Berichte

Analytik flüchtiger Pflanzeninhaltsstoffe im Wandel der Zeit

Am 17. November 2002 feierte Prof. Dr. Ewald Sprecher, langjähriger Ordinarius für Pharmazeutische Biologie an der Universität Hamburg, seinen 80. Geburtstag. Am 19. November ehrte die Landesgruppe der DPhG ihren früheren Vorsitzenden mit einer Festveranstaltung im Institut für Pharmazie der Universität Hamburg.

In einer sehr persönlichen Laudatio würdigte Prof. Dr. Elisabeth Stahl-Biskup, Hamburg, das Lebenswerk des sehr agilen Jubilars. Als akademische "Enkelin" Sprechers – ihre Dissertation wurde von Prof. Dr. Karl-Heinz Kubeczka betreut, der wiederum ein Doktorand Sprechers war – ließ sie dabei etliche persönliche Erlebnisse einfließen. Sie betonte seine Ausgeglichenheit und sein Verständnis für junge Menschen.

Stahl-Biskup verwies auf ihre Laudatio in der DAZ 46 (S. 145 f.) und ergänzte einige Hintergrundinformationen. Sie belegte die glückliche Kindheit des Jubilars in Kupferzell durch Fotos. Im Kontrast dazu stand die Zeit des Krieges und der amerikanischen Gefangenschaft. Dort hatte sich Sprecher für den Sanitätsdienst gemeldet und war durch einen Zufall in die Apotheke geraten, was den Anlass für seine spätere Berufswahl gab.

In der abgedruckten Laudatio sei zu korrigieren, dass Sprecher für Studium, Promotion und Habilitation insgesamt nur zehn Jahre benötigte. In der Zeit als Doktorand lernte er auch die Studentin Helga Mohr kennen, die er 1955 heiratete. 1956 wurde der Sohn Wolfram geboren.

Von der Botanik zur Pharmazeutischen

Biologie

Nachdem seine akademische Laufbahn in Karlsruhe begonnen hatte, erhielt Sprecher 1968 den Ruf nach Hamburg. Dort war die damalige Pharmakognosie in sehr beengten Verhältnissen in der Angewandten Botanik untergebracht. Sprecher setzte den Umzug in damals moderne Räume durch und entwickelte das Fach zu einer selbstständigen Abteilung für Pharmazeutische Biologie mit hohem Ansehen. Er betreute 35 Doktoranden und publizierte über 100 Arbeiten.

Über Hamburg hinaus habe er sich Verdienste in diversen Fachgesellschaften erworben. Besonders hob Stahl-Biskup seinen Einsatz beim Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen hervor. Es sei ihm wesentlich zu danken, dass das zweite Staatsexamen an den Universitäten gehalten werden kann und nicht nach dem Multiple Choice-Verfahren stattfindet.

Flüchtige Stoffe in Pilzen und höheren Pflanzen

Als der Jubilar 1968 an die Universität Hamburg kam, folgte ihm sein damaliger Assistent Kubeczka, der Anfang der Siebzigerjahre eine Professur in Würzburg erhielt und 1988 nach der Emeritierung Sprechers sein Nachfolger im Amt wurde. Aus Anlass des Geburtstages seines akademischen Lehrers hielt Prof. Dr. Karl-Heinz Kubeczka bei der Veranstaltung den Festvortrag. Er stellte neuere Methoden bei der Untersuchung flüchtiger Stoffwechselprodukte von Pflanzen und Mikroorganismen vor.

Das Thema ist eng mit der wissenschaftlichen Arbeit beider Professoren verbunden. Sprecher hatte sich insbesondere mit flüchtigen Inhaltsstoffen von Mikroorganismen und Pilzen, Kubeczka mit denen höherer Pflanzen befasst. Insgesamt sind etwa 5 000 verschiedene flüchtige Terpenoide bekannt. Niedere Pflanzen geben diese an ihre Umgebung, d. h. an die Luft oder das flüssige Substrat ab, in höheren Pflanzen werden sie dagegen in mikroskopisch erkennbaren Strukturen akkumuliert.

Head Space-Analyse und SPME

Die Anfänge der Head Space (Kopfraum)-Analyse zur Untersuchung der flüchtigen Inhaltsstoffe von Mikroorganismen werden zumeist auf die Siebzigerjahre datiert, doch hat Sprecher seine ersten Arbeiten nach diesem Prinzip bereits 1963 publiziert. Heute lassen sich die Proben für die gaschromatographische Untersuchung einfacher durch solide phase microextraction (SPME) gewinnen.

Dabei binden die flüchtigen Substanzen an eine Quarzfaser, die vorzugsweise mit Polydimethylsiloxan (PDMS) beschichtet ist und in den Kopfraum über dem Probenmaterial oder in das flüssige Substrat gehalten wird. Die Faser ist an der Spitze einer Injektionsnadel anbracht. Sie kann zum Schutz in die Nadel eingezogen und später im Gaschromatographen wieder ausgefahren werden.

So ist eine lösemittelfreie Extraktion auch aus verdünnten wässrigen Lösungen möglich. Außerdem können berührungsfrei Proben genommen werden, wenn die Faser in die unmittelbare Nähe des Untersuchungsmaterials gehalten wird, beispielsweise an die Blüten stark riechender Pflanzen. So können auch lebende Pflanzen untersucht werden.

Mit dieser Methode konnten unerwartete Inhaltsstoffe in Pilzen gefunden werden. In zahlreichen höheren Pflanzen wurden die gleichen Inhaltsstoffe wie durch Wasserdampfdestillation nachgewiesen, allerdings teilweise in anderen Konzentrationen. Denn die Anreicherung der Substanzen im Kopfraum über der Probe hängt nicht nur von der Konzentration in der Probe, sondern auch vom Dampfdruck der Substanz ab. Doch werden auch hochsiedende Verbindungen in hohen Konzentrationen gefunden. Dabei ist das Verfahren weitaus einfacher als konkurrierende Methoden.

Durch das sehr zielgenaue Verfahren lassen sich auch ausgewählte Strukturen untersuchen. So wurde beispielsweise der Inhalt der Ölbehälter der Limette (Citrus aurantiifolia) analysiert. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die Cumarine in der Limette aus dem Öl und nicht aus der Schale oder anderen Strukturen stammen.

In den Drüsenschuppen von Basilikum werden mit diesem Verfahren Eugenol-Konzentrationen gefunden, die deutlich von den Analysen nach Wasserdampfdestillation abweichen. Denn Eugenol wird zum Teil mit dem Wasser wegtransportiert. Die Adsorption an der Faser liefert demnach das "richtigere" Ergebnis.

Weiterentwicklung des Verfahrens

Das Verfahren lässt sich weiter ausbauen, indem zeitgesteuert einzelne Peaks der gaschromatographischen Trennung aufgefangen und dann in einer anderen Säule erneut getrennt werden. Dies kann beispielsweise eine chirale Säule zur Enantiomerentrennung sein. Kubeczka nannte dies die zweidimensionale Gaschromatographie "des armen Mannes", die ohne teure Steuerung auskomme.

Eine der Grenzen des Verfahrens liegt im Verteilungsverhältnis zwischen dem PDMS und dem Substrat. Angesichts der geringen PDMS-Mengen an der Faser ist dies ungünstig, doch lassen sich bei der stir bar sorptive extraction (SBSE) größere Mengen des Sorptionsmittel in den Probenraum einbringen, sodass sich ein günstigeres Phasenverhältnis ergibt.

Dabei wird ein Magnetrührstab in ein Glasrohr eingeschmolzen und dieses mit der Sorptionsschicht überzogen. Wegen der vergleichsweise dicken Polymerschicht muss der Stab zur Desorption lange gerührt werden. Außerdem sind Gaschromatographen erforderlich, bei denen die Probe zunächst am Anfang der Säule festgefroren werden kann.

Die neuesten Entwicklungen der Gaschromatographie zielen insbesondere darauf ab, die Proben schneller zu verarbeiten. Dabei werden schnelle und ultra-schnelle Verfahren unterschieden. Letztere durchlaufen eine Temperaturdifferenz von etwa 200 °C pro Minute.

Eine Alternative zur Gaschromatographie bietet die Detektion durch Kernresonanzspektroskopie. Diese eignet sich insbesondere für thermolabile Öle oder für Gemische, die teilweise nicht flüchtig sind. Als Beispiel nannte Kubeczka Majoranöl, von dem meist nur Artefakte analysiert werden. Denn seine thermolabilen Inhaltsstoffe würden meist durch die Wasserdampfdestillation oder sonst spätestens durch die Gaschromatographie umgewandelt.

Doch hat das Verfahren auch Nachteile, wie das Beispiel des Cigar Box Tree, Cedrela odorata (Meliaceae), zeigt. Das Öl dieses Baumes, dessen Holz in den Tropen zur Fertigung von Zigarrenkisten dient, ist sehr komplex zusammengesetzt. Es enthält etwa 80 verschiedene Substanzen in Konzentrationen von jeweils über 0,1%. Die Kernresonanzspektroskopie bietet wohl durchaus eine hinreichende Auflösung, um die Peaks zu unterscheiden, doch können die vielen Peaks der einzelnen Kohlenstoffatome kaum noch einzelnen Verbindungen zugeordnet werden. Zudem fehlen Referenzspektren, die unter gleichen Bedingungen vermessen wurden.

Gratulation der DPhG

Im Anschluss an den Festvortrag gratulierte Prof. Dr. Hans-Jürgen Duchstein als Vorsitzender der DPhG-Landesgruppe Hamburg dem Jubilar. Er verlas die Grüße des DPhG-Vorsitzenden Prof. Dr. Theodor Dingermann, der Sprecher als Garant für die Interdisziplinarität der Pharmazie würdigte. Er habe zudem stets dafür gesorgt, dass die Pharmazeutische Biologie in der DPhG gut vertreten sei.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.