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In knapp vier Monaten wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Die Gegner des Rx-Versandverbotes meinen, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe kurz vor der Wahl in seiner Heimat keinen Krieg mit den Apothekern will und daher das Verbot vorantreibt. Das Wahlprogramm der NRW-CDU liefert für diese Argumentation allerdings wenig Beweise. Und auch alle anderen Parteien klammern die Apotheker weitestgehend aus.
2017 ist das, was viele Politiker ein „Superwahljahr“ nennen. Denn neben der Bundestagswahl im Herbst stehen weitere drei Landtagswahlen an: Anfang März sind die Bürger im Saarland zur Stimmabgabe aufgerufen, am 7. Mai dürfen die wahlberechtigten Bewohner Schleswig-Holsteins einen neuen Landtag wählen, und zehn Tage später folgt dann die Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands (knapp 22 Prozent der deutschen Bevölkerung leben in NRW). Derzeit regieren zwischen Rhein und Ruhr SPD und Grüne, in der Opposition sind die CDU, die FDP und die Piratenpartei.
Die Landtagswahl ist auch für die Apotheker von großer Bedeutung: Die Stimmen aus NRW spielen im Bundesrat eine wichtige Rolle. Wahrscheinlich ist, dass beispielsweise das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz mit den Honorarerhöhungen für Apotheker im Rezeptur- und BtM-Bereich in der Länderkammer schon von den neuen NRW-Vertretern in der Länderkammer diskutiert wird. Sollte es vom Bundeskabinett beschlossen werden, dürfte auch das vom Bundesgesundheitsministerium geplante Rx-Versandverbot im Sommer im neu zusammengesetzten Bundesrat landen.
Apotheker müssten zufrieden sein mit Rot-Grün
Die Apotheker dürften ein Interesse daran haben, dass sich an der derzeitigen Besetzung der NRW-Landesregierung wenig ändert. Die Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ist ein bekennender Freund der Apotheke vor Ort und hat sich in den vergangenen Wochen deutlich auf die Seite der Pharmazeuten gestellt. Erst kürzlich erklärte sie beispielsweise, dass der Versandhandel aus ihrer Sicht eine untergeordnete Rolle in der Arzneimittelversorgung spielt. Und auch die SPD in NRW vertritt derzeit viele Positionen, die den Apothekern gefallen dürften. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Michael Scheffler, erklärte im Interview mit DAZ.online, dass seine Fraktion – entgegen der Meinung der SPD-Bundestagsfraktion – geschlossen für ein Rx-Versandverbot sei und dass die Apotheke vor Ort unbedingt geschützt werden müsse, um die Landversorgung aufrechtzuerhalten.
In die Wahlprogramme der Parteien in Nordrhein-Westfalen
haben es die Apothekenthemen aber nicht geschafft. Im SPD-Programm „Der
NRW-Plan“ kommt das Wort Apotheke kein einziges Mal vor. Um die Versorgung auf
dem Land sicherzustellen, will die Partei von Ministerpräsidentin Hannelore
Kraft allerdings „mobile Arztpraxen“ einrichten. Der Regierungspartner der SPD erwähnt
die Pharmazeuten wenigstens am Rande. Zwar will die Öko-Partei gemeinsam mit
Apothekern und Kliniken ein „Rückgabesystem“ für abgelaufene Medikamente testen
und mit Apothekern und Ärzten ein Beratungssystem zur Umweltverträglichkeit von
Medikamenten entwickeln. Zu den aktuellen politischen „Brennpunkten“ im
Apothekenbereich äußern sich die Grünen allerdings nicht.
CDU will freie Berufe stärken
Der Landesvorstand der NRW-CDU hat auch schon einen Leitantrag zum Wahlprogramm beschlossen, der unter dem Titel „Zuhören. Entscheiden. Handeln.“ läuft. Anfang April kann dieser Leitantrag und somit das Wahlprogramm der Christdemokraten allerdings noch durch Änderungsanträge auf dem Landesparteitag ergänzt werden. Im Gegensatz zu den anderen Parteien enthält das Programm der CDU ein explizites Bekenntnis zu den freien Berufen. Im Leitantrag heißt es: „In Nordrhein-Westfalen gibt es 274.000 selbstständige Freiberufler. Insgesamt beschäftigen sie in ihren Apotheken, Büros, Kanzleien und Praxen 730.500 Erwerbstätige. Insgesamt sind knapp 1 Million Menschen in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Freien Berufe tätig. Gerade für den ländlichen Raum sind sie ein unverzichtbarer Teil der Infrastruktur.“ Und weiter: „Wir setzen uns für eine Stärkung des Selbstverwaltungsprinzips sowie die Beibehaltung des Fremdkapitalverbots und der Kosten- und Gebührenordnungen ein.“ Außerdem will die NRW-CDU im nächsten Wirtschaftsministerium ein eigenes Referat für die freien Berufe schaffen. Von einer konkreten Ansage in Sachen Versandhandel oder Wettbewerb im Apothekenmarkt nimmt allerdings auch die CDU Abstand.
Obwohl NRW-FDP-Fraktionschef Christian Lindner nach dem EuGH-Urteil zur Preisbindung mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt forderte, schweigen auch die Freien Demokraten zu den wichtigen Apothekenthemen. In ihrem Wahlprogramm hält die FDP lediglich fest, dass sie die kontrollierte Abgabe von Cannabis in Apotheken unterstützt. Um die ärztliche Landversorgung sicherzustellen, sollen Ärzte aus Sicht der FDP zudem von Bürokratie befreit werden. In den Umfragen steht die FDP derzeit zwischen 5 und 7 Prozent. Die Piratenpartei hingegen dürfte nicht mehr im nächsten Landtag vertreten sein. Ihre Umfragewerte liegen derzeit sogar unter der 1-Prozent-Marke. Das Wahlprogramm der Internet-Partei enthält aber auch keine konkreten Punkte zum Apotheken- und Pharmamarkt.
So wie die FDP rangiert auch die Linke, die derzeit nicht im Landtag vertreten ist, zwischen 5 und 7 Prozent in den Wahlumfragen. Die Linke hat von allen Parteien das umfangreichste Wahlprogramm-Kapitel zum Thema Gesundheit. Darin spricht sich die Partei für eine wohnortnahe Apothekenversorgung aus. Außerdem könnten Apotheker nach den Vorstellungen der Linken Aufgaben in der Prävention übernehmen. Welche Rolle die Pharmazeuten dabei übernehmen sollen, wird aber nicht genauer beschrieben. Auch zu den Themen Versandhandel und Apothekenhonorar schweigt die Linke.
AfD könnte in Nordrhein-Westfalen drittstärkste Kraft werden
Die Alternative für Deutschland (AfD) könnte drittstärkste Kraft im neuen Düsseldorfer Landtag werden, derzeit rangiert die rechtspopulistische Partei jedenfalls zwischen 10 und 13 Prozent in den Umfragen. Auch die AfD spricht keine Apothekenthemen in ihrem Wahlprogramm an. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Partei explizit den Erhalt der Freiberuflichkeit fordert – allerdings nur für Ärzte.
Dass die Parteien die politisch brisanten Themen aus dem Apothekenmarkt ausklammern, kann mehrere Gründe haben. Erstens ist den NRW-Politikern natürlich klar, dass Gesundheitsgesetze größtenteils auf Bundesebene gemacht werden. Die Länder haben schlichtweg wenig Einfluss auf die Frage, ob ein Rx-Versandverbot kommt oder nicht. Außerdem dürften die Arbeitsprozesse der Wahlprogramme der NRW-Parteien teilweise schon vor dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung begonnen haben. Welche Rolle beispielsweise das Rx-Versandverbot im NRW-Wahlkampf spielen wird, dürfte sich also in den nächsten Wochen noch klarer herausstellen.
3 Kommentare
Auf die Piraten sollte man setzen
von Thomas Ganskow am 23.02.2017 um 14:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Wohnen Sie auf dem Land? Kennen Sie die Branche?
von Albert Bonell am 30.03.2017 um 15:57 Uhr
AW: Nachtrag: Auf die Piraten sollte man setzen
von Albert Bonell am 30.03.2017 um 16:19 Uhr
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