Spanien

EU-Generalanwalt bemängelt Zulassungsregelungen für Apotheken

Luxemburg - 01.10.2009, 11:15 Uhr


Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Poiares Maduro, ist der Auffassung, dass die Rechtsvorschriften der spanischen Region Asturien zur Regelung des Apothekenwesens gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Die Regelung, die die Anzahl

Zwei spanische Apotheker hatten in der Autonomen Gemeinschaft Asturien eine Zulassung zur Eröffnung einer Apotheke beantragt. Als diese ihnen verweigert wurde, klagten sie sich zunächst erfolglos durch die gerichtlichen Instanzen. Die Entscheidungen der nationalen Gerichte  beruhen dabei auf den asturischen Rechtsvorschriften zur Regelung des Apothekenwesens. Sie sehen unter anderem bestimmte Beschränkungen für die Eröffnung von Apotheken in Asturien vor. So wird auch die Anzahl der Apotheken in einem Gebiet nach Maßgabe der dortigen Bevölkerungszahl und eine geografische Begrenzung beschränkt: eine neue Apotheke darf demnach nicht eröffnet werden, wenn sie weniger als 250 Metern von einer anderen Apotheke entfernt liegt. Zudem werden Kriterien zur Differenzierung zwischen konkurrierenden Zulassungsbewerbern aufgestellt: Dabei werden für Berufs- und Lehrerfahrung der Bewerber Punkte vergeben werden; die Punktezahl fällt höher aus, wenn diese in kleinen Orten gesammelt wurde. Allerdings kann die Berufserfahrung nur einmal für den Erwerb einer Zulassung berücksichtigt werden; wurde eine Zulassung einmal erteilt, wird sie auf Null gesetzt. Erreichen mehrere Bewerber die gleiche Anzahl an Punkten, werden die Zulassungen nach folgender Rangfolge erteilt: erstens an Pharmazeuten, die noch nicht Inhaber einer Apotheke waren, zweitens an Pharmazeuten, die Inhaber von Apotheken in Orten mit weniger als 2800 Einwohnern waren, drittens an Pharmazeuten, die ihre Tätigkeit in Asturien ausgeübt haben, und schließlich an Pharmazeuten, die die größeren akademischen Verdienste vorweisen.

In der letzten Instanz kamen dem spanischen Gericht Zweifel, ob diese Regelung mit dem im EG-Vertrag vereinbar ist. Entsprechend hat es dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung. Der zuständige Generalanwalt hat am 30. September seine Schlussanträge gestellt: Er sieht in der nationalen Vorschrift eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Dabei erinnert er aber daran, dass solche Regelungen gerechtfertigt sein können, wenn die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind: Keine diskriminierende Anwendung, Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, Eignung, die Erreichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten, und Beschränkung auf das, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist. Nach seinen Ausführung ist der überwiegende Teil der Regelung nicht diskriminierend, da sie alle Pharmazeuten unabhängig von ihrer Herkunft gleich behandelt. Dagegen stellten die Kriterien, denenzufolge Antragsteller, die als Pharmazeuten im Gebiet von Asturien tätig waren, zusätzliche Priorität genießen, eine unzulässige Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar.

Auch die an die Bevölkerungszahl und an geografische Grenzen anknüpfenden Beschränkungen verfolgen nach den Feststellungen von Maduro grundsätzlich das anerkennenswerte Ziel, die Gesundheit der Bevölkerung durch eine gute pharmazeutische Versorgung in allen Gebieten Asturiens zu schützen. Grundsätzlich könne ein System, das Anreize für Pharmazeuten schaffe, sich in kleineren, weniger profitablen Orten niederzulassen, ein geeignetes Mittel sein, um die Versorgung mit pharmazeutischen Dienstleistungen in einem gesamten Gebiet zu gewährleisten. Dennoch ist der Generalanwalt der Ansicht, dass die asturische Regelung bei der Verfolgung dieses Ziels unter einer Reihe von Gesichtspunkten nicht einheitlich und kohärent ist. Dies sei dann der Fall, wenn diese Regelung „diejenigen, die Apotheken in unterversorgten Gebieten eröffnen, nicht eindeutig besser stellt als diejenigen, die einfach nur auf eine Chance in einem lukrativen Gebiet warten, und wenn aufgrund der Regelung pharmazeutische Zulassungen zu einem Vermögenswert werden, so dass die Wirksamkeit der Anreizregelung in Frage gestellt wird“.

Was schließlich das Erfordernis einer Mindestentfernung zwischen den Apotheken angeht, ist es nach Auffassung des Generalanwalts Sache des nationalen Gerichts zu entscheiden, „ob die konkret festgelegte Entfernung gerechtfertigt ist, wobei es den Umfang der Beeinträchtigung des Niederlassungsrechts, die Natur des geltend gemachten Allgemeininteresses sowie die Möglichkeit zu berücksichtigen hat, inwieweit angesichts der Anzahl und der Verteilung der Apotheken in der Region sowie der Bevölkerungsverteilung und -dichte eine flächendeckende Versorgung auch durch ein weniger entschneidendes Mittel erreicht werden könnte“.


Kirsten Sucker-Sket