Transplantationsgesetz

Neuregelung zur Organspende bleibt strittig

Berlin - 29.06.2011, 17:31 Uhr


Mehr als 12.500 Schwerkranke warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Ein neues Transplantationsgesetz soll ihnen helfen. Doch die Ausgestaltung der Organspende-Regelungen ist quer durch die Parteien umstritten. Hessens Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) verteidigte am Mittwoch in Frankfurt die Widerspruchslösung.

Bei der Widerspruchslösung wäre jeder automatisch Organspender, der sich nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Bei einer erweiterten Widerspruchslösung würden die Angehörigen gefragt. Zur Debatte steht zudem die sogenannte Entscheidungslösung, bei der Bürger mindestens einmal im Leben befragt werden sollen, ob sie Organspender sein wollen. Das könnte zum Beispiel auf dem Bürgeramt gleichzeitig mit der Ausstellung von Dokumenten geschehen.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier favorisiert letzteren Weg, der als am meisten mehrheitsfähig gilt. Er appellierte an alle Parteien im Bundestag, gemeinsam nach einem neuen Gesetz zur Organtransplantation zu suchen. „Ich hoffe, dass wir nicht in einen kleinkarierten politischen Streit zwischen den Fraktionen zurückfallen“, sagte er vor einer Anhörung im Gesundheitsausschuss in Berlin zu ethischen und rechtlichen Fragen der Organspende. Steinmeier weiter: „Das ist ein wichtiger Tag, ein entscheidender Tag, der auch mit darüber entscheiden wird, ob uns Veränderungen am Transplantationsrecht in Deutschland gelingen.“ Steinmeier forderte einen überfraktionellen, gemeinsamen Entwurf, der noch in der zweiten Jahreshälfte zu einem Gesetz werden könnte, das von 2012 an gilt.

Steinmeier betonte, dass die geltende gesetzliche Regelung aus den 1990er Jahren nicht ausreiche. Bei der erweiterten Zustimmungslösung dürfen Menschen im Todesfall nur dann Organe entnommen werden, wenn ein Dokument – etwa ein Spenderausweis – ihre Zustimmung zu Lebzeiten belegt oder wenn Angehörige einer Transplantation zustimmen.

In Befragungen seien 75 Prozent der Menschen bereit zur Organspende, sagte Steinmeier. Tatsächlich hätten nur 15 Prozent einen Spenderausweis. „Diese Kluft, diesen Widerspruch, den werden wir durch eine neue Regelung nicht ganz überwinden. Aber wir werden den Unterschied kleiner machen müssen“, so der SPD-Politiker, der vor gut zehn Monaten seiner Frau eine Niere spendete, um ihr die sonst unvermeidliche Dialyse zu ersparen.

Zu den Fürsprechern der Widerspruchslösung zählen die Gesundheitsminister aus Bayern, Markus Söder (CSU), und Sachsen-Anhalt, Norbert Bischoff (SPD). Auf der Seite Steinmeiers steht unter anderem Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Er erklärte in der „Welt“, Organspenden „betreffen die menschliche Würde, die auch nach dem Tod zu achten ist. Deshalb darf es hier keinen staatlichen Zwang geben“.

Grüttner sieht nach eigenen Angaben Chancen, dass sich die Minister in Frankfurt einigen: „Alle Kollegen sind nicht zufrieden mit der derzeitigen Situation.“

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation sterben täglich drei Menschen, weil es kein Spenderorgan für sie gibt.


dpa