Multiresistente Erreger

Neues Antibiotikum verhindert Zellteilung

Bonn - 21.10.2011, 11:46 Uhr


Wissenschaftler aus Bonn, Düsseldorf und Newcastle haben die Wirkweise eines neuartigen Antibiotikums entschlüsselt, das selbst multiresistente Keime abtötet.

Die Forscher haben bereits in verschiedenen Studien gezeigt, dass sogenannte Acyldepsipeptide gegen grampositive Bakterien wirken, auch gegen den gefürchteten humanpathogenen und multiresistenten Erreger Staphylococcus aureus. Allerdings war bislang unbekannt, wo genau diese Substanzen angreifen und wie sie ihre antibiotische Wirkung entfalten.

Während herkömmliche Antibiotika normalerweise bestimmte Reaktionen in Bakterienzellen hemmen, greifen die Acyldepsipeptide (ADEPs) an einer anderen Schlüsselstelle in den Stoffwechsel der Bakterien ein: Sie führen zu einer Fehlsteuerung eines wichtigen Enzyms, der ClpP-Protease. Diese bewirkt normalerweise das Recycling von defekten Proteinen des Bakteriums, welches ein strikt kontrollierter Prozess ist. Die ADEPs setzen diese strikte Kontrolle der ClpP-Protease außer Kraft, wodurch nun auch gesunde Proteine abgebaut werden. Die Bakterien begehen regelrecht Selbstmord, da die eigene ClpP-Protease nun das für die Zellteilung wichtige FtsZ-Protein zerschneidet und verdaut. Dadurch gerät die normale Steuerung außer Kontrolle, die Zellteilung und dadurch die Vermehrung der Erreger werden verhindert.

Die Wissenschaftler machten mit einem extrem hoch auflösenden Fluoreszenzmikroskop Aufnahmen von Bakterien. Sie markierten das FtsZ-Protein und viele weitere Proteine in den Bakterien mit einem grün fluoreszierenden Farbstoff und machten dann Echtzeitaufnahmen von den mit ADEPs behandelten und auch von unbehandelten Erregern. Durch diesen Vergleich konnten die Forscher beobachten, was im Stoffwechsel der gefährlichen Bakterien anders lief, wenn sie mit dem neuartigen Antibiotikum behandelt waren. Nach der Gabe von ADEP gelangten im Bakterium wichtige Proteine nicht mehr zu der Stelle im Stoffwechsel, wo sie für die Zellteilung gebraucht werden.

Das neuartige Antibiotikum wirkt nicht nur gegen den gefürchteten multiresistenten Erreger Staphylococcus aureus (MRSA), sondern auch gegen Streptokokken, die etwa Mittelohr-, Lungen- oder Hirnhautentzündungen auslösen können. Außerdem stoppt es die Vermehrung von Enterokokken, die zum Beispiel für Harnwegsinfekte, Blutvergiftung oder eine Entzündung der Herzinnenhaut verantwortlich gemacht werden.

Literatur: Sass, P., et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. 2011, Online-Vorabpublikation doi: 10.1073/pnas.1110385108. 


Dr. Bettina Hellwig