Fehlverhalten im Gesundheitswesen

Transparency: Bundesregierung ohne Konzept

Berlin - 21.09.2011, 14:34 Uhr


Transparency International Deutschland kritisiert den jüngsten Bericht des Bundesgesundheitsministeriums zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Mangels Konzept der Bundesregierung sei dieser – wie schon seine Vorgänger – unsystematisch und völlig unzureichend.

Seit Jahren beklagt die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland, dass keine fundierten Zahlen vorliegen, wie viele Fälle von Betrug, Missbrauch und Korruption im Gesundheitswesen bundesweit festgestellt, durch Strafzahlungen wieder gutgemacht oder strafrechtlich verfolgt werden. Niemand wisse, welcher Gesamtschaden den Versicherten und den Krankenkassen durch Betrug und Korruption in Deutschland entsteht, so Transparency.

Dabei sind die gesetzlichen Krankenkassen, die Pflegekassen sowie die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen gesetzlich verpflichtet, Sachverhalten nachzugehen, die auf Unregelmäßigkeiten oder auf rechtswidrige oder zweckwidrige Nutzung von Finanzmitteln im Zusammenhang mit den Aufgaben der jeweiligen Krankenkasse oder des jeweiligen Verbandes hindeuten. Über diese Fälle müssen sie ihren Aufsichtsgremien im Zweijahresrhythmus Bericht erstatten. Dieser Bericht ist wiederum an die Aufsichtsbehörde zu leiten, die die Ergebnisse dann an das Bundesgesundheitsministerium übermittelt.

Der aktuelle, dritte Bericht des Ministeriums zu den „Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ für die Jahre 2008/2009 ist laut Transparency nun noch schlechter als seine beiden Vorgänger: Er sei erst sehr verspätet vorgelegt und dann im Gesundheitsausschuss am 25. Mai 2011 ohne Debatte abgenickt worden, kritisiert die Organisation. Dabei sei unter anderem ohne irgendeine Erklärung akzeptiert worden, dass die Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen überhaupt nicht im Bericht vorkommen – ausschließlich über die Krankenkassen sei berichtet worden.

„Hier ist zu vermuten, dass die Regierung die ablehnende Haltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung dem Gesetz gegenüber schlichtweg akzeptiert“, erklärte Anke Martiny, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland. Daher fordert Transparency die Bundesregierung nun auf, Licht ins Dunkel zu bringen und systematisch über Schadensfälle, Ermittlungen und Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen zu berichten. Bisher sei die Chance jedenfalls verpasst worden.

„Die Bundesregierung hat zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen kein Konzept. Viel schlimmer ist aber, dass sie die Kompetenzen des Parlaments missachtet und die mühevoll ausgehandelten Gesetze weder erfüllt noch kontrolliert“, moniert Martiny. Zusätzlich sei eine einheitliche Berichterstattung für die Kassen derzeit nahezu unmöglich, da die gesetzlichen Vorgaben und Definitionen höchst ungenau seien.

Transparency fordert nun die Systematisierung und Veröffentlichung der Berichte, um eine öffentliche Debatte zu ermöglichen. Anfangen könnte man bereits mit dem kritisierten Bericht der Bundesregierung – dieser ist als bloße Ausschussdrucksache anders als andere Bundestagsdrucksachen nicht öffentlich zugänglich.


Juliane Ziegler