Aus der Traum

Kriege verhindern die Ausrottung von Polio

Berlin - 03.01.2017, 10:00 Uhr

Nicht nur eine logistische Herausforderung: Impfaktion der Unicef in Pakistan. (Foto: dpa)

Nicht nur eine logistische Herausforderung: Impfaktion der Unicef in Pakistan. (Foto: dpa)


Syrien hatte eine Polio-Impfquote von 90 Prozent

In Deutschland liegt die Polio-Durchimpfungsrate heute bei 95 Prozent. „Das reicht gerade so, damit sind wir auf der relativ sicheren Seite“, sagt RKI-Expertin Diedrich. „Je mehr wir an die 100 Prozent rankommen, desto besser wäre es.“

Denn das Bild kann sich rasch ändern. Auch Syrien habe Polio-Impfquoten von an die 90 Prozent gehabt, berichtet Diedrich. Innerhalb weniger Monate fiel die Quote in den Kriegswirren auf 60 Prozent. Das Ergebnis war ein Polioausbruch 2013/14. Die Hilfswerke haben das nicht hingenommen. „Mitten im Bürgerkrieg sind Millionen Kinder geimpft worden“, berichtet Tarneden. „In allen Landesteilen außer den IS-Hochburgen.“ Auch Menschen, die nun aus dem umkämpften Mossul im Irak fliehen, bekämen die Impfungen sofort angeboten.

Unicef: Große logistische Herausforderung

In Afghanistan und Pakistan ist es bisher noch nie gelungen, die einheimischen Polio-Fälle vollends zurückzudrängen. Sie waren 2015 die weltweit einzigen beiden Länder mit Polio-Ansteckungen. Auch 2016 gab es dort Infektionen. Das liegt nicht allein an schwer zugänglichen Regionen. Terroristische Führer politisieren den Gesundheitsschutz. Sie behaupteten zum Beispiel, die Impfung sei mit HIV infiziert oder mache unfruchtbar. In Nigeria verbot die Terrormiliz Boko Haram Impfungen generell. Hier traten 2016 nach einem Jahr Pause wieder Fälle auf.

Für Unicef ist das Impfprogramm, bei dem schon Helfer angegriffen und getötet wurden, in diesen Ländern weit mehr als eine logistische Herausforderung. „Heute überzeugen wir in Afghanistan vorher die religiösen Führer einer Region“, sagt Tarneden. „Später gehen einheimische Helfer von Haus zu Haus und der Muezzin ruft mit dem Megafon zum Termin.“ Das sorge für Vertrauen. Helfer böten Eltern mit der Impfung oft auch einen Gesundheitscheck ihrer Kinder an. Das sei in armen Regionen ein willkommenes Angebot, ergänzt der Sprecher.

Europa gilt seit 2002 als frei von Kinderlähmung. Es gab zwar 2015 zwei gemeldete Fälle aus der Ukraine. Sie wurden jedoch nicht durch zirkulierende Viren ausgelöst sondern von einem Lebendimpfstoff. In Deutschland werden solche Polio-Impfstoffe nicht mehr verwendet.



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