Arzneimittel und Therapie

Steroide können abgesetzt werden

Langzeiteinnahme bei rheumatoider Arthritis nicht immer notwendig

Glucocorticoide müssen im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis nicht zwangsläufig dauerhaft angewendet werden. Neuen Daten zufolge zeigt die kontinuierliche Cortison-Einnahme zwar etwas bessere Erfolge, aber auch ein ausschleichendes Absetzen war in vielen Fällen möglich. So könnten Corticoid-Nebenwirkungen vermieden werden.

Glucocorticoide stellen einen etablierten Therapiebaustein bei rheumatoider Arthritis dar. Da die langfristige Einnahme mit unerwünschten Wirkungen wie Osteoporose, Infektionen oder kardiovaskulären Komplikationen einhergehen kann, stellt sich die Frage, ob ein Absetzen der Glucocorticoide möglich ist – im Idealfall ohne dabei den Therapieerfolg einzubüßen. Mit dieser Problematik befasste sich eine doppelblinde, multizentrische, randomisierte klinische Studie (SEMIRA). Eingeschlossen wurden 259 Probanden mit rheumatoider Arthritis, die unter dem Interleukin-6-Rezeptorinhibitor Tocilizumab (Roactemra®) und Glucocorticoiden (5 mg Prednison für mehr als vier Wochen) über 24 Wochen eine stabile niedrige Krankheitsaktivität erreicht hatten. Diese wurde mithilfe eines 10-Punkte-Scores gemessen. Dabei steht 0 für eine fehlende und 10 für die höchste Krankheitsaktivität. Vor Studienbeginn lag der Wert bei allen Teilnehmern bei maximal 3,2 Punkten. Die Patienten wurden auf das Beibehalten von täglich 5 mg Prednison für 24 Wochen oder ein Ausschleichen von Prednison auf 0 mg in Woche 16 randomisiert. Alle Teilnehmer erhielten weiter Tocilizumab mit oder ohne DMARD (Disease-modifying anti-rheumatic drugs). Primärer Endpunkt war die Differenz in der Krankheitsaktivität gemessen anhand des 10-Punkte-Scores zwischen Studienbeginn und Woche 24.

Besseres Ergebnis unter ­Beibehalten des Corticoids

Bei den Patienten, die weiterhin Prednison erhielten, war das klinische Ergebnis besser als bei den Probanden, bei denen Prednison langsam abgesetzt wurde. In der Woche 24 betrug die durchschnittliche Veränderung des 10-Punkte-Scores +0,54 in der Ausschleichgruppe. Nahmen die Patienten kontinuierlich niedrigdosiertes Prednison ein, so nahm der Wert um –0,08 Punkte ab. Dies entspricht einer durchschnittlichen Differenz von 0,61 Punkten und ist hoch signifikant (p < 0,0001) zugunsten von niedrigdosiertem Prednison. Bei 65% der Probanden, die Prednison komplett ausgeschlichen hatten, konnte kein Wiederaufflammen der Entzündungen festgestellt werden. Im Vergleich führte die niedrigdosierte Weiterbehandlung bei 77% zu einer stabilen Krankheitsaktivität. Das heißt, dass trotz der besseren Ergebnisse unter der Fortführung von Prednison bei zwei Drittel der Patienten das Corticoid ohne relevante Wirkeinbußen entzogen werden konnte. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten mit 5% der Patienten der Absetzgruppe und 3% Patienten der Verumgruppe in beiden Schemata fast gleich häufig auf. Eine symptomatische Nebenniereninsuffizienz wurde bei keinem Probanden beobachtet.

Was bedeutet dieses Ergebnis für die Praxis?

Das Ausschleichen der Steroide war bei 65% der Patienten erfolgreich. Im Einzelfall kann daher erwogen werden, ob eine weitere Therapie mit Glucocorticoiden sinnvoll ist oder ob ein Absetzen versucht werden kann. Das Studienergebnis könnte dazu beitragen, dass auch bei anderen Erkrankungen, die langfristig mit Corticoiden behandelt werden, ein ähnliches Vorgehen – Absetzen versus Beibehalten der Therapie – untersucht wird. |
 

Literatur

Burmester GR et al. Continuing versus tapering glucocorticoids after achievement of low disease activity or remission in rheumatoid arthritis (SEMIRA): a double-blind, multicentre, randomised controlled trial. Lancet 2020; 396: 267–76

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.