Arzneimittel und Therapie

Remission dank Kombinationstherapie

Bis vor Kurzem war unklar, ob die Remission bei der Behandlung der aktiven rheumatoiden Arthritis überhaupt ein realistisches, erreichbares Ziel ist. Wie die Zwischenergebnisse der Comet-Studie zeigen, konnte nach einjähriger Therapie mit einer Kombination aus Etanercept und Methotrexat bei der Mehrheit der Patienten im frühen Stadium der aktiven rheumatoiden Arthritis nicht nur eine klinische und funktionelle sondern auch eine radiologische Remission erreicht werden. Dabei erwies sich die Kombination gegenüber der Monotherapie mit Methotrexat als überlegen.

Neben der Schmerzreduktion ist aus Sicht der Patienten die Verbesserung der durch eine rheumatische Erkrankung verursachten Behinderung bzw. die Wiederherstellung ihrer körperlichen Fähigkeiten im Alltag das wichtigste Therapieziel.

Die auf zwei Jahre angelegte randomisierte, multizentrische, doppelblinde Comet-Studie (Combination of Methotrexate and Etanercept in active early rheumatoid Arthritis) vergleicht derzeit die Wirksamkeit einer Kombination von Methotrexat (MTX) und Etanercept mit Methotrexat-Monotherapie im Hinblick auf die Wiederherstellung der körperlichen Funktionsfähigkeit. Die Studie ist dabei die erste große klinische Untersuchung, bei der die Remission als primäres Zielkriterium definiert wurde. Bereits in der kürzlich abgeschlossenen ersten Zwölfmonatsperiode zeigte sich eine signifikante Überlegenheit der Kombination. Die Studie umfasst insgesamt 542 Patienten, mit einer aktiven rheumatoiden Arthritis im Frühstadium (bisherige Krankheitsdauer maximal zwei Jahre), die zuvor noch nicht mit MTX behandelt worden waren. 274 von ihnen erhielten eine Kombination aus MTX (7 bis 20 mg pro Woche) plus Etanercept (50 mg pro Woche), 268 erhielten MTX plus Placebo. Vor Studienbeginn wiesen die Patienten einen mittleren DAS28 (Mean Disease Activity Score) von 6,5 auf. Primäre Endpunkte waren der Anteil an Patienten, die nach 52-wöchiger Behandlung eine DAS28-Remission (DAS28 < 2,6) erreichten sowie die Veränderung im Total Sharp Score (radiologische sichtbare Veränderungen der Gelenke). Sekundäre Zielparameter waren ACR 20 (entspricht einer 20-prozentigen Besserung der ACR-Kriterien), ACR 50 und ACR 70, der Anteil an Patienten mit einem HAQ (Health Assessment Questionnaire) innerhalb der Norm (≤ 0,5), sowie die Zahl der krankheitsbedingten Arbeitsausfälle.

Anteil der Patienten, die das jeweilige Bewertungskriterium erfüllen
KriteriumMethotrexat + EtanerceptMethotrexat
DAS28 < 2,650%28%
mTSS ≤ 0,580%59%
ACR 2086%67%
ACR 5071%49%
ACR 7048%28%
HAQ < 0,555%39%

Kombination deutlich überlegen

Bereits nach zwei Wochen war die Zahl der Patienten die eine klinische Remission (DAS28) zeigten, unter der Kombinationstherapie signifikant höher als unter Monotherapie. Nach zwölf Monaten hatten 50% der Patienten, die die Kombinationstherapie erhielten einen DAS28 < 2,6 wohingegen in der Vergleichsgruppe nur bei 28% eine klinische Remission festgestellt werden konnte (s. Tabelle). Auch der Vergleich der Röntgenbilder von Händen und Füßen, die vor Beginn der Comet-Studie und nach zwölf Monaten angefertigt wurden, belegt einen zusätzlichen Nutzen der Kombinationstherapie. Die im Röntgenbild sichtbare entzündliche Gelenkzerstörung, gemessen anhand des mittleren Sharp-Gesamt-Score (mTSS) nahm unter Etanercept + MTX um lediglich 0,27 Punkte zu, während unter MTX-Monotherapie ein Anstieg um 2,44 Punkte zu verzeichnen war. Nach 52 Wochen zeigten 80% der Patienten, die die Wirkstoffkombination erhalten hatten, eine radiologische Remission (oder Nicht-Progression, definiert als eine Veränderung des mTSS ≤ 0,5). Unter einer Methotrexat-Monotherapie wurde im Sharp-Score dagegen nur bei 59% der Patienten kein Fortschreiten der Gelenkzerstörung festgestellt (p < 0,001). Auch beim Vergleich der Krankheitsaktivität anhand des ACR-Score schnitt die Kombination besser ab: Unter Etanercept plus MTX erreichten 48% ACR 70, aber nur 28% der Patienten unter Methotrexat-Monotherapie (s. Tabelle). Die Funktionskapazität der Patienten wurde mit Health Assessment Questionnaire (HAQ) ermittelt. Nach 52 Wochen wurde bei den Patienten unter Etanercept plus MTX eine 61%-ige, unter MTX-Monotherapie eine 44%-ige Verbesserung der HAQ-Scores registriert. Der Anteil Patienten, deren HAQ dem Normalwert (HAQ ≤ 0,5), entsprach lag unter der Kombinationstherapie bei 55% verglichen mit 39% in der Monotherapie-Gruppe (siehe Tabelle). Dies hat auch Folgen für die Arbeitsfähigkeit der Patienten. Im zu Ende gegangenen ersten Studienjahr konnten 24% der arbeitenden Studienteilnehmer in der MTX-Gruppe mindestens einmal rheumabedingt nicht zur Arbeit gehen, wohingegen die Quote in der Etanercept + MTX-Gruppe nur bei 9% lag. Über die Reduzierung der Arbeitsausfälle kommt damit der Nutzen der Kombinationstherapie nicht nur dem Patienten sondern auch der Allgemeinheit zugute.

Keine Veränderungen im Sicherheitsprofil

Mit 92% (MTX-Mono) bzw. 90% (Kombi) war der Patientenanteil der über Nebenwirkungen berichtete in beiden Studienarmen etwa gleich groß. Am häufigsten wurden Nausea sowie Nasopharyngitis beobachtet. Die Häufigkeit schwerwiegender unerwünschter Wirkungen war mit 33 Patienten (12%) bei der Kombinationstherapie und 34 Patienten (13%) unter Monotherapie vergleichbar und auch hinsichtlich der Inzidenz maligner Erkrankungen wurden keine Unterschiede zwischen den beiden Patientenkollektiven festgestellt. Tuberkulose oder demyelinisierende Erkrankungen wurden nicht beobachtet. Es trat ein Todesfall infolge von Ateminsuffizienz auf, dieser wurde jedoch nicht auf die Studienmedikation zurückgeführt, die Verblindung des Probanden soll daher erst nach Studienende aufgehoben werden.

Messgrößen zur Bestimmung der Schweregrade

rheumatoider Erkrankungen

  • Health Assessment Questionnaire (HAQ)

Fragebogen zur Erfassung der Behinderung. Auf einer Skala von 0 (= keine Behinderung) bis 3 (= hohe Behinderung) bewertet der Patient seine Fähigkeiten, alltägliche Tätigkeiten wie Anziehen, Essen, Körperpflege etc. auszuführen.

  • Disease Activity Score (DAS28)

Maß für die Aktivität der rheumatoiden Arthritis.

Folgende Parameter gehen mit in die Berechnung ein:

– Anzahl druckschmerzhafter Gelenke (aus 28)

– Anzahl geschwollener Gelenke (aus 28)

– Blutsenkungsgeschwindigkeit

– Patientenurteil zur Krankheitsaktivität

  • ACR-Score

Die Amerikanische Rheumatologie Gesellschaft (American College of Rheumatology, ACR) erstellte einen Kriterien-Katalog zur Rheuma-Beurteilung. Die Messung der Krankheitsaktivität erfolgt dabei durch die Bestimmung folgender Parameter:

1. Zahl der druckschmerzhaften Gelenke

2. Zahl der geschwollenen Gelenke

und drei weiteren zutreffenden Kriterien der folgenden fünf:

1. Schmerzeinschätzung des Patienten

2. Subjektive Einschätzung der allgemeinen Krankheitsaktivität durch den Patienten

3. Einschätzung der allgemeinen Krankheitsaktivität durch den Arzt

4. Subjektive Einschätzung der physischen Funktionen durch den Patienten (HAQ)

5. Untersuchung der "Akute-Phase-Parameter" wie BSG und CRP

ACR20 / ACR50 / ACR70 entspricht einer mindestens 20-, 50- bzw. 70-%igen Besserung in den beiden ersten Kriterien und drei der weiteren fünf Kriterien.

  • mTSS (modified Total Sharp Score)

Messgröße zur Bestimmung von Veränderungen der Knochenerosion und Verengungen des Gelenkspalts anhand von Röntgenbildern

Remission durch frühzeitige Kombinationstherapie

Diese Comet-Studie zeigt jetzt erstmals, dass auch Patienten mit früher rheumatoider Arthritis von einer Kombination aus Etanercept und MTX profitieren. Bislang hatten Studien – wie etwa die Tempo-Studie (Trial of Etanercept and Methotrexate with Radiographic Patient Outcome) – immer Patienten mit lang andauernder rheumatoider Arthritis untersucht. Die Comet-Studie bestätigte die guten Ergebnisse der Tempo-Studie nun auch im Frühstadium. Die Daten zeigen, dass bei frühzeitiger Behandlung mit einer Kombinationstherapie aus MTX und Etanercept eine Remission erreichbar ist, die fortan auch das Ziel der Therapie einer rheumatoiden Arthritis sein sollte.

 

Quelle
Emery, P.; et al.: Comparison of methotrexate monotherapy with a combination of methotrexate and etanercept in active, early, moderate to severe rheumatoid arthritis (COMET): a randomised, double-blind, parallel treatment trial. Lancet 2008; 372: 375 – 82

 


Apotheker Dr. Andreas Ziegler

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.