Berufsrecht

Apotheker und Ärzte protestieren gegen EU-Dienstleistungsregeln

Berlin - 19.04.2017, 11:00 Uhr

Das EU-Dienstleistungspaket steht weiter in der Kritik. (Foto: artjazz / Fotolia)

Das EU-Dienstleistungspaket steht weiter in der Kritik. (Foto: artjazz / Fotolia)


Mit dem sogenannten „Dienstleistungspaket“ will die EU-Kommission es Unternehmern erleichtern, ihre Dienstleistungen in der ganzen EU anzubieten. Doch ABDA und Ärzteverbände kritisieren Änderungen beim Berufsrecht als „unverhältnismäßig“ und fordern Bundestagsabgeordnete auf, den Gesundheitssektor auszunehmen.

Mit einem im Januar vorgelegten Gesetzgebungspaket plant die EU-Kommission, es Unternehmen und Freiberuflern zu erleichtern, Dienstleistungen in allen Mitgliedstaaten einfacher anbieten zu können. So will sie „Impulse für den Dienstleistungssektor“ setzen und die Wirtschaft fördern. Doch einige Punkte treffen im Gesundheitssektor auf erheblichen Widerstand: So sollen Änderungen am Berufsrecht zukünftig in Brüssel angezeigt werden.

„Das Vorhaben ist unserer Ansicht nach unverhältnismäßig“, erklärten die Präsidenten verschiedener Gesundheitsverbände in der vergangenen Woche in einem Schreiben an Bundestagsabgeordnete – darunter Friedemann Schmidt für die ABDA, Frank Ulrich Montgomery für die Bundesärztekammer und Andreas Gassen für die Kassenärztliche Bundesvereinigung. So wie der Kommissionsvorschlag formuliert ist, führe er „zu einer umfangreichen Begründungspflicht mit erheblichem Verwaltungsaufwand und Kosten für die Mitgliedstaaten und Berufsorganisationen selbst bei nur geringfügigen Anpassungen des Berufsrechts“, kritisieren die Verbände.

Unterwerfung unter ökonomische Betrachtungsweise

Sie erklären, dass die „Mängel des vorliegenden Entwurfs“ besonders deutlich im Gesundheitssektor zu tragen kämen. „Eine Unterwerfung sämtlicher Anforderungen unter eine ökonomische Betrachtungsweise wird der besonderen Bedeutung des Schutzes des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung nicht gerecht“, erklärt Schmidt mit seinen Kollegen. Die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus sei Aufgabe der EU. „Die geplante Darlegungslast bei der Folgenabschätzung erschwert Regelungen, die für dieses bedeutendste Rechtsgut dringend geboten sind“, kritisieren sie. 

Gerade bei Gesundheitsberufen sei es wichtig, schnell das Berufsrecht ändern zu können. Die Pläne der EU-Kommission führten zu Verzögerungen, die „insbesondere bei patientenschützenden Vorschriften bedenklich“ seien, heißt es.

Kritik an Grenzüberschreitung durch den aktuellen Vorschlag

Generell überschreiten die derzeitigen Pläne die Kompetenzen der EU, kritisieren die Apotheker- und Ärzteverbände. „Der Vorschlag muss die Kompetenz der Mitgliedstaaten für Berufsregulierung und deren daraus folgenden Beurteilungsspielraum eindeutig anerkennen“, schreiben sie. Wo er in die Organisation des Gesundheitswesens eingreift, verletze er die europäischen Verträge.

In der Erklärung spricht sich die ABDA daher mit ihren Partnerorganisationen dafür aus, die Gesundheitsberufe aus der geplanten Richtlinie herauszunehmen und damit der „besonderen Rolle der Gesundheitsberufe“ Rechnung zu tragen. Hierzu sehen sie vor, Einschübe wie „mit Ausnahme der Berufe, die gesundheits- und pharmazeutische Dienstleistungen erbringen (insbesondere Ärzte, Zahnärzte und Apotheker)“ in den Entwurf der EU-Kommission einzubauen. 

„Zentrale Forderung der ABDA ist die Bereichsausnahme für Heilberufe“, bestätigt ein Sprecher auf Nachfrage. „Um hier konzertiert vorzugehen, hat sich die ABDA intensiv in den Abstimmungsprozess eingebracht, der zur jetzt verschickten Stellungnahme geführt hat.“ Darüber hinaus arbeite die ABDA im Zusammenschluss der Apotheker in der Europäischen Union (ZAEU) und im Bundesverband der Freien Berufe (BFB) an den dortigen Positionierungen mit.

Im März hatten sich bereits der Bundesrat und Bundestag mit dem Richtlinienvorschlag beschäftigt. Sie beschlossen – wie auch das französische Parlament – eine sogenannte Subsidiaritätsrüge nach Brüssel zu schicken und so festzustellen, dass die EU-Kommission ihre Kompetenzen teils überschritten hat. So war der Bundesrat der Ansicht, dass die Pläne in nationale Hoheitsrechte eingreife und mit den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit nicht im Einklang stehe.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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