Wahlprogramme

Keine Apothekenthemen für NRW-Landtagswahl

Berlin - 21.02.2017, 10:45 Uhr

Neue Besetzung: Mitte Mai wählt Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Welchen Kurs schlägt die neue Regierung bei den Apothekenthemen ein? (Foto: dpa)

Neue Besetzung: Mitte Mai wählt Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Welchen Kurs schlägt die neue Regierung bei den Apothekenthemen ein? (Foto: dpa)


CDU will freie Berufe stärken

Der Landesvorstand der NRW-CDU hat auch schon einen Leitantrag zum Wahlprogramm beschlossen, der unter dem Titel „Zuhören. Entscheiden. Handeln.“ läuft. Anfang April kann dieser Leitantrag und somit das Wahlprogramm der Christdemokraten allerdings noch durch Änderungsanträge auf dem Landesparteitag ergänzt werden. Im Gegensatz zu den anderen Parteien enthält das Programm der CDU ein explizites Bekenntnis zu den freien Berufen. Im Leitantrag heißt es: „In Nordrhein-Westfalen gibt es 274.000 selbstständige Freiberufler. Insgesamt beschäftigen sie in ihren Apotheken, Büros, Kanzleien und Praxen 730.500 Erwerbstätige. Insgesamt sind knapp 1 Million Menschen in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Freien Berufe tätig. Gerade für den ländlichen Raum sind sie ein unverzichtbarer Teil der Infrastruktur.“ Und weiter: „Wir setzen uns für eine Stärkung des Selbstverwaltungsprinzips sowie die Beibehaltung des Fremdkapitalverbots und der Kosten- und Gebührenordnungen ein.“ Außerdem will die NRW-CDU im nächsten Wirtschaftsministerium ein eigenes Referat für die freien Berufe schaffen. Von einer konkreten Ansage in Sachen Versandhandel oder Wettbewerb im Apothekenmarkt nimmt allerdings auch die CDU Abstand.

Obwohl NRW-FDP-Fraktionschef Christian Lindner nach dem EuGH-Urteil zur Preisbindung mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt forderte, schweigen auch die Freien Demokraten zu den wichtigen Apothekenthemen. In ihrem Wahlprogramm hält die FDP lediglich fest, dass sie die kontrollierte Abgabe von Cannabis in Apotheken unterstützt. Um die ärztliche Landversorgung sicherzustellen, sollen Ärzte aus Sicht der FDP zudem von Bürokratie befreit werden. In den Umfragen steht die FDP derzeit zwischen 5 und 7 Prozent. Die Piratenpartei hingegen dürfte nicht mehr im nächsten Landtag vertreten sein. Ihre Umfragewerte liegen derzeit sogar unter der 1-Prozent-Marke. Das Wahlprogramm der Internet-Partei enthält aber auch keine konkreten Punkte zum Apotheken- und Pharmamarkt.

So wie die FDP rangiert auch die Linke, die derzeit nicht im Landtag vertreten ist, zwischen 5 und 7 Prozent in den Wahlumfragen. Die Linke hat von allen Parteien das umfangreichste Wahlprogramm-Kapitel zum Thema Gesundheit. Darin spricht sich die Partei für eine wohnortnahe Apothekenversorgung aus. Außerdem könnten Apotheker nach den Vorstellungen der Linken Aufgaben in der Prävention übernehmen. Welche Rolle die Pharmazeuten dabei übernehmen sollen, wird aber nicht genauer beschrieben. Auch zu den Themen Versandhandel und Apothekenhonorar schweigt die Linke.

AfD könnte in Nordrhein-Westfalen drittstärkste Kraft werden

Die Alternative für Deutschland (AfD) könnte drittstärkste Kraft im neuen Düsseldorfer Landtag werden, derzeit rangiert die rechtspopulistische Partei jedenfalls zwischen 10 und 13 Prozent in den Umfragen. Auch die AfD spricht keine Apothekenthemen in ihrem Wahlprogramm an. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Partei explizit den Erhalt der Freiberuflichkeit fordert – allerdings nur für Ärzte.

Dass die Parteien die politisch brisanten Themen aus dem Apothekenmarkt ausklammern, kann mehrere Gründe haben. Erstens ist den NRW-Politikern natürlich klar, dass Gesundheitsgesetze größtenteils auf Bundesebene gemacht werden. Die Länder haben schlichtweg wenig Einfluss auf die Frage, ob ein Rx-Versandverbot kommt oder nicht. Außerdem dürften die Arbeitsprozesse der Wahlprogramme der NRW-Parteien teilweise schon vor dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung begonnen haben. Welche Rolle beispielsweise das Rx-Versandverbot im NRW-Wahlkampf spielen wird, dürfte sich also in den nächsten Wochen noch klarer herausstellen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Auf die Piraten sollte man setzen

von Thomas Ganskow am 23.02.2017 um 14:08 Uhr

Während dieser Artikel feststellt, dass die Piraten wohl nicht mehr im nächsten Landtag NRW vertreten sein werden und bemängelt, dass sich in ihrem Programm das Wort "Apotheke" nicht findet, verpasst er es andererseits, sich mit der Programmatik der Piraten im allgemeinen auseinanderzusetzen.

Denn sie stehen für eine evidenzbasierte Medizin und die geht nun mal nicht mit Globoli und Co, sondern nur mit pharmazeutischer Medizin. Und ist damit ein eindeutiger Ausdruck für die Existenzberechtigung von Apotheken.

Dass diese nicht zwangsläufig nur aus Präsenzapotheken bestehen müssen, liegt allerdings auf der Hand. Denn immer mehr Menschen, die auf Medikamente angewiesen sind, sind nicht mehr so mobil, tatsächlich auch Präsenzapotheken aufsuchen zu können. Gerade im ländlichen Bereich, der infrastrukurell immer weiter ins Hintertreffen gerät ist dies mit Problemen verbunden, die nur schwer überwindbar sind.

Hier heißt es für die Präsenzapotheken die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Versandapotheken als gleichwertigen Wettbewerber zu sehen. Dem man eben damit begegnen kann, auch Medikamente zu versenden oder zuzustellen, statt darauf zu warten, dass sie abgeholt werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Wohnen Sie auf dem Land? Kennen Sie die Branche?

von Albert Bonell am 30.03.2017 um 15:57 Uhr

Wohnen Sie auf dem Land? Diese Mähr, nur der Versand könnte die Landbevölkerung versorgen wird immer wieder in den Medien aufgegriffen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Die Förderung des Versandes zerstört immer mehr die Versorgungsstrukturen und Arbeitsplätze auf dem Land.

Die meisten Landapotheken bieten schon seit Jahren Botendienst an, holen Rezepte, kommunizieren mit den Ärzten und liefern Medikamente aus. Das alles schnell und unkompliziert, komfortabler als das ein Versender könnte.

Das alles kostet Geld und macht Arbeit. Und diese muss auch bezahlt werden. Das EUGH-Urteil bevorteilt ausländische Versender, die sich nur die lukrativen Teile des Geschäfts herauspicken. Die mittelständischen Apotheken behalten die kostenintensiven Aufgaben ohne auskömmliche Vergütung.

Durch das EUGH-Urteil wurden die fairen Wettbewerbsbedinungen gekippt. Die meisten Apotheken sind nicht begeistert von der Variante, aber eine Rückführung des Versandhandels auf freiverkäufliche Medikamente der einzig verlässliche Weg, die Versorgungsstrukturen zu erhalten.

Zumal die Krankenkassen bereits durch Exklusivverträge mit den Versendern versuchen, die Präsenzapotheken von der Versorgung auszuschließen.

Es gilt, zeitnah zu Handeln sonst wird unser Gesundheitssystem nachhaltigen Schaden nehmen.

Nehmen Sie sich ein paar minuten Zeit und recherchieren Sie, was in anderen Ländern die Folgen der Liberalisierung des Apothekenmarktes sind. Ich kenne nur Beispiele, in denen es langfristig teurer und der service schlechter wurde. Aber ich lasse mich belehren.

AW: Nachtrag: Auf die Piraten sollte man setzen

von Albert Bonell am 30.03.2017 um 16:19 Uhr

"Hier heißt es für die Präsenzapotheken die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Versandapotheken als gleichwertigen Wettbewerber zu sehen."

Wären die Versender gleichwertige Mitbewerber, würde es das Problem und die Bestrebungen nicht geben. Das war 13 Jahre lang der Fall.
Aber das hat den Versendern nicht gereicht, deshalb hat der EUGH beschlossen, dass ausländische Versender "benachteiligt" sind, wenn sie sich an deutsches Recht halten müssen - deswegen gilt die AMPrV für deutsche Apotheken im Ein- und Verkauf, für ausländische Versender aber nicht. Das hat nichts mit Protektionismus sondern mit fairem Handel zu tun.
Würden die Deutschen Apotheken auch Einkaufskonditionen mit bis zu 30% Rabatt bekommen und keine Gewerbesteuer Zahlen wäre der Wettbewerb kein Problem. Beides ist aber für Inländer juristisch nicht möglich.

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