BtM-Abgabe durch Ärzte

Stufen-Konzept soll Versorgung Sterbender verbessern

Berlin - 02.05.2012, 14:17 Uhr


Ambulante Palliativpatienten sollen künftig besser mit Betäubungsmitteln versorgt werden: Auch Ärzte werden diese Arzneimittel künftig in engen Grenzen an Sterbende abgeben können. Eine Grundlage für dieses Ziel der Regierungskoalition wurde bereits in der neuen Apothekenbetriebsordnung gelegt – mit der nun anstehenden Novelle des Arzneimittelrechts sollen die Weichen im Betäubungsmittelgesetz gestellt werden.

Für den Entwurf der 16. AMG-Novelle gibt es jetzt erste Formulierungshilfen des Bundesgesundheitsministeriums für Änderungsanträge. Diese sehen unter anderem umfangreiche Änderungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vor. Geplant ist dem DAZ.online vorliegenden Papier zufolge ein gestuftes Konzept zur Verbesserung der Betäubungsmittelversorgung ambulanter Palliativpatienten. Dazu ist derzeit ein neuer, umfassender Absatz 1a in § 13 BtMG geplant; diese Norm regelt die Verschreibung von BtM und die Abgabe auf Verschreibung. Der neue Absatz soll normieren, in welchen Ausnahmefällen und unter welchen Voraussetzungen ein Arzt einem ambulant versorgten Palliativpatienten BtM überlassen kann.

Voraussetzung ist zunächst, dass der Arzt feststellt, dass absehbar eine Situation eintreten wird, in der der Patient nicht aufschiebbar ein BtM benötigt. In diesem Fall muss der Arzt mit einer dienstbereiten Apotheke Kontakt aufnehmen, die sich innerhalb desselben oder benachbarten Kreises oder derselben bzw. benachbarten kreisfreien Stadt befindet. Dort hat er zu klären, ob das benötigte Mittel vorrätig ist oder rechtzeitig beschafft werden kann. Wenn ja, muss der Bedarf durch diese Apotheke gedeckt werden.

Wenn der Arzt jedoch feststellt, dass es trotz Verfügbarkeit des BtM in der Apotheke nach den Umständen des Einzelfalles dennoch nicht möglich ist, dieses Mittel rechtzeitig zu besorgen, darf er in Ausnahmefällen selbst ein BtM überlassen. Das kann der Fall sein, wenn die den Patienten versorgenden Personen diesen nicht so lange ohne Versorgung allein lassen können, wie es im konkreten Fall nötig wäre, um das Arzneimittel zu beschaffen (z. B. bei größeren Entfernungen insbesondere im ländlichen Raum oder bei extremen Wetterverhältnissen).

Ein Ausnahmefall kann zudem vorliegen, wenn die versorgenden Personen selbst physisch oder psychisch in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind und deshalb das BtM nicht beschaffen können. Weiterhin kommt ein Überlassen von BtM durch den Arzt in Betracht, wenn der Patient aufgrund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung nicht selbst dazu in der Lage ist, das benötigte BtM zu beschaffen, und niemand anders ihn versorgt.

Liegt ein derartiger Ausnahmefall vor oder hat die Apotheke das BtM nicht vorrätig bzw. kann es nicht rechtzeitig beschaffen, darf der Arzt es in einer Menge überlassen, die erforderlich ist, um den Bedarf des Patienten bis zur regulären Versorgung über eine Verschreibung und Abgabe durch die Apotheke überbrückend zu decken. Die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Überlassungsfähig sind nur verkehrs- und verschreibungsfähige BtM der Anlage III des BtMG in Form von Fertigarzneimitteln.

Der Arzt hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu dokumentieren und die Aufzeichnungen drei Jahre lang aufzubewahren. Der Apotheker muss das fragliche BtM und die Tatsache, ob dieses vorrätig ist bzw. bis wann es beschafft werden kann, ebenfalls dokumentieren und diese Aufzeichnung drei Jahre aufbewahren.

Flankiert wird der neue Absatz in § 13 BtMG durch weitere Änderungen im BtMG. So sollen beispielsweise Verstöße gegen die dort genannten Voraussetzungen für das direkte Überlassen von BtM strafbewehrt sein (Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Ordnungswidrig handelt, wer die Dokumentationspflichten verletzt oder als Arzt nicht richtig oder nicht rechtzeitig bei einer Apotheke anfragt.


Kirsten Sucker-Sket