Pharmakogenetik in der Praxis

Wenn Helicobacter pylori sich nicht ausrotten lässt

Beim Thema Arzneimitteltherapiesicherheit rückt ein Begriff immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses: die Pharmakogenetik. Zwar stimmt die Erbsubstanz von Mensch zu Mensch zu mehr als 99,9% überein, jedoch können die verbleibenden Unterschiede eine sehr große Variation in der individuellen Antwort auf eine Arzneimittelgabe zur Folge haben. Die Konsequenzen reichen von einem ausbleibenden Therapieerfolg bis hin zu schweren, potenziell gefährlichen Nebenwirkungen. Doch welche praxisrelevanten Auswirkungen gibt es? Anhand verschiedener Fallbeispiele werden Apotheker Daniel Schmidt und Prof. Dr. Stephanie Läer vom Institut für Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in loser Folge in der DAZ zeigen, wann erhöhte Aufmerksamkeit notwendig ist und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.
Abb. 1: Der Krankheitsverlauf von Frau Müller

Bekanntes Beispiel für eine pharmakogenetische Untersuchung, die bereits vor Beginn einer Arzneimitteltherapie durchgeführt wird, ist der Nachweis eines definierten Rezeptors im Zusammenhang mit der Therapie des rekombinanten, humanisierten monoklonalen Antikörpers Trastuzumab (Herceptin®). Der Einsatz erfolgt nur bei einer speziellen Form des metastasierenden Mammakarzinoms, denn auf den Tumorzellen muss ein übermäßiges Auftreten des HER-2-Rezeptors nachgewiesen werden [1]. Ein zweites aktuelles Beispiel ist die Empfehlung der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA zu Warfarin, dem amerikanischen Gegenstück zu Phenprocoumon. Hier soll vor Therapiebeginn auf Mutationen im verstoffwechselnden Cytochrom-P450-Isoenzym 2C9 und dem Angriffspunkt des Arzneistoffs, der Vitamin-K-Epoxid-Reduktase (VKOR) getestet werden. Durch eine auf den jeweiligen Genotyp adaptierte Warfarindosierung kann sowohl die Einstellungsphase verkürzt als auch die Gefahr schwerer Blutungskomplikationen verringert werden [2].

Der lange Leidensweg von Frau Müller

Frau Müller, eine 53-jährige Kundin der Apotheke, erzählt ihrem Apotheker beim Einlösen des Rezeptes ihre Krankengeschichte. Sie sei gerade aus dem Krankenhaus gekommen. Man hätte schon wieder ein Zwölffingerdarmgeschwür diagnostiziert. Es sei alles ganz schnell gegangen. Sie hätte Blut erbrochen und sehr dunklen Stuhl abgesetzt. Ein Notfallwagen hätte sie ins Krankenhaus gebracht und dort wäre die Blutung bei einer Magen- und Dünndarmspiegelung gestoppt worden.

1. Versuch

Ein Urease-Schnelltest zur Abklärung einer Helicobacter-pylori-Infektion (H.-pylori-Infektion) zeigte ein positives Ergebnis. Jetzt soll sie eine H.-pylori-Eradikationstherapie erhalten. Der Apotheker erkennt auf dem Rezept die übliche Standard-Tripeltherapie:

  • Lansoprazol (2 x 30 mg),
  • Clarithromycin (3 x200 mg)
  • Amoxicillin (3 x 500 mg).

Die Patientin soll die Therapie über eine Woche durchführen, dann wäre alles in Ordnung.

2. Versuch

Zwei Monate später sieht der Apotheker Frau Müller wieder. Sie erzählt ihm, dass bei ihr im Rahmen der Nachsorge ein weiterer H.-pylori-Schnelltest mit positivem Ergebnis durchgeführt wurde. Deshalb habe der Arzt entschieden, die Behandlung zu wiederholen und sie hoffe, dass die Therapie nun erfolgreich verlaufen wird.

Dem Rezept von Frau Müller entnimmt der Apotheker, dass die gleiche Tripeltherapie verordnet wurde. Allerdings hat der Arzt die Dosis der beiden Antibiotika erhöht auf 4 x 200 mg Clarithromycin und 4 x 500 mg Amoxicillin. Die Einnahme soll wieder für eine Woche erfolgen.

3. Versuch

Der Apotheker hörte eine Zeit lang nichts von der Kundin, bis die Tochter mit einem Rezept in die Apotheke kommt und ihm berichtet, dass die insgesamt fünfte Magenspiegelung nach mittlerweile über fünf Monaten immer noch einen positiven H.-pylori-Befund erbracht hätte. Als Konsequenz wurde im Krankenhaus ein Antibiogramm angefertigt, mit einem überraschenden Ergebnis: Die H.-pylori-Kultur war zwar resistent gegen Clarithromycin, aber trotzdem sensibel für das ebenfalls verabreichte Amoxicillin. Die antibiotische Therapie sollte jetzt auf Minocyclin und Cefaclor umgestellt werden, diesmal für zwei Wochen.

Nach einiger Zeit erfährt der Apotheker von der jungen Frau, dass auch diese Therapie nicht das gewünschte Ergebnis gezeigt hat. Eine weitere Magenspiegelung habe sogar noch schlechtere Nachrichten gebracht, denn es war zu einem Wiederauftreten des Magengeschwürs bei weiterhin positivem H.-pylori-Befund gekommen. Auch ein erneut angefertigtes Antibiogramm habe zu keinen neuen Erkenntnissen geführt.

Apotheker schlägt Genotypisierung vor

Der Apotheker, der Frau Müllers Medikation sorgfältig über den gesamten Zeitraum dokumentiert und auch die Antibiogrammbefunde mit in seine Datei aufgenommen hatte, beliest sich noch einmal sorgfältig über das Krankheitsbild, den Keim und überprüft die Literatur auf aktuelle Diskussionen über das Thema.

Dann telefoniert er mit dem behandelnden Arzt. Der erklärt ihm, dass man sich das fehlende Ansprechen der Patientin nicht erklären, aber Compliance-Probleme als Ursache ausschließen könne. Die Einnahme von Metronidazol als Therapiealternative habe die Patientin aufgrund der Angst vor starken Nebenwirkungen verweigert. Es folgt eine intensive fachliche Diskussion und der Apotheker macht dem Arzt den Vorschlag, bei der Patientin eine Genotypisierung durchzuführen. Untersucht werden soll das Gen des Isoenzyms 2C19 (CYP2C19) aus dem Cytochrom-P450-System. Dieses Enzym ist unter anderem für die Verstoffwechselung von verschiedenen Protonenpumpen-Inhibitoren (z. B. Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol) verantwortlich [4]. Als er zwei Tage später nach dem Ergebnis fragt, berichtet der Arzt ihm leicht euphorisch, dass der Befund der pharmakogenetischen Untersuchung zwei Wildtyp-Allele gezeigt hätte, die Patientin also keine Mutationen im CYP2C19-Gen aufwiese. Sie sei somit in die Gruppe der "Schnellen" (Extensive) Metabolisierer (EM) für CYP2C19-Substrate einzuordnen.

4. Versuch

Aufgrund der pharmakogenetischen Untersuchung wurde nun erneut eine Therapieumstellung vorgenommen. Der schnellen Verstoffwechselung des Protonenpumpen-Inhibitors wurde auf Empfehlung des Apothekers durch die Gabe von 120 mg Omeprazol, also der dreifachen Dosis einer Standarderadikationstherapie begegnet. Zusätzlich wurde Amoxicillin mit 3 x 750 mg als Monotherapie angesetzt. Die nach Abschluss der zweiwöchigen Therapie durchgeführte Magenspiegelung zeigte zur Erleichterung aller Beteiligten, dass die Läsion abgeheilt war. Auch ein H.-pylori-Schnelltest und ein 13 C-Atemtest waren negativ. Dieses Ergebnis bestätigte sich auch in der Nachsorgeuntersuchung ein Jahr später. Eine schematische Darstellung der Krankengeschichte mit der entsprechenden Eradikationstherapie sind in

Genetischer Test –eine Investition fürs Leben

Die beiden oben genannten Arzneistoffe spielen im Apothekenalltag meist nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch wird es in Zukunft für den Apotheker immer wichtiger werden, sich mit dem pharmakogenetischen Wissensgebiet auseinanderzusetzen, weil auch viele andere praxisrelevante Arzneistoffe von dieser Thematik betroffen sind. Der Vorteil einer genetischen Testung: Sie hat lebenslang Bestand.

Gerade auf dem Gebiet der Arzneistoffmetabolisierung besitzen Apotheker gegenüber Ärzten einen Wissensvorsprung wie kürzlich in der Deutschen Apotheker Zeitung in einer Umfrage berichtet wurde [DAZ 2008; 148 (27) 62 – 68]. Für die Zukunft ist es von großer Bedeutung, diesen Vorsprung auszubauen. So kann sich der Apotheker auch weiterhin als kompetenter Ansprechpartner für Patienten und andere Heilberufler profilieren.

Im folgenden Patientenfall soll anschaulich dargestellt werden, dass das Wissen um individuelle genetische Unterschiede und deren Auswirkungen auf die Arzneimitteltherapie auch jetzt schon im Apothekenalltag ein überaus hochwertiges und potenziell therapieentscheidendes Beratungspotenzial besitzen kann. Es geht dabei um eine Arzneistoffgruppe, deren Verordnungen jeder Apotheker täglich entgegen nimmt, nämlich die Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI). Ausgewählt wurde ein authentischer Patientenfall [3], der zur Veranschaulichung in eine mögliche Apotheker-Arzt-Patientensituation übertragen wurde (s. Kasten).

Im Folgenden soll im Rahmen eines Fragenkatalogs auf verschiedene Aspekte des Patientenfalls eingegangen werden.

Warum war der Arzt so euphorisch, als er von dem Genotypisierungsbefund erfuhr?

Der Apotheker hatte ihm erklärt, dass es möglich sei, anhand des vorliegenden Genotyps Rückschlüsse auf die Metabolisierungsleistung des Enzyms zu ziehen. Sollte der Befund die Patientin als Extensive Metabolizer (EM), also ohne Mutation im CYP2C19-Gen, oder als Ultra Rapid Metabolizer (URM) mit speziellen Punktmutationen ausweisen, könnte dies der Grund für eine zu schnelle Verstoffwechselung des verabreichten Protonenpumpenblockers sein (Abb. 2).

Entscheidend ist, dass die unterschiedliche PPI-Exposition bei Extensive und Poor Metabolizern zu unterschiedlichen Magen-pH-Werten bei Patienten führt. Beispielsweise misst man bei Extensive Metabolizern unter einer Therapie von 20 mg Omeprazol einen Magen pH-Wert von 3,7, hingegen bei Poor Metabolizern einen Magen pH-Wert von 6,3. Der niedrigere pH-Wert bei Extensive Metabolizern wird in einen Zusammenhang mit einer verminderten Wirkung der Eradikationstherapie gebracht [6, 7].

Der Arzt hat durch den CYP2C19EM-Genotypisierungsbefund also einen Grund für das Nichtansprechen der Therapie gefunden:

Die Protonenpumpen-Inhibitor-Exposition bei der Patientin war vermutlich durch eine schnelle Metabolisierungsleistung zu gering. Der Magen-pH-Wert war dementsprechend zu niedrig, so dass sich der Therapieerfolg nicht einstellte.

Welche entscheidenden Auswirkungen hat der Magen-pH-Wert auf den Therapieerfolg?

In Studien konnte nachgewiesen werden, dass der Erfolg der Eradikationstherapie eng mit dem Magen-pH-Wert zusammenhängt. Hierbei sind die konstante Erhöhung des Magen-pHs auf Werte größer 6 und zusätzlich das Vermeiden von Säuredurchbrüchen, also von pH-Werten kleiner 4, von großer Bedeutung. Ein Studienbeispiel soll das veranschaulichen: Unter einer Standarderadikationstherapie wurde bei Patienten über 24 Stunden der Magen-pH-Wert gemessen. Patienten mit erfolgreicher Eradikation besaßen einen Magen-pH-Wert von 6,4, die Therapieversager nur einen Wert von 5,2. In der ersten Gruppe war praktisch zu keinem Zeitpunkt der pH-Wert von 4 unterschritten, in der Gruppe der Therapieversager hingegen waren die pH-Werte etwa sechs Stunden lang unterhalb dieser Grenze [8].

Tabelle 1: Zusammensetzung der Eradikationsschemata nach [3]
1. Therapie
Dosis
2. Therapie*
Dosis
3. Therapie#
Dosis
4. Therapie*
Dosis
7 Tage
7 Tage
14 Tage
14 Tage
Amoxicillin
3 x 500 mg
Amoxicillin
4 x 500 mg
Minocyclin
2 x 200 mg
Amoxicillin
3 x 750 mg
Clarithromycin
3 x 200 mg
Clarithromycin
4 x 200 mg
Cefaclor
3 x 250 mg
-
-
Lansoprazol
2 x 30 mg
Lansoprazol
2 x 30 mg
Lansoprazol
2 x 30 mg
Omeprazol
3 x 40 mg
*nach Antibiogramm
# nicht nach Antibiogramm sondern nach Literatur [21]

Warum ist ein hoher Magen- pH-Wert für den Therapieerfolg einer Eradikation so entscheidend?

Zwei Gründe werden diskutiert. Einmal zeigt Helicobacter pylori unter nahezu neutralen Magen-pH-Bedingungen eine höhere Empfindlichkeit für Antibiotika wie Amoxicillin und Clarithromycin [9]. Außerdem besitzt Amoxicillin bei pH-Werten oberhalb von pH 4 eine höhere Stabilität [10].

Zusammenhänge zwischen dem Therapieerfolg einer Eradikation und dem CYP2C19-Genotyp sind vielfach untersucht worden. Diese Studien konnten deutliche Therapienachteile von Extensive Metabolizern gegenüber Trägern des defekten Gens und damit Poor Metabolizern aufdecken. So unterschieden sich die Heilungsraten für H. pylori nach einer einwöchigen Standard-Tripeltherapie bestehend aus Lansoprazol (2 x 30 mg), Clarithromycin (2 x 400 mg) und Amoxicillin (2 x 750 mg)

zwischen Extensive und Poor Metabolizern. In der Gruppe der Extensive Metabolizer war die Therapie bei nur 73% erfolgreich, wohingegen sich in der Gruppe der Poor Metabolizer bei 100 % der Teilnehmer eine vollständige Eradikation einstellte [11].

In dem vorliegenden Patientenfall lag leider keine Magen-pH-Messung vor. Es kann daher nur spekuliert werden, dass der schnelle Metabolisierungsstatus von Frau Müller wahrscheinlich zu einer geringen Arzneistoffexposition von Lansoprazol geführt hatte und diese dann nicht ausreichte, um den Magen-pH-Wert ausreichend auf Werte über pH 4 anzuheben. Gegen Clarithromycin war die Patientin resistent und Amoxicillin besaß dann vermutlich unter den niedrigen pH-Werten keine ausreichende Stabilität, um H. pylori abzutöten.

Warum empfahl der Apotheker eine Umstellung des Eradikationsschemas?

Wie oben beschrieben ist ein hoher Magen-pH-Wert eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche H.-pylori-Eradikation. Eine gute Studienlage bezüglich der Auswirkungen des CYP2C19Genotyps auf eine PPI-Therapie liegt für den Arzneistoff Omeprazol vor [12]. Daher beruhten die Therapieempfehlungen des Apothekers auf Studien, die eine entsprechende Omeprazoldosiserhöhung für Extensive Metabolizer empfohlen hatten [6, 13]. Die Verdreifachung der normalen Standarddosis Omeprazol auf 120 mg sollte die unterschiedliche Arzneistoffexposition von Extensive Metabolizern kompensieren und so die Wirksamkeit des Protonenpumpen-Inhibitors sicherstellen.

Steckbrief Helicobacter pylori

Die Helicobacter-pylori-Infektion ist die zweithäufigste Infektionskrankheit des Menschen und betrifft ca. 50% der Weltbevölkerung. H. pylori ist ein Bakterium, das in der Lage ist, die Magensäure zu überleben und sich in der Magenwand einzunisten. Die Folge kann eine dauerhafte Entzündung sein, die zu Magen- und Dünndarmgeschwüren führt. Auch besteht eine Assoziation zum Auftreten verschiedener Magenkarzinomarten. In Industrieländern werden die Folgen einer H.-pylori-Infektion für 2% der Todesfälle verantwortlich gemacht.


Warum war die Therapie mit Minocyclin und Cefaclor nicht erfolgreich?

Dem Fallbericht [3] ist zu entnehmen, dass der dritte Therapieversuch nach der wiederholten Erfolglosigkeit rein empirisch nach Literaturangaben erfolgte. Dieser Ansatz hatte keine weitere rationale Grundlage und stand in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Resistenzsituation der Patientin. Dieser dritte Anlauf einer Eradikationstherapie erscheint als ein verzweifelter Versuch, nach den vorherigen Misserfolgen doch irgendwie noch das Blatt für die Patientin günstig zu wenden.

Steckbrief CYP2C19 -Polymorphismus

Durch zahlreiche genetische Untersuchungen des Cytochrom-P450-Isoenzyms 2C19 (CYP2C19) wurden verschiedene Punktmutationen, also einzelne Unterschiede in der Abfolge der DNA-Bausteine, entdeckt. Einzelne Mutationen werden mit einem (*) markiert und durchnummeriert. Die Folgen einer solchen Punktmutation können sehr unterschiedlich sein und von einer Funktionslosigkeit (*2 bis *8) bis hin zu einer Überaktivität (*17) des Enzyms führen [16, 17]. Anhand der vorliegenden Allele erfolgt eine Einteilung der Metabolisierungsleistung für Stoffe, die über das CYP2C19-Enzym abgebaut werden. Liegen zwei Wildtyp-Allele vor, hat die Person keine Mutation und man spricht von sogenannten "schnellen" (Extensive) Metabolisierern (EM), deren Anteil in der kaukasischen Bevölkerung ca. 70% beträgt [18].

Beim Vorliegen eines Wildtyp-Allels und einem Allel mit einer Mutation (*2 bis *8) gehört man zu den sogenannten intermediären Metabolisierern (IM). Haben Personen auf beiden Allelen eine der oben aufgeführten Mutationen (*2 bis *8), so weisen sie keine funktionsfähigen CYP2C19-Enzyme auf und werden als "langsame" (Poor) Metabolisierer (PM) klassifiziert. Hiervon sind ca. 3 bis 5% der Kaukasier aber weit über 20% der asiatischen Bevölkerung betroffen [19].

Homozygote Träger, also Personen die auf beiden Allelen eine *17 Mutation aufweisen, werden als "sehr schnelle" (Ultra Rapid) Metabolisierer (URM) bezeichnet und können CYP2C19-Substrate überdurchschnittlich gut verstoffwechseln [20].

Die individuelle Metabolisierungsleistung des CYP2C19-Leberenzyms (URM>EM>IM>PM) hat also direkten Einfluss auf die Plasmaspiegel von Arzneistoffen die hierüber verstoffwechselt werden. Dies kann von kaum messbaren Spiegeln, da der Arzneistoff sehr schnell abgebaut wird, bis hin zu sehr hohen Spiegeln führen, wenn kein funktionierendes Enzym für den Abbau gebildet werden kann.


Warum war der vierte Therapieversuch nach der Detektion des schnellen Metabolisierungstyps für CYP2C19 mit der Monotherapie von Amoxicillin erfolgreich?

Beim vierten Therapieversuch wurde zusätzlich zur Hochdosis-Gabe von 120 mg Omeprazol nur noch eine Monotherapie mit Amoxicillin durchgeführt. Entscheidend für die Wahl des Antibiotikums war das vorliegende Antibiogramm des Keimes. Der Keim war gegenüber Amoxicillin empfindlich, wies jedoch gegenüber Clarithromycin eine Resistenz auf. Unter der erhöhten Dosis von 120 mg Omeprazol war nun auch zu erwarten, dass stabile pH-Bedingungen entstanden, unter denen Amoxicillin seine volle Wirksamkeit entfalten konnte. Das war für den Therapieerfolg ausschlaggebend. Die Erhöhung der Amoxicillin-Dosis von täglich 2 g auf 2,250 g spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle. Metronidazol als Antibiotikumalternative hatte die Patientin abgelehnt.

Sprechen alle Extensive Metabolizer für CYP2C19 gleichermaßen schlecht auf eine Eradikationstherapie an?

Nicht alle Extensive Metabolizer stellen Therapieversager dar. Der Grund hierfür ist in der interindividuellen Variabilität der Enzymfunktion zu suchen. Denn auch innerhalb dieser Genotyp-Gruppe unterscheiden sich die Metabolisierungsleistungen für verschiedene Protonenpumpen-Inhibitoren um über 50% [6, 14]. Es gibt also auch Extensive Metabolizer, die Plasmakonzentrationen erreichen, die einen ausreichenden Magen-pH-Anstieg ermöglichen.

Glossar

Allel
Allele sind die unterschiedlichen Varianten eines Gens an einer bestimmten Stelle (Genort). Jeder Mensch hat immer zwei Allele, eines von der Mutter und eines vom Vater.
AUC
Area under the Curve. Fläche unter der Konzentrations-/Zeitkurve als Maß für die Arzneistoffexposition.
Genotyp
Er stellt das Erbbild eines Organismus dar, also seine exakte genetische Ausstattung, die jeder Zellkern in sich trägt.
Heterozygot
Bedeutet generell mischerbig. Hier: Die beiden vorhandenen Allele unterscheiden sich.
Homozygot
Bedeutet reinerbig. Hier: Sowohl das mütterliche wie auch das väterliche Allel sind identisch.
Mutation
Veränderung des Erbgutes eines Organismus durch Veränderung der Abfolge der DNA-Basen.
Polymorphismus
Variation in der DNA-Sequenz mit einer Häufigkeit in der Bevölkerung von über 1%.
Punktmutation
Veränderung in der DNA-Sequenz, von der nur eine Base betroffen ist. Einzelne Mutationen werden mit einem (*) markiert und durchnummeriert.
Wildtyp
Erscheinungsform (hier die eines Gens), die in der freien Natur am häufigsten anzutreffen ist. Abweichungen hiervon werden als Mutation bezeichnet.

Fazit: Poor Metabolizer haben Therapievorteil

Zusammenfassend kann man sagen, dass Poor Metabolizer bei einer Standard-PPI-Therapie einen eindeutigen Therapievorteil haben. Ein Therapienachteil ergibt sich hingegen für Extensive Metabolizer. Dieser kann auch zu einem Therapieversagen führen, wie in dem Patientenfall geschehen. Die Ausprägung dieses Nachteils ist jedoch nicht bei jedem Extensive Metabolizer gleich, was zu Unterschieden im Therapieerfolg innerhalb der Genotyp-Gruppe führt. Auch beinhalten verschiedene Therapieschemata, die bei Versagen einer primären Eradikationstherapie eingesetzt werden, neben einer erhöhten Antibiotikagabe auch eine deutliche Erhöhung der PPI-Dosis. Bei vorausgesetztem empfindlichen Erreger für das gewählte Antibiotikum kann hier der Nachteil der schnellen Metabolisierer aufgehoben und die Therapie erfolgreich beendet werden [15].

Konsequenzen für denApothekenalltag

Das vorgestellte Beispiel zeigt, dass eine Genotypisierung eine sehr gute Möglichkeit darstellt, ein Therapieproblem zu lösen und einen Therapieerfolg herbeizuführen. Würde vor jeder Erstverschreibung eines Protonenpumpen-Inhibitors eine Genotypisierung vorgenommen, wäre eine rationalere Therapie möglich. Die PPI-Dosis könnte den Erfordernissen des Genotyps angepasst werden. Vermutlich könnte dann die Rate an Therapieversagern verringert werden. In welchem Umfang dem Gesundheitssystem Mehrkosten eines zweiten oder dritten Therapieversuchs nach Rezidiv erspart werden könnte, ist bislang nicht untersucht. Sicher ist aber, dass einzelne Patienten entscheidend profitieren könnten, weil ihnen ein langer Leidensweg erspart bleiben würde.

Der Vorteil einer Genotypisierung ist zweifellos auch, dass das Testergebnis eine lebenslange Gültigkeit besitzt. Darüber hinaus ist es auch für andere Arzneimitteltherapien wichtig. Es ist also von zentraler Bedeutung, dass der Apotheker sich auf diesem Gebiet auskennt. Ihm werden mit diesem Wissen Türen geöffnet, um Therapie-entscheidende Hilfestellungen zu geben. Damit kann er seine Bedeutung als Arzneimittelfachmann und "Patientenanwalt" für die Arzneimitteltherapie eindrucksvoll unterstreichen.


Literatur

[1] Fachinformation Herceptin® Stand September 2008.

[2] Fachinformation COUMADIN® TABLETS. Stand August 2007.

[3] Furuta T et al.: Cure of refractory duodenal ulcer and infection caused by Helicobacter pylori by high doses of omeprazole and amoxicillin in a homozygous CYP2C19 extensive metabolizer patient. Clin Pharmacol Ther. 2000; 67:684-689.

[4] Andersson T: Pharmacokinetics, metabolism and interactions of acid pump inhibitors. Focus on omeprazole, lansoprazole and pantoprazole. Clin Pharmacokinet. 1996; 31:9-28.

[5] Klotz U: Clinical impact of CYP2C19 polymorphism on the action of proton pump inhibitors: a review of a special problem. Int J Clin Pharmacol Ther 2006; 44:297-302.

[6] Furuta T et al: CYP2C19 genotype status and effect of omeprazole on intragastric pH in humans. Clin Pharmacol Ther 1999; 65:552-561

[7] Shimatani T et al. Effect of omeprazole 10 mg on intragastric pH in three different CYP2C19 genotypes, compared with omeprazole 20 mg and lafutidine 20 mg, a new H2-receptor antagonist. Aliment Pharmacol Ther 2003; 18:1149-1157.

[8] Sugimoto M: Evidence that the degree and duration of acid suppression are related to Helicobacter pylori eradication by triple therapy. Helicobacter 2007; 12:317-323.

[9] Scott D:The life and death of Helicobacter pylori. Gut 1998; 43 Suppl 1: S56-60.

[10] Goddard AF: Effect of omeprazole on the distribution of metronidazole, amoxicillin, and clarithromycin in human gastric juice. Gastroenterology 1996; 111:358-367.

[11] Furuta T: Pharmacogenomics-based tailored versus standard therapeutic regimen for eradication of H. pylori. Clin Pharmacol Ther 2007; 81:521-528.

[12] Shimatani T: Acid-suppressive effects of rabeprazole, omeprazole, and lansoprazole at reduced and standard doses: a crossover comparative study in homozygous extensive metabolizers of cytochrome P450 2C19. Clin Pharmacol Ther 2006; 79:144-152.

[13] Sagar M. et al: Effects of omeprazole on intragastric pH and plasma gastrin are dependent on the CYP2C19 polymorphism. Gastroenterology. 2000; 119:670-676

[14] Shirai N et al: Comparison of lansoprazole and famotidine for gastric acid inhibition during the daytime and night-time in different CYP2C19 genotype groups. Aliment Pharmacol Ther 2002;16:837-846.

[15] Peitz U et al.: A practical approach to patients with refractory Helicobacter pylori infection, or who are re-infected after standard therapy. Drugs 1999;57:905-920.

[16] Desta et al: Clinical Significance of the Cytochrome P450 2C19 Genetic Polymorphism. Clin Pharmacokinet 2002; 41:913-58.

[17] Human Cytochrome P450 (CYP) Allele Nomenclature Committee. http://www.cypalleles.ki.se/cyp2c19.htm, 12/11/2008

[18] Xie HG: Allelic, genotypic and phenotypic distributions of S-mephenytoin 4‘-hydroxylase (CYP2C19) in healthy Caucasian populations of European descent throughout the world. Pharmacogenetics 1999; 9:539-549.

[19] Rogers JF: Pharmacogenetics affects dosing, efficacy, and toxicity of cytochrome P450-metabolized drugs. Am J Med 2002; 113:746-750.

[20] Baldwin RM et al: Increased omeprazole metabolism in carriers of the CYP2C19*17 allele; a pharmacokinetic study in healthy volunteers. Br J Clin Pharmacol. 2008; 65:767-774.

[21] Nakae M et al: Drug susceptibility of clinically isolated Helicobacter pylori. Jpn J Antibiot 1998;51:281-285.

[22] Kashuba A, Bertino J:Mechanisms of drug interactions I. In: Piscitelli SC, Rodvold KA, eds. Drug Interactions in Infectious Diseases. 2nd ed. Totowa, NJ: Humana; 2005: 13-39.


Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Stephanie Läer

Klinische Pharmazie und Pharmakotherapie

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Universitätsstr.

40225 Düsseldorf
Abb. 2: Unterschiedliche Arzneistoffexposition nach Gabe von Omeprazol und Lansoprazol bei Extensive Metabolizern (EM) und Poor Metabolizern (PM). Die hohe Metabolisierungsleistung der EM führt bei Omeprazol zu 3- bis 4-fach und bei Lansoprazol zu 6-fach geringeren AUC-Werten als bei PM. [4]. In anderen Studien unter Therapie mit verschiedenen Protonenpumpen-Inhibitoren zeigten EM bei gleicher Dosis sogar eine 5- bis 15-fach niedrigere AUC als PM [5]. Die Darstellung gibt Plasmakonzentrations-Zeit-Profile im Steady State (Tag 7) bei Gabe von 20 mg Omeprazol (a) und 30 mg Lansoprazol (b) wieder. Vergleichend sind EM (blaue Kurve) und PM (orange Kurve) dargestellt [4].
Abb. 3: Anteil der Cytochrom-P-450-Enzyme am Arzneistoffmetabolismus [22].

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