Modellversuch

Cannabis zum freien Konsum bald aus Kölner Apotheken?

Berlin - 13.03.2018, 07:00 Uhr

Ein Bezirksparlament der Kölner Innenstadt hat sich dafür ausgesprochen, dass Apotheken künftig Cannabis zum freien Konsum abgegben. (Foto: Imago)

Ein Bezirksparlament der Kölner Innenstadt hat sich dafür ausgesprochen, dass Apotheken künftig Cannabis zum freien Konsum abgegben. (Foto: Imago)


Die FDP will es, die Grünen sowieso, und die SPD kann es sich wohl auch vorstellen: Modellversuche, bei denen Cannabis zum freien Konsum in Modellversuchen kontrolliert abgegeben wird. Bislang hatte nur die FDP gezielt auf die Apotheken als Abgabestelle hingewiesen. Lokalpolitiker von mehreren Parteien setzen sich nun aber dafür ein, dass die Innenstadtapotheken in Köln solche Modellversuche in die Realität umsetzen. Die Apotheker haben Bedenken.

Das Thema Cannabis-Prohibition könnte in dieser Legislaturperiode zu einem der Top-Themen werden. Ähnlich wie bei der im vergangenen Jahr verabschiedeten „Ehe für alle“ ist es insbesondere die Unionsfraktion im Bundestag, die sich vehement gegen eine Freigabe von Cannabis stellt. Die Grünen und Linken sprechen sich schon länger für eine Deregulierung aus. Hinzu kommt nun die FDP, die in einem Gesetzesantrag auf die kontrollierte Abgabe pocht, die zunächst in Modellversuchen ausprobiert werden soll. Und auch Sabine Dittmar, neue gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, hatte klargestellt, dass sich bei dem Thema etwas bewege in den Reihen der Sozialdemokraten. Auch sie spricht sich für eine kontrollierte Abgabe aus.

Wo ein solcher kontrollierter Verkauf von Cannabis geschehen könnte, darüber wurde bislang nicht viel gesprochen. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nannte im Wahlkampf die Apotheken als mögliche Abgabestelle. Die Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther erklärte gegenüber DAZ.online, dass sie sich eher Cannabisfachgeschäfte als Apotheken vorstelle. Ein neuer Vorstoß kommt nun aus Nordrhein-Westfalen: Die Bezirksvertretung Innenstadt, ein kommunales Stadtparlament in Köln, hat am vergangenen Donnerstag einen Beschluss gefasst, nachdem Apotheker in entscheidender Rolle in die Cannabis-Abgabe eingebunden werden sollen.

In der Bezirksvertretung beschlossen die Grünen, Linken, die Fraktion „Gut“ sowie die Fraktion „Freunde“, dass die Stadtverwaltung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine entsprechende Ausnahmeregelung erwirken solle. Zur Begründung heißt es im Beschluss: „Im Rahmen dieser Studie soll erforscht werden, welche Konsequenzen eine legale Abgabe von Cannabis für Konsumenten, die Stadt Köln und die Stadtgesellschaft hätte. Für diese Studie werden lizenzierte Abgabestellen in Apotheken in der Kölner Innenstadt errichtet.“

Preis: Apotheke gibt Arznei- und keine Genussmittel ab!

Um das Modellprojekt auszuarbeiten, soll sich ein Runder Tisch bilden, an dem sich Fachpolitiker, die Polizei, Drogenexperten und Suchthilfeträger beteiligen. Unter anderem sollen „rechtliche Fragen in Bezug auf mögliche Betreiber in Apotheken und deren Beschaffungsmöglichkeiten“ geklärt werden. Außerdem wollen die Bezirkspolitiker das Projekt wissenschaftlich begleiten und evaluieren. Alle antragstellenden Fraktionen stimmten für das Projekt, die CDU und SPD stimmten dagegen. Die größte Fraktion im Bezirksparlament sind die Grünen mit sechs Sitzen.

Für den Apothekerverband Nordrhein ist das kein neues Thema. Der Verbandsvorsitzende Thomas Preis, der seine Apotheke ebenfalls in Köln hat, erklärte gegenüber DAZ.online: „Wir stehen zu diesem Thema natürlich in direktem Austausch mit der Stadt Köln und dem Gesundheitsamt.“ Preis sieht insbesondere juristische und politische Umsetzungsprobleme und verweist auf bereits gescheiterte Projekte: „Eine kontrollierte Abgabe in Modellprojekten wäre sicherlich kein einfaches Unterfangen – schließlich wurden ähnliche Anträge in Berlin und Frankfurt vom BfArM bereits abgelehnt, die Uni-Klinik Düsseldorf hat sich von einem geplanten Modellprojekt in Düsseldorf wieder zurückgezogen. Deshalb wird es ein langer Weg, bis so etwas erlaubt werden kann.“

Ob Apotheker nun Cannabis kontrolliert abgeben sollten oder nicht, dazu gibt es wohl auch innerhalb der Apothekerschaft noch keine klare Meinung. Verbandschef Preis will das nicht grundsätzlich ausschließen, hat aber Bedenken:  „Man muss darüber nachdenken, ob uns Modellprojekte weiterhelfen oder ob nicht eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Legalisierung von Cannabis zielführender wäre. Was die Beteiligung der Apotheker betrifft, meine ich, dass man sich gut und gründlich überlegen sollte, ob Apotheken sich künftig von einer heilberuflichen Abgabe- und Beratungsstelle für Arzneimittel für kranke Menschen auch hin zu einer Abgabestelle für Genussmittel entwickeln sollen. Ich glaube das wäre der falsche Weg!“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Cannabis Modellversuch

von Manuto am 13.03.2018 um 18:00 Uhr

Die bisherige Gesetzgebung ist gescheitert. Es dürfte schwer fallen ein Gesetz zu finden, dass sich ähnlich kontraproduktiv erweist. Als Krebs- und Adhs Patient kann ich Politiker nicht mehr ertragen, die mir weißmachen wollen, es ginge ihnen um das Wohlergehen der Menschen. Legalisiert es!

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