Arzneimittelsicherheit 

Patienten sollen mehr Nebenwirkungen melden

Remagen - 21.11.2017, 11:00 Uhr

Die europäischen Arzneimittelbehörden rufen die Patienten dazu auf, ihnen häufiger Nebenwirkungen zu melden. (Foto: Photo SG / stock.adobe.com)

Die europäischen Arzneimittelbehörden rufen die Patienten dazu auf, ihnen häufiger Nebenwirkungen zu melden. (Foto: Photo SG / stock.adobe.com)


Behörden gehen von underreporting aus

Die Behörden vermuten, dass die Patienten ihre Beobachtungen vielfach nicht weitergeben, etwa weil sie zwischen einer Reaktion oder einem Symptom und dem Arzneimittel keinen Zusammenhang sehen oder weil sie die Symptome einer Grunderkrankung zuordnen. Die Arzneimittelsicherheitsexperten seien aber auf belastbare Daten und Risikosignale aus der Praxis besonders angewiesen. Seltene oder sehr seltene unerwünschte Wirkungen, Wechselwirkungen oder andere Risiken können in klinischen Prüfungen üblicherweise nicht erkannt werden.

Außerdem seien die Patienten in klinischen Prüfungen selektiert, was nicht notwendigerweise den Bedingungen bei der breiten Anwendung des Arzneimittels entspricht. „Ob nach der Einnahme verschreibungspflichtiger oder rezeptfreier Arzneimittel: Es ist in beiden Fällen wichtig, dass möglichst viele Verdachtsfälle von Nebenwirkungen gemeldet werden“, betont BfArM-Präsident Karl Broich. „Das hilft den Arzneimittelbehörden, Risikosignale so früh wie möglich zu erkennen und dann bei Bedarf wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz der Patientinnen und Patienten zu treffen.“

Stecknadel im Heuhaufen

Wie mühselig die Identifizierung eines Arzneimittelrisikos in der praktischen Anwendung sein kann, unterstreicht das folgende „Zahlenspiel“: Im letzten Jahr sind beim BfArM etwas über 52.000 Meldungen zu UAW-Verdachtsfällen von Pharmaunternehmen eingegangen. Hinzu kommen weitere 12.101 aus anderen Quellen. Nach dem Jahresbericht 2016 der Europäischen Arzneimittel-Agentur wurden in EudraVigilance im letzten Jahr mehr als 1,2 Millionen UAW-Meldungen eingespeist. Die EMA bearbeitete im selben Jahr etwa 2000 Signale. 94 landeten zur weiteren Beurteilung beim Pharmakovigilanzausschuss (PRAC). Davon kam rund die Hälfte aus den Mitgliedstaaten. Vier führten zu einem sogenannten Referral-Verfahren zur vertieften Eruierung des Sachverhalts und um eine harmonisierte Entscheidung herbeizuführen. In 28 Fällen wurden aufgrund der Ergebnisse Änderungen in den Produktinformationen vorgenommen. Spektakuläre Fälle ohne jeden Zweifel sind in diesem „Tagesgeschäft“ eher selten.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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