Genetische Variationen

Clopidogrel-Wirkung hängt nicht von CYP2C19 ab

Stockholm - 04.09.2010, 06:59 Uhr


Bisher galt: Clopidogrel soll bei Menschen, die ein weniger aktives Leberenzym CYP2C19 haben, nicht ausreichend wirken. Diese genetische Variante kommt bei 2 bis 14% der Bevölkerung

Weil diese Patienten, die auch als "poor metabolizer" oder "loss-of-function carriers" bezeichnet werden, besonders gefährdet sind, trotz Clopidogrel-Therapie einen weiteren Infarkt zu erleiden, wurde bisher ein Test auf dieses Gen empfohlen. Die entsprechenden Warnungen der US-Arzneibehörde FDA vom März dieses Jahres basieren auf einer kleinen Studie an 40 Gesunden. Möglicherweise ist diese Mutation aber unerheblich für die Wirkung von Clopidogrel, wie eine aktuelle Analyse von Studiendaten bei Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom und Vorhofflimmern zeigt.

Die Forscher untersuchten die Gene von über 6.000 Patienten, die an zwei Studien zur Wirkung von Clopidogrel bei akutem Koronarsydrom und Vorhofflimmern teilgenommen hatten, auf drei Genvariationen, so genannte Single-nucleotide Polymorphisms (SNPs), in CYP2C19-Allelen.

In der CURE-Studie verminderte Clopidogrel bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom im Vergleich zu Placebo die Rate von Herzinfarkten, Schlaganfällen und das Sterberisiko, unabhängig vom genetisch determinierten CYP2C19-Phänotyp, der bei 5.059 dieser Patienten bestimmt worden war. Geringfügig besser wirkte Clopidogrel bei Menschen mit einer Mutation, die dieses Enzym aktiver macht ("Gain-of-function carriers"). Die Zahl der Blutungskomplikationen unterschied sich bei den verschiedenen Genotypen nicht.

In der ACTIVE-Studie hatte Clopidogrel zusätzlich zu Acetylsalicylsäure bei Patienten mit Vorhofflimmern die Rate von kardiovaskulären Ereignissen reduziert. Die Forscher untersuchten die Genotypen von 1.156 Patienten und stellten keine Unterschiede in der Wirkung von Clopidogrel fest, die auf unterschiedliche Enzymaktivitäten zurückzuführen wären.

In beiden Studien hatte der CYP2C19-Status also keinen signifikanten Einfluss auf das klinische Ergebnis der Behandlung. Nach diesen Ergebnissen spricht der Nachweis eines "Loss-of-function"-Allels nicht gegen den Einsatz von Clopidogrel. Bei der Indikation Vorhofflimmern sollten aber noch die Ergebnisse weiterer Studien abgewartet werden.

Literatur: Paré, G., et al.: Effects of CYP2C19 genotype on outcomes of clopidogrel treatment, N. Engl. J. Med. 2010, Online-Vorabveröffentlichung doi: 10.1056/NEJMoa1008410.


Dr. Bettina Hellwig