Gesetzliche Krankenversicherung

Milliarden-Defizit bei Krankenkassen befürchtet

Berlin - 05.10.2009, 09:37 Uhr


Der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) droht im kommenden Jahr ein Milliardenloch. „Wir erwarten für die GKV insgesamt ein Defizit von sechs bis neun Milliarden Euro“, sagte der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen vdek, Thomas Ballast, am 4. Oktober der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Die Finanzprobleme

Die FDP sieht sich in ihrer Kritik am Gesundheitsfonds bestätigt. „Der Fonds hat mit zu dem befürchteten Defizit beigetragen“, sagte der FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr der dpa. „Hätten die Krankenkassen Beitragsautonomie, dann hätten sie einen Anreiz gehabt, die Ausgaben mit den Einnahmen zu decken.“ Stagnierende Einnahmen dürften einem Ausgabenanstieg bis zu fünf Prozent gegenüberstehen, sagte Ballast. In diesem Jahr hat der Fonds, über den die Finanzen der Kassen abgewickelt werden, ein Budget von rund 167 Milliarden Euro. Auch der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem hatte in der „Berliner Zeitung“ von einem erwarteten Minus von sechs bis neun Milliarden Euro gesprochen. Mehr als jede zweite Kasse werde 2010 Zusatzbeiträge erheben.
Bahr sagte: „Die Forderung an die Union lautet, vorbehaltlos über den Fonds zu diskutieren.» Die FDP will den Fonds am liebsten abschaffen, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an ihm festhalten. Bahr sprach sich dafür aus, den Krankenkassen die mit dem Fonds genommene Entscheidung über die Höhe ihrer Beiträge wieder zurückzugeben. „Die Zielrichtung der FDP ist ein wirkliches Prämiensystem“, sagte er. „Wir müssen zu einer Entkopplung der Finanzierung von den Arbeitskosten kommen.“
Ballast warnte vor Insolvenzen von Krankenkassen, wenn sie das fehlende Geld über Zusatzbeiträge nach den derzeit gültigen Regeln aufbringen müssten. „Viele Kassen sind wegen der 1-Prozent- Begrenzung der Zusatzbeiträge nicht in der Lage, das fehlende Geld über Zusatzbeiträge zu erheben.“ Zusatzprämien sollen Kassen von ihren Versicherten erheben, wenn sie mit dem Geld aus dem Fonds nicht auskommen. Sie sind auf ein Prozent des Einkommens begrenzt.
Die alte oder die kommende Regierung hätte nach geltendem Recht noch andere Möglichkeiten, die Finanzlücke zu schließen. Sie könnte die Steuerzuschüsse schneller steigen lassen als bislang geplant, den Einheitsbeitragssatz von derzeit 14,9 Prozent erhöhen oder mit einem drastischen Spargesetz schnell auf die Kostenbremse drücken. Gegen einen Anstieg des Einheitssatzes zulasten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hatte sich bereits die scheidende Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gewandt. Auch Bahr lehnte einen Anstieg der Lohnzusatzkosten strikt ab.

Ballast forderte, die Steuerzuschüsse vorzuziehen und den Einheitsbeitragssatz zu erhöhen. „Die Regierung wird nicht lange warten können.“ Nötig sei auch ein deutlicher Sparkurs. „Ärzte, Kliniken und der Arzneimittelsektor müssen sich auf eine Zeit der Sparsamkeit und Bescheidenheit einstellen.“


dpa