Pro Generika zum Pharma-Gesetz

Weniger Retax-Stress durch Mehrfachvergaben

Berlin - 15.08.2016, 16:30 Uhr

Für alle gut: Der Branchenverband Pro Generika meint, dass sowohl Apotheker als auch Krankenkassen profitieren würden, wenn nur noch mehrfach ausgeschrieben würde. (Foto: Sket)

Für alle gut: Der Branchenverband Pro Generika meint, dass sowohl Apotheker als auch Krankenkassen profitieren würden, wenn nur noch mehrfach ausgeschrieben würde. (Foto: Sket)


Entschärfung des Retax-Konfliktes

Laut Pro Generika würden nicht nur die Generika-Hersteller von Mehrfachvergaben profitieren, sondern auch die Apotheken. Denn diese könnten bei Lieferunfähigkeit einfach das Präparat eines anderen bezuschlagten Unternehmens abgeben. „Damit würde zusätzlich die Diskussion um Retaxierungen bei Lieferengpässen entschärft“, erklärt der Branchenverband. Sogar für die Krankenkassen hätten die Mehrpartner-Modelle Vorteile, gibt Pro Generika an – und das sogar für die bei Rabattverträgen federführende Ortskrankenkasse, die AOK Baden-Württemberg.

Die hatte in den vergangenen Wochen nämlich einen Konflikt mit dem Generika-Unternehmen Mibe, das der AOK in einer Ausschreibung eine Anti-Baby-Pille zum Null-Tarif angeboten hat. Die AOK musste den Zuschlag erteilen, befand ein Gericht. Durch die Mehrfachvergabe würden solche „vergaberechtlichen Unschärfen bei Unterkosten-Angeboten“ beseitigt, so Pro Generika. Wie der Fall „Mibe“ gezeigt habe, gebe es derzeit keine vergaberechtliche Handhabe gegen Unterkostenangebote.

Ein Dorn im Auge ist den Generika-Herstellern das überraschend in den Referentenentwurf gerutschte Preismoratorium für Pharmahersteller. Das BMG plant, die Preissperre für Hersteller vorzeitig bis 2022 zu verlängern. Pro Generika ist verärgert: Das Preismoratorium als solches sei ohnehin „willkürlich“. Zudem stelle es noch einen „erheblichen Eingriff in die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit der pharmazeutischen Unternehmen“ dar.

Generika-Hersteller verärgert über Preisstopp-Verlängerung

Die Fortführung des Preisstopps hätte laut dem Branchenverband zur Folge, dass den Generika-Herstellern über einen Zeitraum von 13 Jahren und fünf Monaten die Möglichkeit verwehrt wird, ihre Preise anzupassen. „Dies ist angesichts der seit Jahren steigenden Ausgaben für Energie, Rohstoffe und Personal bei der Preisgestaltung nicht zumutbar.“ Erstmals will die Bundesregierung den Unternehmen allerdings erlauben, ihre Preise inflationsbedingt anzupassen. Pro Generika kritisiert allerdings, dass das „lediglich auf der Basis des Verbraucherpreisindexes“ möglich sei.

Der Verband stellt noch einige weitere Forderungen auf, die im Referentenentwurf nicht enthalten waren. Um Biosimilars zu stärken, sollten regionale Biosimilar-Zielvereinbarungen verstärkt genutzt werden. Ärzte sollten zudem umfassend über Biosimilars informiert und beraten werden. Pro Generika fordert zudem eine Abschaffung der Rabattverträge über Impfstoffe. Außerdem sprechen sich die Generika-Hersteller für eine komplette Streichung der Importquote aus. Diese sei nicht mehr zeitgemäß: Eine spezifische Förderung von Import-Medikamenten sei sowohl volkswirtschaftlich als auch aus Sicht der Krankenkassen nicht mehr erforderlich. Letztlich sollten importierte Wirkstoffe an europäische Vorgaben angepasst werden und Forschung und Entwicklung in Deutschland gestärkt werden.

Am 23. August werden die Fachverbände – darunter auch die ABDA – die Möglichkeit bekommen, ihre Vorstellungen mündlich im BMG vorzutragen. Nach nochmaligen Änderungen will das BMG den Gesetzentwurf dann im September dem Bundeskabinett zur Abstimmung vorlegen. Dann werden Bundestag und Bundesrat die Möglichkeit erhalten, ihre Vorstellungen in das Vorhaben einzuarbeiten. Im Frühjahr 2017 könnte das Gesetz in Kraft treten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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