Verräterische Schweißspuren

Handydisplay zeigt Adhärenz

San Diego - 15.11.2016, 07:00 Uhr

Spuren auf dem Handydisplay verraten eine Menge über den Lebensstil des Benutzers – Ärzte und Apotheker könnten mittels eines neuen Verfahrens in Zukunft vielleicht einfach feststellen, ob ein Patient seine Medikamente nimmt und verträgt. (Foto: Tanusha / Fotolia)

Spuren auf dem Handydisplay verraten eine Menge über den Lebensstil des Benutzers – Ärzte und Apotheker könnten mittels eines neuen Verfahrens in Zukunft vielleicht einfach feststellen, ob ein Patient seine Medikamente nimmt und verträgt. (Foto: Tanusha / Fotolia)


Sonnencreme oder Arzneimittel – Spuren dessen, was ein Mensch im Alltag benutzt, finden sich in seinem Schweiß und somit auch auf dem Handydisplay wieder. Forscher sehen Anwendungen für die Kriminalistik vor, aber auch in der Medizin könnten sie von Nutzen sein. 

Chemische Spuren auf Mobiltelefonen verraten etwas über den Lebensstil des Besitzers. Ein Team um Pieter Dorrestein von der University of California, San Diego (US-Staat Kalifornien/USA) hat ein Verfahren entwickelt, das Rückschlüsse darauf zulässt, welche Medikamente oder Cremes ein Handynutzer gebraucht. Die Forscher sehen eine künftige Anwendung beispielsweise in der Kriminaltechnik. So könnten Ermittler etwa den Kreis derer eingrenzen, denen ein am Tatort gefundenes Telefon gehört. Sie stellten ihre Untersuchung im Fachmagazin „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) vor.

Rückschlüsse auf den Lebensstil möglich

„All die chemischen Spuren auf unseren Körpern können auf Gegenstände übertragen werden“, wird Dorrestein in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Mikroskopisch kleine Mengen Schweiß bleiben am Handy oder auf anderen persönlichen Dingen hängen und die darin vorhandenen chemischen Substanzen können durch Massenspektrometrie ermittelt werden. Dabei werden die Massen einzelner Moleküle gemessen und einem chemischen Stoff zugeordnet. Wenn man weiß, wo dieser Stoff im Alltag eines Menschen vorkommt, erfährt man etwas über dessen Lebensstil.

Dorrestein und Kollegen nahmen mit Tupfern Proben von 39 Freiwilligen: je zwei Proben von der Vorder- und Rückseite des Handys, drei Proben von der Handinnenfläche und je eine Probe der Fingerspitzen. Bei der Untersuchung stellten sie fest, dass die Handproben deutlich mehr Substanzen enthielten als die Handyproben. Dennoch waren die chemischen Profile der Hand- und Handyproben ähnlich genug, um jedes Handy seinem Besitzer zuordnen zu können.

Arzneistoffspuren lassen auf Adhärenz schließen

Auch die übrigen Probanden bescheinigten, dass die gefunden Substanzen zu ihrem Lebensstil passen. So konnten Koffein und Bestandteile von Pfeffer und Chili nachgewiesen werden. Weiterhin waren unter den Chemikalien auch eine Substanz, die als Antidepressivum eingesetzt wird, ein Inhaltsstoff eines Haarwuchsmittels und ein Antimykotikum.

Dorrestein und Kollegen schlagen deshalb auch eine Anwendung von chemischen Profilen in der Medizin vor: Ohne Blutuntersuchung könnte festgestellt werden, ob die Patienten ihre Medikamente nehmen oder wie sie darauf reagieren. Auch Schadstoffe, denen ein Mensch ausgesetzt ist, könnten auf diese Weise entdeckt werden.

Wie groß das Potenzial des Verfahrens noch ist, zeigt sich darin, dass in der Studie lediglich 2,3 Prozent der gefundenen Stoffe einer Referenz in einer Datenbank zugeordnet werden konnten. Das Team um Dorrestein plädiert deshalb dafür, die vorhandenen Datenbanken zusammenzuführen und zu erweitern. Das Ziel der Forscher ist ein Verfahren, das eine bestimmte Kombination chemischer Stoffe automatisch bestimmten Gewohnheiten und Lebensstilen zuordnet.


Stefan Parsch, dpa
redaktion@daz.online


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