Beratungs-Quickie

Schuppenflechte topisch therapiert

München / Stuttgart - 07.07.2016, 11:00 Uhr

Schuppende Haut und starker Juckreiz sind charakteristisch für Psoriasis. (Foto: vidady / Fotolia)

Schuppende Haut und starker Juckreiz sind charakteristisch für Psoriasis. (Foto: vidady / Fotolia)


Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Welche hilfreichen Tipps kann der Apotheker zu Arzneimitteln und Therapien geben? Im Beratungs-Quickie stellen wir jeden Donnerstag einen konkreten Patientenfall vor. Diesmal bekommt ein Patient zwei Dermatika gegen seine neu diagnostizierte Schuppenflechte.

Formalien-Check

Der Stammkunde mittleren Alters ist an der häufigsten Form der Schuppenflechte, der Psoriasis vulgaris, erkrankt. Er hat entzündliche Herde mit Schuppung an den typischen, sehr häufig erkrankten Körperstellen, den Armen und Beinen. 

Verordnet sind eine N3-Packung (120 Gramm) Psorcutan Beta® Salbe und eine Rezeptur: 50 Gramm Salicylvaseline 10 Prozent.

Das Rezept ist nicht vollständig. Die fehlenden Angaben zum Status und der Versichertennummer können durch die Apotheke ergänzt werden. Die Versichertennummer ist dann nicht zwingend erforderlich, wenn Name, Anschrift und Geburtsdatum des Patienten vollständig angegeben sind (vdek-Liefervertrag §4 Absatz 2). Die Änderungen sind zur Sicherheit mit Datum abzuzeichnen. 

Trotzdem sollte Rücksprache mit der Hautärztin gehalten werden. Der Grund: Das Arzneimittel Psorcutan Beta® Salbe ist außer Handel und nicht mehr in der Lauer-Taxe gelistet. Seit dem 1. Juni 2016 darf die Apotheke auf Kassenrezepten unter anderem Arzneimittel (Wirkstoff), Wirkstärke und Darreichungsform nach Rücksprache mit dem Arzt korrigieren beziehungsweise ergänzen. Der Ärztin wird vorgeschlagen, das aut-idem-konforme Substitut Daivobet® Salbe abzugeben. Die Praxis sollte dies für die nächste Verordnung vermerken. 

Rabattverträge existieren hier nicht, preisgünstige Importe sind zu beachten. Da das Originalpräparat  Daivobet® Salbe nicht in der Normgröße N3 auf dem Markt ist, ist im Vorfeld zu klären, ob ein Reimport in dieser Packungsgröße lieferbar ist. Stückeln, also die Abgabe von zweimal 60 Gramm Salbe, ist nicht erlaubt. Das verbietet der Rahmenvertrag § 6 Absatz 2, denn die Packungsgröße N3 ist in der Packungsgrößenverordnung definiert. Eine Möglichkeit für die Ärztin, dies zu umgehen, wäre eine reine Normgrößenverordnung Daivobet® Salbe 2 x N2" ohne Angabe der Menge. Die Regularien des Rahmenvertrages beziehen sich nämlich nur auf Mengenverordnungen (beziehungsweise bei abgeteilten Darreichungsformen Stückzahlverordnungen). Ist kein N3-Import verfügbar, darf ohne Rezeptänderung nur eine N2-Packung abgegeben werden.

Die AMVV fordert für in der Apotheke hergestellte Arzneimittel eine Gebrauchsanweisung. Die Retaxpraxis ist hier sehr unterschiedlich. Daher sollten Anwendungshinweise der Rezeptur erfragt und auf dem Rezept ergänzt werden. Nicht-rezeptpflichtige Rezepturen für Erwachsene können bei Ersatzkassen nur in Ausnahmefällen abgegeben werden, dazu zählen Rezepturen mit einem Salicylsäuregehalt von mindestens 2 Prozent.

Der Kunde ist gebührenpflichtig. Ab Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig.

Beratungs-Basics

Daivobet® Salbe besteht aus einer Kombination aus dem Vitamin-D3-Derivat Calcipotriol und dem stark wirksamen Glucocorticoid Betamethason. Das Arzneimittel ist indiziert zur Behandlung der Psoriasis vulgaris bei Erwachsenen, wenn eine topische Therapie angezeigt ist. Die Kombination wird vor allem zur Initialbehandlung einer neu aufgetretenen Psoriasis empfohlen. Der Wirkstoff Calcipotriol beeinflusst die Proliferation der Hautzellen, Betamethason wirkt der Entzündung entgegen.

Die Salbe wird einmal täglich auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen. Die maximale Tagesdosis beträgt 15 Gramm Salbe (1 Gramm Salbe entspricht ungefähr der Menge, die zur Behandlung von vier Handinnenflächen nötig ist), die maximal wöchentliche Dosis liegt bei 100 Gramm Salbe. Wegen der Gefahr einer systemischen Wirkung von Calcipotriol (Hyperkalzämie) darf diese Menge nicht überschritten werden. Der Kunde sollte nicht mehr als 30 Prozent der Körperfläche behandeln. 

Die Anwendung ist auf maximal vier Wochen begrenzt. Eine Wiederholungsbehandlung ist unter ärztlicher Kontrolle möglich.

Häufig treten lokale Reaktionen wie Juckreiz, Rötung und Brennen auf. Bei langer Anwendungsdauer ist eine Hautatrophie durch Betamethason möglich.

Salicylvaseline 10 Prozent besitzt eine stark keratolytische Wirkung und wird zum Lösen der Psoriasisplaques eingesetzt. Die Anwendung erfolgt einmal täglich abends, maximal eine Woche lang. Die gleichzeitige oder zeitversetzte Anwendung beider Arzneimittel ist nicht sinnvoll, da Salicylsäure Calcipotriol inaktiviert. Der Kunde hat von der Ärztin die Anweisung erhalten, erst drei Tage lang die Rezeptur aufzutragen und danach das Fertigarzneimittel bis zur Besserung der Symptome. Ein therapeutischer Effekt ist meist nach ein bis zwei Wochen sichtbar.

Bevor eine individuelle Rezeptur hergestellt wird, muss die Apotheke eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Bei Salicylvaseline 10 Prozent handelt es sich um eine standardisierte Rezeptur nach NRF 11.43., die als Plausibilitätsnachweis hinsichtlich galenischer Kompatibilität, ausreichender Stabilität, geeigneter Wirkstoffkonzentration und unbedenklicher Zusammensetzung gilt. Außerdem ist eine Herstellungsanweisung und ein Herstellungsprotokoll anzufertigen.

Bei der Herstellung von Rezepturen mit Salicylsäure sind, zur Erzielung geringer Teilchengrößen in halbfesten Zubereitungen, die Empfehlungen des Zentrallabors (ZL) zu beachten.

Auch noch wichtig

  • Der Kunde muss eine versehentliche Übertragung der Salben auf Gesicht, Mund, Augen oder Schleimhäute vermeiden.
  • Wegen der Gefahr einer verstärkten systemischen Resorption von Betamethason dürfen keine Okklusivverbände angewendet werden.
  • Wechselwirkungen mit verordneten Arzneimitteln und mit der Selbstmedikation sind zu beachten. Da Betamethason ein Glucocorticoid der Stärkeklasse drei darstellt, darf in der Selbstmedikation keine gleichzeitige Anwendung von Hydrocortisonsalben erfolgen.
  • Während der topischen Behandlung mit Calcipotriol sollte der Kunde eine übermäßige natürliche oder künstliche Sonnenbestrahlung vermeiden. Nur bei zunehmender Ausdehnung oder nicht ausreichendem Ansprechen kann der Arzt die äußerliche Therapie mit einer UV-Therapie kombinieren.
  • Falls der Kunde die Betamethason-haltige Salbe prompt absetzt, kann es zu einem Rebound-Phänomen kommen.

Darf`s ein bisschen mehr sein?

  • Bei (mittel-)schweren Formen der Schuppenflechte ist neben der äußerlichen eine systemische Therapie angezeigt. Auch Biologika können zum Einsatz kommen.
  •  Neben Licht- und Klimatherapie sowie psychotherapeutischer Unterstützung ist die Basistherapie mit guten Pflegesalben für die Zeit zwischen den Psoriasisschüben wichtig. Geeignet sind beispielsweise ph 5 Eucerin® Pflegesalbe, Linola® Fett Creme oder Harnstoff-haltige Cremes.
  • Wenn die betroffenen Hautstellen stark gereizt sind, können kühlende Lotionen wie Lotio alba aquosa oder Bepanthen® Schaumspray zur Anwendung kommen.
  • Auch Solebäder sind hilfreich.
  • Stress, Nikotin, Alkohol, Übergewicht und starke mechanische Belastungen der Haut haben nachweislich einen ungünstigen Einfluss.

Der Stammkunde reagiert unerwartet gelassen auf die Diagnose. Er wisse schon, dass die Krankheit nicht heilbar sei. Aber dafür ja gut behandelbar. Außerdem hänge durch den ärztlichen Befund der Haussegen endlich nicht mehr schief. Seine Frau könne ihm nun wegen der Hautveränderungen nicht weiterhin eine ansteckende Krankheit durch eine Liebelei unterstellen. Schließlich sei Schuppenflechte nicht übertragbar.



Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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