Malariaprophylaxe

Klinische Immunisierung durch Antibiotika

Berlin / Heidelberg - 20.07.2010, 11:59 Uhr


Wenn Mäuse drei Tage lang ein Antibiotikum erhalten haben, bleibt sowohl die gleichzeitige als auch die spätere Infektion mit Malariaerregern symptomlos: Die Tiere sind klinisch immun. Die kürzlich

Wissenschaftler um Steffen Borrmann im Department für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg und Kai Matuschewski vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin haben die Tierversuche durchgeführt. Sie haben Sporozoiten von Plasmodien, mit denen die Fiebermücken beim Blutsaugen den Menschen infizieren, den Mäusen intravenös injiziert und ihnen zugleich drei Tage lang die Antibiotika Clindamycin oder Azithromycin verabreicht. Wie bei einer natürlichen Infektion nisteten die Sporozoiten sich zwar in den Leberzellen ein und reiften dort durch Kernteilungen zu Leberschizonten und Merozoiten heran, die sich in der Blutbahn verteilten. Aber anders als bei der natürlichen Pathogenese drangen die Merozoiten nicht in die Erythrozyten ein, sodass bei den Mäusen keine Symptome der Malaria auftraten. Nach 40 Tagen, nach vier Monaten und nach sechs Monaten wiederholten die Forscher die Injektion der Sporozoiten ohne erneute Antibiotikagaben. Auch bei diesen Versuchen blieben die Symptome der Malaria aus. Offensichtlich hatte die einmalige Gabe der Antibiotika zusammen mit den Sporozoiten das Immunsystem der Mäuse langfristig aktiviert.

Um die Exposition des Menschen gegenüber den infektiösen Fiebermücken im Tierversuch zu simulieren, wurde in einer weiteren Versuchsreihe die Dosierung der Erreger geändert: Den Mäusen wurden die Sporozoiten mehrmals hintereinander, aber jeweils in sehr geringen Mengen injiziert. Dabei blieben nur 30 Prozent der Mäuse von der Malaria verschont, doch hatte sie bei den erkrankten Tieren einen milderen Verlauf, und die besonders gefährliche zerebrale Malaria trat viel seltener auf.

Der Wirkort der Antibiotika ist der Apikoplast, eine eigentümliche Organelle der Plasmodien, die evolutionsgeschichtlich von einem Bakterium stammt. Nur mithilfe funktionsfähiger Apikoplasten können die Plasmodien in die Zellen ihres Wirts eindringen. Wenn Sporozoiten die Leberzellen befallen haben, wirken die Apikoplasten bei gleichzeitiger Gabe von Antibiotika als Antigene, die das Immunsystem dauerhaft aktivieren. Die Infektiologen in Berlin und Heidelberg sind der Meinung, dass eine periodische, kurzzeitige Antibiotikagabe an Bewohner von Malariagebieten das Potenzial hat, der Erkrankung vorzubeugen oder zumindest ihren Verlauf zu mildern. Nebenwirkungen durch diese medikamentöse Prophylaxe seien nicht zu erwarten.

Quelle: Friesen J, et al. Natural Immunization against Malaria: Causal Prophylaxis with Antibiotics. Sci Transl Med 2010 Jul 14;2(40):40ra49.


Dr. Wolfgang Caesar


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