Influenza-Impfung

Schweinegrippe-Impfung erhöht Risiko für Guillain-Barré-Syndrom

18.04.2013, 08:19 Uhr


Eine im Lancet veröffentlichte Metaanalyse hat gezeigt, dass innerhalb von sechs Wochen nach einer Impfung gegen die pandemische Influenza A/H1N1 ein 2,35-fach erhöhtes Risiko besteht, am Guillain-Barré-Syndrom (GBS) zu erkranken. Trotzdem wird der Nutzen der Impfung höher als mögliche Risiken eingeschätzt.

Ausgewertet wurden die Daten von 23 Millionen Personen, die sich während der Pandemie 2009 in den USA impfen ließen. Die Autoren der Metaanalyse teilten den Zeitraum nach der Impfung in drei Perioden ein: eine Expositionsperiode einen bis 42 Tage nach der Impfung, eine Auswaschphase zwischen den Tagen 43 und 49 und einen Kontrollzeitraum zwischen dem 50. und dem 91. Tag. GBS-Fälle, die in der Auswaschphase auftraten, wurden bei der Auswertung außen vor gelassen. Insgesamt registrierte man 77 GBS-Fälle: 54 in der Expositionsperiode, 23 im Kontrollzeitraum. Das entspricht einem 2,35-fach erhöhten Risiko, innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Impfung am GBS zu erkranken.

Das Guillain-Barré-Syndrom wird auch als akute idiopatische Polyneuritis bezeichnet. Es ist eine entzündliche Erkrankung der peripheren Nerven. Charakteristisch ist eine allgemeine Schwäche, gefolgt von Empfindungsstörungen und Lähmungserscheinungen in Beinen und Armen. Die meisten Patienten erholen sich wieder, das kann jedoch Monate dauern.

Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen des Guillain-Barré-Syndroms bei Nichtgeimpften (Hintergrundinzidenz) liegt in den USA bei einer pro 100.000 Personen. Damit führte die pandemische Influenza-Impfung in den ersten sechs Wochen danach zu zusätzlich 1,6 Fällen auf 100.000 geimpfte Personen.

Auch eine epidemiologische Studie des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) weist auf ein 4,65-fach erhöhtes GBS-Risiko hin. Auf Basis einer Hintergrundinzidenz von 1,75 auf 100 000 nicht geimpfte Personen pro Jahr ergaben die Schätzungen etwa 0,6 zusätzliche Fälle eines Guillain-Barré-Syndroms bzw. des verwandten Miller-Fisher-Syndroms auf 100.000 gegen Influenza A/H1N1 geimpfte Personen innerhalb von sechs Wochen nach der Impfung. Trotz der zusätzlichen GBS-Fälle stellt das Syndrom weiterhin eine seltene Erkrankung dar, resümierte das PEI. Eine Assoziation zwischen der ebenfalls in der PEI-Studie untersuchten saisonalen Grippeimpfung (2009/2010) und dem Auftreten von GBS/FS innerhalb von 5 bis 42 Tagen danach wurde nicht gefunden.

Bei der Influenza handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung, die tödlich enden kann. Sowohl die US-amerikanische Arbeitsgruppe als auch das PEI schätzen daher die Vorteile des monovalenten inaktivierten Impfstoffs gegen Influenza A/H1N1 höher ein als mögliche Risiken. Nach Schätzungen einer Anfang dieses Jahres veröffentlichten Untersuchung hat das H1N1-Impfprogramm 2009/2010 in den USA dazu beigetragen, 700.000 bis 1,5 Millionen klinische Grippefälle, zwischen 4000 und 10.000 Hospitalisierungen und 200 bis 500 Todesfälle zu verhindern.

Lesen Sie mehr zum Thema in der aktuellen DAZ 16/2013 auf Seite 37.

 

Quelle: Salmon DA, et al., Lancet (2013), doi: 10.1016/S0140-6736(12)62189-8

www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/pharmakovigilanz/forschung/gbs-studie/gbs-guillan-barre-syndrom-studie-node.html - doc3258534bodyText1


Dr. Claudia Bruhn