Verhaltensforschung

Coffein wirkt bei Bienen als Neuroenhancer

14.03.2013, 10:03 Uhr


Coffein ist viel mehr als ein Wachmacher und in der Natur weiter verbreitet als allgemein angenommen. So spielt es auch in den Beziehungen zwischen Bienen und bestimmten Blütenpflanzen eine Rolle.

Außer den vier klassischen Coffein­drogen Kaffee, Tee, Mate und Cola ­enthalten auch Zitrusgewächse das aufmunternde, bitter schmeckende Alkaloid. Bisher war gemutmaßt worden, dass die Pflanzen es nur deshalb synthetisieren, um Fraßfeinde abzuwehren. Nun hat sich herausgestellt, dass sie damit auch Nützlinge anlocken. Denn Coffein kommt auch in ihrem Blütennektar vor, allerdings in so geringen Konzentrationen, dass der Nektar nicht bitter schmeckt.

Wie das Coffein auf die bestäubenden Insekten wirkt, haben Neuroethologen (Verhaltensforscher) um Geraldine Wright an der englischen Universität Newcastle in einem Experiment mit Honigbienen untersucht. In einer künstlichen Umgebung verteilten sie verschiedene Duftquellen (als Ersatz für die Blüten) und Zuckerwasser mit und ohne Coffein (als Ersatz für den Blüten­nektar). Das Zuckerwasser gab es aber nur dort, wo ein ganz bestimmter Duft entströmte; alle anderen Duftquellen waren also für die Bienen unergiebig.

Nun wollten die Ethologen wissen, wie lange sich die Bienen diesen Duft merken können und ob Coffein ihr Erinnerungsvermögen beeinflusst. Sie ließen die Bienen also einen bzw. drei Tage später nochmals fliegen und zählten diejenigen, die gezielt zu den ertragreichen Duftquellen flogen.

Ergebnis: Wenn das Zuckerwasser Coffein enthielt, erinnerten sich am nächsten Tag dreimal so viele Bienen an den Duft, als wenn dies nicht der Fall war. Drei Tage später erinnerten sich in der „Coffeingruppe“ immerhin noch doppelt so viele Bienen an den Duft wie in der Kontrollgruppe. Weitere Untersuchungen zeigten, dass Coffein bei den Bienen einen für das Langzeitgedächtnis zuständigen Typ der Neuronen anregt. Neuronen vergleichbarer Funktion sind beim Menschen im Hippocampus lokalisiert. Möglicherweise gibt das Bienenexperiment dazu Anlass, beim Menschen die mögliche Wirkung von Coffein als Neuroenhancer zu untersuchen. 

Quelle: Wright GA, et al. Caffeine in floral nectar enhances a pollinator‘s memory of reward. Science 2013;339(6124):1202–1204.


Dr. Wolfgang Caesar