Serie: Die ganze Wahrheit über Retaxationen

Das Apotheker-Ranking: Die schlimmsten und die besten Krankenkassen

Stuttgart - 13.11.2015, 15:18 Uhr

BKK, AOK, Ersatzkassen: Das Ranking - wer ist die beliebteste Kassen der Apothekern? (Foto: pix4U / Fotolia)

BKK, AOK, Ersatzkassen: Das Ranking - wer ist die beliebteste Kassen der Apothekern? (Foto: pix4U / Fotolia)


Einzelne Krankenkassen befinden sich geradezu im „Retaxationswahn“, sie haben aus den Nullabsetzungen ein eigenes Geschäftsmodell gemacht, kritisieren viele Apotheker. Ist an den Vorwürfen etwas dran? Unsere Serie will Licht ins Retax-Dunkel bringen.

Im Auftrag des genossenschaftlichen Pharmagroßhändlers Noweda hat Professor Andreas Kaapke von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg fast 400 Apotheker zu Ausmaß, Begründung und finanziellen Auswirkungen der Retaxationen befragt. Die Ergebnisse zum Ausmaß und den Fehlerquellen haben wir in den ersten beiden Folgen dieser Serie vorgestellt. Im dritten Teil geht es um die Frage, inwiefern es Unterschiede zwischen dem Retaxationsgebaren verschiedener Krankenkassen gibt.

Die Apotheker wurden gebeten, drei Krankenkassen zu nennen, mit denen die Zusammenarbeit besonders konfliktbeladen ist. Dabei ging es nicht nur um Retaxationen, sondern beispielsweise auch um die Bewilligungspraxis in der Hilfsmittelversorgung. Die Anzahl der Nennungen der jeweiligen Kasse wurde gewichtet, um zu berücksichtigen, in welcher Reihenfolge die Apotheker die Kassen genannt hatten. Dafür wurde die Anzahl der Nennungen auf Platz Eins mit dem Faktor 3 und die Anzahl der Nennungen an zweiter Stelle mit 2 multipliziert; Nennungen an dritter Stelle wurden einfach gezählt. Anschließend wurden die gewichteten Nennungen addiert.

Ebenso wurden die Apotheker gebeten, drei Krankenkassen zu nennen, mit denen die Zusammenarbeit besonders gut funktioniert. Diese Nennungen wurden in derselben Weise gewichtet, anschließend beide Ergebnisse saldiert: von der „Punktzahl“ für gute Zusammenarbeit wurde die für konfliktträchtiges Verhalten abgezogen. Ergibt sich daraus eine negative Differenz, überwiegt die Einschätzung, dass diese Krankenkasse besonders viele Konflikte verursacht. Bei einem hohen positiven Wert überwiegen die positiven Einschätzungen der Apotheker.

Das Ergebnis:

Tabelle 1 führt die Krankenkassen auf, mit denen die Zusammenarbeit von den Apotheken als besonders gut beurteilt wird.

Tabelle 2 zeigt die Krankenkassen, mit denen die Zusammenarbeit besonders konfliktträchtig ist:

Der ehemalige Geschäftsführer des Apothekerverbands Nordrhein, Uwe Hüsgen, hatte im Rahmen derselben Studie anhand einer umfassenden Literaturrecherche die Verwerfungen zwischen Apothekern und Krankenkassen geschildert (s. DAZ 2015, Nr. 43).

Mit dem Gesundheits-Reformgesetz von 1989 habe eine – politisch gewollte – Ökonomisierung des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung begonnen. Heute verstünden sich die gesetzlichen Kassen nicht mehr als Interessenvertretung aller Patienten, sondern nur noch ihrer zahlenden Mitglieder. Der wirtschaftliche Druck, dem die Kassen spätestens seit 2009 ausgesetzt seien, verstärke  diese Tendenzen weiter.

Die in letzter Zeit wieder zunehmende Anzahl an Kassenzusammenschlüssen – gerade haben die Barmer GEK und die Deutsche BKK beschlossen, sich zur dann größten deutschen Krankenkasse zusammenzuschließen – ist ein Symptom dieser Zwänge. Gab es 1993 noch 1221 gesetzliche Krankenkassen, waren es im August dieses Jahres nach Angaben des GKV-Spitzenverbands nur noch 123.

Dazu kommt, dass etliche Krankenkassen die Abrechnungsprüfung an externe Dienstleister ausgelagert haben. Für Hüsgen eine Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen hat. Denn kompetente Mitarbeiter der Kasse könnten bei der Prüfung die gesamte Therapie des Patienten berücksichtigen - und entschieden tatsächlich immer wieder mit Augenmaß. Dazu seien externe Dienstleister, die nach exakten Vorgaben arbeiten, weder organisatorisch in der Lage noch hätten sie die dafür notwendigen Kompetenzen.

Ob die einzelne Krankenkasse mit „hauseigenem Personal“ prüfe oder sich eines Dienstleisters bediene, „lässt nicht selten Unterschiede in der Gesamtphilosophie unter den Krankenkassen erkennen“, konstatiert Hüsgen. Die empirischen Erhebungen von Kaapke stützen diese These, zeigen die Daten doch eindrücklich, dass gerade die Ersatz-, Innungs- und Betriebskassen, die verstärkt auf externe Rezeptprüfung setzen, von den Apothekern als „schwierige“ Partner gesehen werden. Den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) dagegen, die auf solche Dienstleister (bisher) weitgehend verzichten, wird von den Apothekern eine deutlich bessere Note für die Zusammenarbeit ausgestellt.


Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker / Herausgeber / Geschäftsführer
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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