Medikamenten-Betrug

Bewährungsstrafe für Apotheker

Lübeck - 12.08.2011, 16:39 Uhr


Jahrelang haben ein Apotheker aus Lübeck und vier mutmaßliche Mittäter preisgünstigere Klinikmedikamente als normale Apothekenware an Heime, Gefängnisse, Arztpraxen und Patienten verkauft und daran gut verdient. Das Landgericht Lübeck hat den beteiligten Apotheker nun zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Staatsanwalt Hans-Peter Lofing betonte, das Lübecker Verfahren sei das bislang umfassendste dieser Art in Deutschland. „Hier saßen auch ein Pharmagroßhandel und Mitarbeiter von Schleswig-Holsteins größter Krankenkasse mit im Boot“, betonte er. Voraussichtlich noch in diesem Jahr sollen in Lübeck die Prozesse gegen einen Mitarbeiter des am Freitag verurteilten Apothekers, die Geschäftsführerin eines Pharmagroßhandels aus dem Kreis Segeberg und zwei Beratungsapotheker der AOK Schleswig-Holstein beginnen.

Insgesamt rund 1350 Taten mit einem Gesamtschaden von 2,5 Millionen Euro werden dem Quintett angelastet, an 870 davon war der Apotheker direkt beteiligt. Bestraft wurde er am Ende für 446 Fälle mit einem Schaden von knapp einer Million Euro. Dabei wurden unter anderem die Vorwerker Heime in Lübeck, die Justizvollzugsanstalten Lübeck, Kiel und Neumünster, Dialysezentren sowie ein Praxisnetz mit rund 400 Arztpraxen im Raum Kiel mit Klinikmedikamenten beliefert. „Die AOK wusste das und hat mitgemacht“, sagte der Angeklagte.

Das Zwei-Preis-System, das die Krankenhäuser finanziell entlasten soll, wird vom Apothekenverband seit Jahren als betrugsfördernd kritisiert. Auch der Verteidiger des Angeklagten, Gerd-Joachim Schulz, beklagte in seinem Plädoyer, dass die Vertriebswege durch die Hersteller praktisch nicht kontrolliert würden. „Man gewinnt den Eindruck, dass die Unternehmen Umsatz um jeden Preis machen wollen und deshalb das Betrugsrisiko hinnehmen“, sagte Schulz.

Möglich wurde der Betrug, weil die Lübecker Apotheke auch als Krankenhausapotheke zugelassen war und deshalb bei den Pharmaherstellern Ware zu deutlich günstigeren Klinikkonditionen bestellen konnte. Zusätzlich forderte er bei den Arzneimittelherstellern auch noch den Herstellerrabatt ein. „Einem der Hersteller war schließlich das Missverhältnis zwischen Herstellerrabatten und bestellter Offizinware aufgefallen. So sind unsere Ermittlungen ins Rollen gekommen“, erläuterte Lofing.


dpa