Kommentar zu BR-Sendung

Wahrnehmung des Apothekerberufs ist kein Selbstläufer

Berlin - 16.03.2018, 10:15 Uhr

Die pharmazeutischen Dienstleistungen der Vor-Ort-Apotheke sind für den Gesundheitsschutz unverzichtbar. Trotzdem schienen die BR-Zuschauer lieber Rx-Boni im Internet einsammeln zu wollen. Woran liegt das? (Foto: Imago)

Die pharmazeutischen Dienstleistungen der Vor-Ort-Apotheke sind für den Gesundheitsschutz unverzichtbar. Trotzdem schienen die BR-Zuschauer lieber Rx-Boni im Internet einsammeln zu wollen. Woran liegt das? (Foto: Imago)


In der BR-Sendung „Tagesgespräch“ am vergangenen Dienstag wetterten fast alle Zuschauer gegen das geplante Rx-Versandverbot und die Apothekerlobby. Die pharmazeutischen Beratungsleistungen der Vor-Ort-Apotheker spielten bedauerlicherweise nur eine untergeordnete Rolle. Doch wie kommt dieses Außenbild zustande? Um die Apotheker raus aus der Lobby-Ecke zu führen und den Fokus auf ihre unverzichtbaren Leistungen zu verschieben, wäre ein besseres Zusammenspiel zwischen dem Einzelapotheker und seiner Standesvertretung wünschenswert, meint DAZ.online-Redakteurin Bettina Jung. 

In der Sendung „Tagesgespräch“, die vor wenigen Tagen im Bayerischen Rundfunk lief, stand die Meinung der Bürger zum geplanten Rx-Versandverbot im Mittelpunkt. Dabei äußerten sich die zugeschalteten Gäste überwiegend negativ über das geplante neue Gesetz, vorwiegend weil sie die finanziellen Vorteile durch die Rx-Boni vermissen würden.

Erschreckende Außenwahrnehmung

Auch die Moderatoren und ein zugeschalteter Arzt betrachteten das Apothekenwesen überwiegend aus der kaufmännischen und logistischen Perspektive. Nur vereinzelte Zuschauer-Stimmen brachten die wesentlichen Vorteile der Vor-Ort-Apotheke in die Diskussion ein, wie beispielsweise die persönliche Arzneimittelberatung, Rezepturherstellung, Rücksprachen mit verschreibenden Ärzten oder Not-, Nacht- und Botendienste. Kurzum: Es schien so, als ob in der öffentlichen Wahrnehmung der heilberufliche Kernaspekt des Apothekerberufs nur eine untergeordnete Rolle spielen würde. Doch weshalb erfahren diese wichtigen Services nicht die angemessene Wertschätzung? Sind daran nur die undankbaren und Boni-gierigen Patienten schuld?

Öffentlichkeitsarbeit noch ausbaufähig

Klar ist: Die öffentliche Wertschätzung für die Dienste der Präsenzapotheken ist kein Selbstläufer. Gerade jetzt, zur Grippezeit, haben viele Apotheker  keine Zeit, den Patienten neben der pharmazeutischen Beratung noch die Vorzüge der Apotheke vor Ort gegenüber dem Versandhandel zu erklären. Und genau deswegen sind Apotheker Mitglied in Verbänden und Kammern: Diese sollen sie gegenüber der Politik, den Vertragspartnern UND der Öffentlichkeit vertreten. Deshalb müssen sich die Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit der Apothekenstandesvertretungen sich die Frage gefallen lassen, warum die Stimmung in der Bevölkerung so ist wie sie ist.

Doch entbindet das die einzelnen Apotheker so ganz von ihrer Aufklärungspflicht gegenüber dem Kunden? Nein. Denn selbstverständlich gehört Selbstmarketing zu den zukunftssichernden Aufgaben jeder einzelnen Vor-Ort-Apotheke.  Und sehr viele Apotheken haben darin bereits Exzellenz bewiesen. Fraglich ist also, warum sich die PR-Expertise in Kammern und Verbänden nicht besser mit der millionenfachen, direkten Patientenkommunikation der Vor-Ort-Apotheker verbinden lässt, um die Öffentlichkeit aufzuklären. Noch fraglicher ist das, weil sich genau dieses Prinzip ja bereits in einzelnen Aktionen bewährt hat: Beispielsweise vor Bundestagswahlen „beauftragen“ die Standesvertretungen die Apotheker mit lokalen Kommunikationsaufgaben. Warum funktioniert dieses zentral-lokal-Prinzip nicht dauerhaft?

Im Vergleich dazu scheint die Bewerbung für andere Berufszweige besser aufgestellt zu sein. Reisenden springen an Flughäfen oder Bahnhöfen Plakatwerbung für die Dienstleistungen der Ärzte ins Auge. Und im Fernsehen werben die großen Arzneimittelversender zu den Top-Sendezeiten fleißig mit günstigen Konditionen. Kein Wunder, dass die Jagd nach den Boni da größer ist als das Bewusstsein, einen niedrigschwelligen Zugang zu einem Gesundheitsexperten in unmittelbarer Nähe  zu haben, oder?

Positive Rückendeckung notwendig

Den Kunden das EuGH-Urteil oder die Rx-Preisbindung zu erklären, sollte in der Kommunikation nicht an erster Stelle stehen. Wünschenswert wäre es vielmehr, dass die Apothekenkunden erstmal im positiven Sinne abgeholt werden und ihnen erklärt wird, welche für die Bevölkerung unverzichtbaren Leistungen die Präsenzapotheke eigentlich bietet. Davon abgesehen sind positive Botschaften in PR und Werbung erfahrungsgemäß erfolgreicher.

Die neue ABDA-Apothekenkampagne „einfach unverzichtbar“ macht das und geht daher schon in eine erfreuliche Richtung. Die Botschaften sind jedenfalls die richtigen. Ob die Strahlkraft der neuen Kommunikationswelle ausreichen wird, um die Bevölkerung flächendeckend zu erreichen, wird die Zukunft zeigen und bleibt zu hoffen. Denn derzeit braucht die Apothekerschaft dringend positive Rückendeckung.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Unverzichtbar? Verzichtbar!

von Reinhild Berger am 17.03.2018 um 6:47 Uhr

In jedem Kommunikationskurs lernt man, wie wichtig es ist, negative Botschaften zu vermeiden. Weil das Gehirn die Vorsilbe „un“ bei schneller und unbewusster Wahrnehmung wegdenkt. Übrig bleibt „verzichtbar“. Ich hätte mir eher eine Formulierung gewünscht wie „Apotheker sind immer für Sie da“.

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selbstverständlich

von Karl Friedrich Müller am 16.03.2018 um 15:02 Uhr

Unsere Dienstleistungen sind so selbstverständlich geworden wie das Atmen.
Das ist das Problem.
Und deshalb werden sie nicht wahr genommen.
Erst, wenn sie mal nicht funktionieren, fällt es auf, dann negativ.

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Wahrnehmen

von Conny am 16.03.2018 um 12:21 Uhr

Natürlich geht es nur um den Boni und die Ärzte? Können Sie uns bitte Briefmarken zusenden !

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