Prisma

Hunger macht launisch

Wie Essen die Stimmung beeinflusst

Foto: Daniel Jędzura/AdobeStock

us | Manche Menschen werden zu unangenehmen Zeitgenossen, wenn sie hungrig sind. Umgangssprachlich sind sie „hangry“, abgeleitet vom englischen hungry und angry, also hungrig und verärgert. Verantwortlich dafür, dass hungrige Menschen ungemütlich werden, sind Neuronen im Nucleus arcuatus des Hypothalamus, die das Neuropeptid Agouti-related protein (AgRP) exprimieren. Ist der Magen leer, werden die AgRP-Neuronen aktiv. Nimmt eine hungrige Person Nahrung zu sich und der Magen füllt sich, werden diese wieder deak­tiviert. Das führt dazu, dass manche Menschen regelmäßig mehr essen als nötig wäre, da sie so ihre schlechte Stimmung vertreiben können. Wissenschaftler der Harvard Medical School publizierten kürzlich eine Studie, die an den bekannten Pawlowschen Hund erinnert. Sie trainierten Mäuse, die bei einem bestimmten Lichtreiz Futter erhielten. Später beobachtete das Team um die Neurowissenschaftlerin Dr. Janet Berrios, dass sich die AgRP-Neuronen der Tiere vorübergehend ohne die Zufuhr von Nahrung nur durch den Lichtreiz deaktivieren ließen. Verantwortlich dafür sind bestimmte Neuronen im dorsomedialen Hypothalamus. Diese werden wiederum von Neuronen des lateralen Hypothalamus aktiviert, einer Hirn­region, die auch durch den Anblick und Geruch von Lebensmitteln angeregt wird. Hungrige Mäuse hielten sich vermehrt an Orten auf, an denen erlernte Futterreize über die beschriebene neuronale Signalkaskade die AgRP-Neuronen deaktivierten und ihr unangenehmes Hungergefühl dämpften. Wenn zukünftige Forschung ein tieferes Verständnis für die zugrunde liegenden Kreisläufe schafft, könnte hier eine Möglichkeit liegen, durch pharmakologische oder verhaltens­therapeutische Intervention Menschen davon abzuhalten, sich zu überessen. |

Literatur

Betley JN. Eliminating the „Hanger“ from Hunger. N Engl J Med 2021;385(21):2005-2007 doi: 10.1056/NEJMcibr2111841.

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