Apothekenbetriebsordnung

Zweierlei Maß bei der Rekonstitution

Berlin - 01.11.2011, 08:00 Uhr


Eine kleine Anmerkung zum Herstellungsbegriff in der Begründung zur neuen Apothekenbetriebsordnung könnte große Konsequenzen für den Umgang mit Arzneimitteln im Krankenhaus haben. Dabei geht es um die Rekonstitution von Arzneimitteln, bei der vorgefertigte Industrieprodukte in eine applikationsfertige Form gebracht werden.

In der Begründung zum § 1a im Entwurf zur neuen Apothekenbetriebsordnung wird unter Nummer 3 im Zusammenhang mit der Definition pharmazeutischer Tätigkeiten klargestellt, dass die Rekonstitution zur Herstellung gehören soll. Krankenhausapotheker befürchten, dass dies zu problematischen und möglicherweise sogar unbeabsichtigten Folgen führen kann, soweit es um Parenteralia geht.

Denn mit der Einstufung als Herstellung müsste die Rekonstitution von Parenteralia alle Vorschriften des neuen § 35 der Apothekenbetriebsordnung mit Reinraumanforderungen, Validierung, Herstellungsanweisungen und QM-System erfüllen. Für die „freihändige“ Rekonstitution auf Station durch medizinisches oder angelerntes Personal würden diese Regeln jedoch nicht gelten, weil die Rekonstitution gemäß § 13 AMG von den überwachungspflichtigen Tätigkeiten ausgenommen ist und daher auch außerhalb von Apotheken, also auf Krankenhausstationen oder in Arztpraxen stattfinden darf. Doch die Herstellungsbedingungen sind dort unkontrollierbar und es gelten nicht einmal die elementaren Regeln für pharmazeutisches Arbeiten, die in Apotheken selbstverständlich sind. Für die Apotheken soll dagegen künftig der aufwändige PIC/S-Guide zum Maßstab werden. So wird hier offenbar mit zweierlei Maß gemessen.

Schon heute ist die Rekonstitution mit dem Aufwand der Apotheke teurer als auf Station oder im OP, doch der Kostenunterschied würde noch weiter wachsen – und damit auch der Anreiz für die Krankenhausbetriebsführung, solche Rekonstitutionen außerhalb der Apotheke durchführen zu lassen. Soweit es um Zytostatikazubereitungen geht, dürften die drohenden Gefahren im Umgang mit den gefährlichen Substanzen und die von der Apothekenbetriebsordnung unabhängigen Vorschriften des Arbeitsschutzes einen solchen Rückschritt in der Qualität verhindern. Doch für Parenteralia ohne toxisches Potenzial fürchten Krankenhausapotheker einen Verlust des bereits erreichten Qualitätsniveaus. Die neue Apothekenbetriebsordnung würde dann ihrem eigenen Ziel der Qualitätsverbesserung entgegenwirken. Mögliche Lösungen könnte in verminderten Anforderungen an die Rekonstitution in der Apotheke oder in einheitlichen Anforderungen an alle Herstellungsabläufe für Parenteralia liegen. Sterile Herstellungsbedingungen als Hintergrund der Regelungen würden eher für die letztere Version sprechen – also für gleiche Bedingungen in der Apotheke und anderswo.


Dr. Thomas Müller-Bohn