Serie: Mittelstand im Pharmaland – wepa

Die Apotheke als einziger Vertriebskanal

Hillscheid - 04.04.2017, 12:10 Uhr

Die mit dem roten Deckel: Der Klassiker aus dem Wepa-Sortiment, der in den meisten Apotheken zu finden ist. (Foto: Schelbert / DAZ)

Die mit dem roten Deckel: Der Klassiker aus dem Wepa-Sortiment, der in den meisten Apotheken zu finden ist. (Foto: Schelbert / DAZ)


Das Hillscheider Unternehmen Wepa Apothekenbedarf beliefert Apotheken – und nur Apotheken. Im Sortiment hat der über 130-jährige Familienbetrieb aus Rheinland-Pfalz alles, was eine Apotheke braucht, vom Mischsystem zur Herstellung eigener Rezepturen bis zur Nagelschere. Dabei tritt Wepa gleichzeitig als Hersteller, Technikentwickler, Servicedienstleister und als Fachhändler auf. Alles dreht sich um die eine Frage: „Kann ein Produkt oder eine Dienstleistung einer Apotheke weiterhelfen?“

„Eigentlich haben wir zu jeder der rund 20 000 Apotheken in Deutschland mindestens einmal im Jahr Kontakt,“ sagt Markus Cramer. Er ist seit einem Jahr der Marketing-Leiter des Hillscheider Apotheken-Lieferanten Wepa Apothekenbedarf. Und damit Marken-Repräsentant für eines der erstaunlichsten Fachhandels-Sortimente überhaupt: vom Hustenbonbon über Fieberthermometer bis hin zur Laborausstattung mit Medikamenten-Kühlschrank und automatischem Rührsystem.

Das rheinland-pfälzische Familienunternehmen mit 350 Mitarbeitern versteht sich als universeller Problemlöser für die Apotheke vor Ort: „Die Apotheke“, sagt Cramer, „ist unser einziger Vertriebskanal.“ Das Sortiment konzentriert sich folglich ausschließlich am Bedarf einer Apotheke. Das wohl bekannteste Produkt ist die Kruke mit dem roten Deckel. Unzählige gehen täglich durch die Hände deutscher Apotheker: 

„Das ergab sich quasi aus unserer Geschichte,“ sagt Cramer. Wepas Ursprünge liegen zunächst in der Verarbeitung der heimischen Ton-Vorkommen. Vor 130 Jahren kam Firmengründer Jean Paulus in Höhr-Grenzhausen auf die Idee, Ton zur Herstellung von Gefäßen für Apotheker zu nutzen: Kruken, Standgefäße, Mensuren. Später ging man dazu über, diese Gefäße zu befüllen. Im Laufe der Jahrzehnte wuchs das Sortiment auf beachtliche 4 000 Artikel: Nahrungsergänzungsmittel, Nagescheren, Blutdruckmessgeräte, Gesundheitsbäder, Hals-Pastillen, Insektenschutz oder Läuse-Shampoo, Packmittel, Servietten mit Frühlingsdekor, Kalender, Grußkarten und Ratgeber. Eine eigene Druckerei gehört ins Firmenportfolio ebenso wie ein Hochregallager und – seit 2012 – auch der Rudolf Spiegel Verlag. 

Von außen betrachtet macht das bunte Sammelsurium aus High-Tech und Buntstiften erst einmal wenig Sinn. Kaum Synergien in der Fertigung, im Vertrieb oder in der Logistik. Der Verkauf über oder an die Apotheke bildet die einzige Klammer: „Wir entwickeln unsere Produkte streng an den Bedürfnissen der Apotheker. Die Entscheidung, ein neues Produkt aufzunehmen, orientiert sich ausschließlich an der Frage: ist es von Nutzen in der Apotheke?“, erklärt der Wepa-Manager. Dieses unbedingte Bekenntnis schafft Loyalität, aber auch gegenseitige Abhängigkeit. Ginge es den Apotheken schlecht, hätte dies automatisch Folgen für Wepa.

„Der Apothekenmarkt ist klein und intransparent"

Eine wichtige Säule der unternehmerischen Entwicklungsarbeit bilden die Laborgeräte unter dem Markennamen Topitec: (Rezeptur-Mischsysteme zur Herstellung von Individualrezepturen) und die Labortechnik unter dem Namen Apotec. Bei der Produktion arbeitet Wepa eng mit anderen Herstellern zusammen. Beispiel Arzneimittel-Kühlschränke: Hier heißt der technische Partner Liebherr. „Wir sind keine Experten für Kühltechnik. Das ist nicht unsere Kernkompetenz,“ sagt Cramer. Für Liebherr allein ist der Spezialmarkt Apotheke aber zu klein, als dass sich der Aufwand lohnen würde, Systeme für die sehr speziellen Anforderungen moderner Apotheken zu entwickeln. Also liefert Liebherr die Kühlung und Wepa die Elektronik, welche die Alarmierung steuert – heute auf Wunsch per SMS an das Smartphone des Apothekers – oder die lückenlose Dokumentation der Temperaturentwicklung: „Wir nutzen die Kompetenz von Liebherr bei Kühltechnik und passen das Gerät durch eigene Elektronik und Software für den deutschen Apothekenmarkt an,“ erklärt Cramer. „Von dieser Zusammenarbeit profitieren beide.“ 

Als einer der bedeutendsten Ausstatter für Apothekentechnik gilt Wepa in Deutschland. Das Ausland ist kaum ein Thema. Genaueres über Umsätze, Preise oder Marktanteile will man nicht preisgeben. Wenn die Konkurrenten Bescheid wüssten über Stückzahlen oder Umsätze, könnten sie Rückschlüsse ziehen auf streng gehütete Interna. „Der Apothekenmarkt ist klein und ziemlich intransparent,“ relativiert Cramer: „Deshalb können wir Marktanteile nicht bewerten.“ Einen kurzen Blick auf die Marktverhältnisse erhaschte allerdings, wer sich mit einer unlängst in Schleswig-Holstein durchgeführten Nutzer-Umfrage zum Thema Rührsysteme beschäftigte (erschienen in der März-Ausgabe der DAZ): Demnach brachten es die Topitec Modelle von Wepa gegenüber dem Konkurrenzprodukt Unguator von der Firma Gako Konietzko, der alledings auch über die Wepa vertrieben wird, auf einen Marktanteil von beachtlichen 77 Prozent.

Marktführer ist Wepa hingegen erklärtermaßen und nach Angaben von IMS Health mit einigen seiner Produkte aus dem OTC-Segment, wie der heißen Zitrone mit Namen Apoday, der Pferdesalbe oder den Kalt-Warm-Kompressen. Auch die digitalen Blutdruckmessgeräte und die Fieberthermometer der Linie aponorm (800 000 Stück im vergangenen Jahr) sind aktuell Verkaufs-Spitzenreiter. Vor allem bei den frei verkäuflichen Nahrungsergänzungs- und Diätprodukten (sie heißen – natürlich apoday) bewegt sich Wepa im Einstiegspreissegment: „Wir möchten die Eigenmarke der Apotheken sein,“ sagt Marketingchef Cramer. 

20.000 Kunden, um die man sich kümmern muss

Insgesamt wirkt die Wettbewerbssituation teilweise so unübersichtlich wie das riesige Wepa-Sortiment: Denn viele Konkurrenten sind mit ihren Erzeugnissen auch in Apotheken vertreten. Doch das Massengeschäft läuft vielfach über Drogerien, den Sanitär-Fachhandel oder Elektronikmärkte. Das verkompliziert die Preispolitik. Auch ein Grund für Vollsortimenter Wepa, Serviceleistungen rund um die Apotheke zum wachsenden Geschäftszweig auszubauen. Die immer komplexere Labortechnik fordert zunehmend flankierende technische Wartungs- und Servicevereinbarungen. Sie bedeuten Zeitersparnis und Sicherheit. Wepa beschäftigt Experten für Labortechnik ebenso wie für Verkaufsförderung oder das Apotheken-Management. Hat man nur 20 000 Kunden, dann kann und muss man sich gut um sie kümmern: „Wir kennen die Herausforderungen für unsere Kunden sehr genau. Es sind schließlich letztlich auch unsere Herausforderungen,“ sagt Cramer. 

Darunter zählt man mit leichter Sorge zum Beispiel einen sachten aber stetigen Rückgang an in Apotheken hergestellten Rezepturen – automatisch ein Dämpfer für das Packmittelgeschäft. Technisch ist es vor allem die Digitalisierung, welche die Rahmenbedingungen für Wepa und seine Kunden verändern wird, glaubt man in Hillscheid. Rezeptur-Mischsysteme müssen Plausibilitäten prüfen und Mischverhältnisse zuverlässig digital speichern können. Themen wie eine lückenlose Dokumentation bei den Herstellungsverfahren, deren Speicherung und Nachverfolgbarkeit geraten zunehmend in den Mittelpunkt der Produktentwicklungen. Wie auch die Kunden, die in den Apotheken einkaufen – früher musste man sich mit ihnen allenfalls indirekt befassen. Heute hingegen wollen die Käufer von Blutdruckmessgeräten ihre Werte auf das Smartphone übertragen – oder direkt an den behandelnden Hausarzt. Schlankheitspräparate verkaufen sich leichter mit einer gleichnamigen Abnehm-App. „Es bietet sich an, hier in naher Zukunft auch etwas anzubieten,“ sagt Cramer. 

Deutlich weniger heterogen als seine Sortimente sind die Eigentumsverhältnisse beim pfälzischen Mittelständler: Seit Firmengründung sind alle Anteile fest in Familienbesitz. Die Führung obliegt Familienmitgliedern – bereits in fünfter Generation. 



Sabine Rössing, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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