe einiges an Wucht zum Druckaufbau gegenüber den GKV, damit diese eine rasche neue vertragliche Einigung auf dem Verhandlungswege anstreben werden.

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