Die Seite 3

Kaum zu glauben

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Die Darstellung der Apothekerschaft in der Öffentlichkeit hat schon in der Vergangenheit immer viel Luft nach oben gelassen. Doch was da am 10. Januar 2019 auf Seite 3 der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu lesen war, lässt einen nur noch ratlos zurück: Hier wurde die zugegebenermaßen auf den ersten Blick sehr antiquiert erscheinende Leipziger Seume-Apotheke unseres ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt, bei der alles ohne elektronische Hilfsmittel zu funktionieren scheint, der modernen ausländischen Versandapotheke Doc Morris gegenübergestellt, vertreten durch den mit allen Wassern gewaschenen Öffentlichkeitsarbeiter Max Müller. Die Botschaft: Apotheker sind Traditionalisten und rückwärtsgewandt, Doc Morris ist der digitale Heilsbringer.

Dabei werden auch in der Apotheke unseres Präsidenten Bestellungen sicher nicht mehr telefonisch durchgegeben. Auch die Seume-Apotheke hat einen Internet-Auftritt, der den Kunden und Patienten die Möglichkeit der digitalen Bestellung bietet, auch hier wird es ein EDV-System geben, das das pharmazeutische Personal in allen logistischen und fachlichen Belangen unterstützt. Alles schon ausgesprochen digital, verbunden mit einer Umgebung, die den Patienten Geborgenheit und eine individuelle Beratung garantiert. Leider findet man dazu nichts in dem FAZ-Artikel. Auch wurde nicht herausgearbeitet, dass Vor-Ort-Apotheken finanzielle Sicherheit benötigen, um die für die weiteren digitalen Herausforderungen notwendigen Investitionen tätigen zu können. Das wird nicht gehen, wenn sie sich einem unfairen Preiswettbewerb mit ausländischen Versendern stellen müssen.

Kaum zu glauben, dass das alles nicht klar gemacht worden ist, dass die Digitalisierungsstrategien der ABDA inklusive E-Rezept kein Thema gewesen sein sollen. Haben sich Friedemann Schmidt und sein Beraterstab wirklich so grottenschlecht verkauft?

Szenenwechsel: Vertreter der Apothekengewerkschaft ADEXA durften bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorstellig werden, um über die Zukunft des PTA-Berufs zu sprechen. Zweifelsohne muss dieser Beruf attraktiver gestaltet werden, sowohl im Hinblick auf die Honorierung als auch im Hinblick auf Entwicklungsmöglichkeiten. Wer aber jetzt die Gunst der Stunde meint nutzen zu müssen, die Vertretungsbefugnis für PTA zu fordern, der konterkariert damit alle Bemühungen, die heilberufliche Kompetenz des Apothekers vor Ort in den Mittelpunkt zu stellen und auszubauen.

Wie dringend notwendig das ist, zeigt einmal mehr die Diskussion um das Ansinnen des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, einen neuen Bachelor/Master-Studiengang für Psychotherapie zu etablieren. Die so ausgebildeten Psychotherapeuten sollen dann auch Medikamente verordnen dürfen. Der Aufschrei in der Ärzteschaft ist groß: Die Verordnung von Psychopharmaka und das Erkennen von Wechselwirkungen verlangen nach einer fundierten Ausbildung, wie sie nur ein Medizinstudium bieten kann. Apotheker kommen in dieser Diskussion nicht vor. Warum tritt hier nicht die Apothekerschaft auf den Plan und positioniert sich als Problemlöser im interdisziplinären Team, wenn es um die Arzneimitteltherapiesicherheit geht? Denn auch schon jetzt werden Psychopharmaka oft genug nicht indikationsgerecht verordnet, Nebenwirkungen nicht erkannt, Wechselwirkungen ignoriert oder erst gar nicht geprüft.

Doch aus der ABDA-Zentrale hat man bislang dazu nichts vernommen, ebenso wenig zu den Plänen von Spahn, den Gemeinsamen Bundesausschuss zu entmachten, um selbst in Trump’scher Manier eigenmächtig Entscheidungen zur Erstattungsfähigkeit von Therapien treffen zu können. Stattdessen eine ABDA-Pressemeldung zur Entsorgung von Altarzneimitteln. Das ist zweifelsohne auch wichtig, doch das sichert nicht die Zukunft der Präsenzapotheke!

Die Zukunft liegt in unseren heilberuflichen Kernkompetenzen, die für eine sichere Arzneimitteltherapie unentbehrlich sind und die nur vor Ort und im direkten Kontakt mit dem Patienten im interdisziplinären Team abgerufen werden können. Das in der Öffentlichkeit bei jeder Gelegenheit immer wieder klar zu machen, erfordert nicht nur tiefste Überzeugung, sondern auch Konfliktbereitschaft. Diese können unsere Vertreter am 17. Januar im Rahmen der außerordentlichen ABDA-Mitgliederversammlung unter Beweis stellen, wenn es um die Abstimmung des Spahn-Deals „Honorierung von Dienstleistungen gegen Rx-Boni-Deckel für ausländische Versender“ geht. Hoffentlich sind sie dazu bereit!

Doris Uhl

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