Gesundheitspolitik

BtM-Abgabe: Stufen-Konzept soll Versorgung Sterbender verbessern

Betäubungsmittelrecht soll mit der Novelle des Arzneimittelrechts angepasst werden

Berlin (ks). Das Bundesgesundheitsministerium will die Versorgung ambulanter Palliativpatienten mit Betäubungsmitteln verbessern: Auch Ärzte sollen diese Arzneimittel künftig in engen Grenzen an Sterbende abgeben können. In der frisch novellierten Apothekenbetriebsordnung wurde hierfür mit den neuen Vorgaben für die Vorratshaltung in Apotheken (§ 15 ApBetrO) bereits eine Basis geschaffen. Mit dem nun anstehenden "Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" ("16. AMG-Novelle") sollen die Weichen im Betäubungsmittelgesetz gestellt werden.

Für den Gesetzentwurf gibt es jetzt erste Formulierungshilfen des Bundesgesundheitsministeriums für Änderungsanträge. Diese sehen unter anderem umfangreiche Änderungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vor. Geplant ist ein gestuftes Konzept zur Verbesserung der Betäubungsmittelversorgung ambulanter Palliativpatienten. Dazu ist derzeit ein neuer Absatz 1a in § 13 BtMG geplant; diese Norm regelt die Verschreibung von Betäubungsmitteln und die Abgabe auf Verschreibung. Der neue Absatz soll normieren, in welchen Ausnahmefällen und unter welchen Voraussetzungen ein Arzt einem ambulant versorgten Palliativpatienten Betäubungsmittel überlassen kann. Das soll der Fall sein, wenn der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann. Voraussetzung ist zunächst die Feststellung des versorgenden Arztes, dass absehbar eine Situation eintreten wird, in der der Patient nicht aufschiebbar ein Betäubungsmittel benötigt. In diesem Fall muss der Arzt mit einer dienstbereiten Apotheke Kontakt aufnehmen, die sich innerhalb desselben oder benachbarten Kreises oder derselben bzw. benachbarten kreisfreien Stadt befindet. Dort hat er zu klären, ob das benötigte Mittel vorrätig ist oder rechtzeitig beschafft werden kann. Wenn ja, muss der Bedarf durch diese Apotheke gedeckt werden. Anderenfalls ist der Arzt zur Überlassung berechtigt.

BtM verfügbar, aber ...

Aber auch wenn das Mittel in der Apotheke verfügbar ist, können Umstände des Einzelfalls dazu führen, dass der Bedarf nicht rechtzeitig zu decken ist. Voraussetzung ist, dass der Patient bzw. die ihn versorgenden Personen das Betäubungsmittel nicht rechtzeitig beschaffen können. Dies ist nach dem geplanten § 13 Abs. 1a BtMG explizit dann der Fall, wenn der Patient vor Ort versorgt werden muss. Dann kann er möglicherweise nicht so lange allein gelassen werden, wie es im konkreten Fall nötig wäre, um das Mittel zu besorgen. In der Antragsbegründung werden als Beispiele größere Entfernungen insbesondere im ländlichen Raum oder bei extremen Wetterverhältnissen genannt. Ein weiterer Ausnahmefall ist vorgesehen, wenn die versorgenden Personen selbst physisch oder psychisch in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind und deshalb das Mittel nicht beschaffen können. Weiterhin kommt ein Überlassen von Betäubungsmitteln durch den Arzt in Betracht, wenn der Patient aufgrund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung nicht selbst dazu in der Lage ist, das benötigte Arzneimittel zu beschaffen, und niemand anders ihn versorgt.

Soweit der Arzt das Betäubungsmittel überlassen darf, ist dies nur in einer Menge zulässig, die erforderlich ist, um den Bedarf des Patienten bis zur regulären Versorgung durch die Apotheke überbrückend zu decken. Die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Überlassungsfähig sind nur verkehrs- und verschreibungsfähige Betäubungsmittel der Anlage III des BtMG in Form von Fertigarzneimitteln.

Der Arzt hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu dokumentieren und die Aufzeichnungen drei Jahre lang aufzubewahren. Der Apotheker muss das fragliche Betäubungsmittel und die Tatsache, ob dieses vorrätig ist bzw. bis wann es beschafft werden kann, ebenfalls dokumentieren. Auch hier gilt eine Aufbewahrungspflicht von drei Jahren.

Flankiert wird der neue Absatz in § 13 BtMG durch weitere Änderungen im Gesetz. So sollen etwa Verstöße gegen die normierten Voraussetzungen für das direkte Überlassen von Betäubungsmitteln strafbewehrt sein (Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe). Ordnungswidrig handelt, wer die Dokumentationspflichten verletzt oder als Arzt nicht richtig oder nicht rechtzeitig bei einer Apotheke anfragt.

Noch handelt es sich um bloße Formulierungshilfen. Doch in den kommenden Wochen wird sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages mit der AMG-Novelle befassen – mit Sicherheit wird es noch eine Reihe weiterer Änderungsanträge geben. Die abschließende Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuss ist für den 13. Juni vorgesehen – die 2./3. Lesung im Bundestag für den 15. Juni.



AZ 2012, Nr. 19, S. 1

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