Alternative zu privater Versicherung

Hamburg will GKV für Beamte öffnen

Hamburg - 08.08.2017, 17:15 Uhr

Mehr als 2000 Beamten will der Hamburger Senat den Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erleichtern. (Foto: Setareh / Fotolia)

Mehr als 2000 Beamten will der Hamburger Senat den Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erleichtern. (Foto: Setareh / Fotolia)


Der Hamburger Senat will Beamte dabei unterstützen, in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln, erklärte die Landesregierung am heutigen Dienstag. Auf Wunsch solle ihnen ab 1. August 2018 die Hälfte des Kassenbeitrags erstattet werden. Der Spitzenverband der privaten Krankenversicherer bezeichnete die Pläne als nur vermeintliche Wahlfreiheit – und Schritt hin zur „Einheitskasse“.

Hamburg unterstütze den Wunsch von Beamten, in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) krankenversichert zu sein, statt Beihilfe zu erhalten, erklärte die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz am heutigen Dienstag in einer Pressemitteilung. Die Landesregierung habe heute die Einleitung der Anhörung von Gewerkschaften und Verbänden zu einem „Gesetz über die Einführung einer pauschalen Beihilfe zur Flexibilisierung der Krankheitsvorsorge“ beschlossen. „Mit dieser in Deutschland einmaligen Regelung soll ab 1. August 2018 auf Wunsch von Beamtinnen und Beamten statt individueller Beihilfe der hälftige Beitrag zu einer gesetzlichen oder privaten Krankenvollversicherung gezahlt werden“, heißt es.

Die Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks sehe es als „weder zeitgemäß, sozial gerecht noch verfassungsrechtlich geboten“ an, dass die Krankheitskosten von Beamten ausschließlich über Beihilfe und die Private Krankenversicherung abgesichert werden. „Wir schaffen mit diesem Angebot echte Wahlfreiheit im Öffentlichen Dienst und den Zugang von Beamtinnen und Beamten in die Solidargemeinschaft der GKV“, erklärte Prüfer-Storcks bei Vorstellung der Neuregelung. Durch die Prüfung der Arztrechnungen und Berechnung der individuellen Beihilfe entstünde bislang ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand, betonte sie.

Die Senatorin geht von anfänglichen Mehrkosten von rund 5,8 Millionen Euro aus, die für die Krankenversicherungskosten von geschätzt 2400 derzeit freiwillig gesetzlich versicherten Beamten entstünden. Langfristig könne Kostenneutralität erreicht werden, erklärte die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.  

Beamte müssen sich derzeit selbst versichern – im Regelfall über die private Krankenversicherung, mit der sie sich normalerweise für 50 Prozent der Krankheitskosten absichern. Die andere Hälfte erstattet die Beihilfe. Wenn sie sich gesetzlich versichern wollen, müssen Beamte hingegen die gesamten Krankenversicherungsbeiträge selbst tragen. Sie dürfen bislang freiwillig in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln, wenn sie nicht älter als 55 Jahre sind und bestimmte Vorversicherungszeiten in der GKV nachweisen können.

Für manche Beamte ist die GKV sehr attraktiv

Mit dem neuen Gesetz könnten alle Beamte Hamburgs, die eine gesetzliche oder private Krankenvollversicherung nachweisen, ab dem 1. August 2018 eine monatliche Pauschale ausbezahlt bekommen, die die Hälfte der Krankenversicherungsbeiträge abdeckt, erklärt die Gesundheitsbehörde. Beamte erhielten dann die Pauschale in Höhe des einkommensabhängigen hälftigen Versicherungsbeitrags für die GKV – oder eine Pauschale, die auf die Höhe der hälftigen Kosten für den Basistarif der privaten Krankenversicherung begrenzt ist, wenn sie sich privat versichern. Diese entspräche dem Leistungsumfang der GKV.

„Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass sich der Staat auch an den Krankheitskosten von gesetzlich versicherten Beamtinnen und Beamten beteiligt“, erklärt Prüfer-Storcks. „Für Beamtinnen und Beamte mit Kindern, Versorgungsempfänger oder Menschen mit Behinderung kann die GKV die bessere Alternative sein. Hier richten sich die Beiträge nach Einkommen und nicht nach Risiko und nicht erwerbstätige Familienmitglieder sind beitragsfrei mitversichert.“

Die Wahl der Pauschale statt individueller Beihilfe sei freiwillig – aber endgültig: Einen Wechsel zurück gebe es nicht. Damit wolle die Stadt „Optimierungsstrategien“ einen Riegel vorschieben, mit denen das Finanzierungsmodell der Krankenversicherungen geschwächt und die Beihilfe überfordert würde, erklärt die Gesundheitsbehörde. „In der Solidargemeinschaft der GKV unterstützen die gesunden Mitglieder mit ihren Beiträgen die Kranken, im Versicherungssystem der PKV werden in ‚gesunden Zeiten‘ Rücklagen für Zeiten einer Erkrankung im Alter gebildet“, heißt es in der Pressemitteilung. „Beides funktioniert nur bei einer langfristigen Mitgliedschaft.“

Scharfe Kritik von den privaten Versicherern

Der PKV-Spitzenverband kritisiert in einer Stellungnahme das Vorhaben deutlich. „Beamten ein Wahlrecht einzuräumen, ist erklärte Strategie derjenigen, die am Ende eine Einheitskasse wollen“, erklärte ein Verbandssprecher. Wenn deren Pläne aufgehen, könne am Ende niemand mehr frei wählen. „Die medizinische Versorgung wäre schlechter für alle und die Kosten gingen durch die Decke“, betont der Pressesprecher. „Selbst der Hamburger Senat geht ja von Mehrkosten aus – da muss also der Steuerzahler den Weg in die Einheitskasse pflastern.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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