Arzneimittel und Therapie

Morbus Crohn durch Rheuma-Therapie?

Etanercept mit erhöhtem Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen assoziiert

TNF-α-Antagonisten haben die Behandlung von rheumatoider Arthritis und Co. grundlegend verändert. Doch möglicherweise begünstigen die wirksamen Biologika ein paradoxes Phänomen: Während sie die eine Autoimmunerkrankung in Schach halten, flammen an anderer Stelle Entzündungen auf. Vor allem Etanercept fiel hierbei negativ auf.

Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Psoriasis oder ankylosierender Spondylitis (Morbus Bechterew) erhalten zunächst Basistherapeutika wie Methotrexat. Wenn diese nicht ausreichen, um eine Remission zu erreichen, werden TNF‑α-Antagonisten wie Infliximab (z. B. Remicade®), Etanercept (z. B. Enbrel®) oder Adalimumab (z. B. Humira®) eingesetzt. Zentrale Sicherheitsbedenken bei diesen Wirkstoffen sind vor allem erhöhte Risiken für Infektion und maligne Erkrankungen. Zudem existieren Fallberichte, dass unter der Therapie mit TNF-α-Antagonisten weitere Autoimmunerkrankungen auftreten.

In einer dänischen Registerstudie wurden die Daten von Personen analysiert, die aufgrund ihrer Diagnose zwischen 2004 und 2017 für eine Behandlung mit TNF-α-Antagonisten infrage kamen. Insgesamt konnten rund 80.000 Patienten in die Analyse eingeschlossen werden, von denen etwa 17.000 (21,2%) einen TNF-α-Antagonisten erhielten. Die Patienten litten vor allem unter rheumatoider Arthritis, Psoriasis/Psoriasis-Arthritis und seltener unter Morbus Bechterew. Am häufigsten wurde Etanercept (n =  9072) ein­gesetzt, gefolgt von Adalimumab (n = 8355) und Infliximab (n = 7344). Golimumab und Certolizumab wurden deutlich seltener angewandt.

Innerhalb des Untersuchungszeitraums erkrankten 424 Patienten zusätzlich an Morbus Crohn (ca. 0,5%). Hierbei war das Risiko vor allem unter Etanercept erhöht. So entwickelten 31 Patienten innerhalb von im Median 15 Monaten nach Beginn der Therapie mit Etanercept die chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Das Risikoverhältnis war mit einer Hazard Ratio (HR) von 2,0 (95%-Konfidenzintervall [KI] 1,4 bis 2,8) verdoppelt im Vergleich zu Patienten, die keinen TNF-α-Antagonisten für die primäre Autoimmunerkrankung erhalten hatten. Bei den anderen TNF-α-Antagonisten wurde eine nicht signifikante Risikoerhöhung beobachtet.

Unter Etanercept wurde zudem ein erhöhtes Risiko für Colitis ulcerosa festgestellt. Die Erkrankung trat bei 40 Etanercept-behandelten Patienten auf. Die mediane Behandlungsdauer betrug 14 Monate. Auch hier wurde eine Verdopplung des Risikos beobachtet (HR 2,0; 95%-KI 1,5 bis 2,8). Bei den anderen TNF-α-Antagonisten zeichnete sich hingegen wiederum keine signifikante Risikoveränderung ab.

Die Studie zeigt, dass von den TNF-α-Antagonisten insbesondere Etanercept mit einem erhöhten Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen assoziiert ist. Der zugrundeliegende Pathomechanismus ist bislang nicht erklärbar. Dennoch sollte bei Darmproblemen unter Etanercept sicherheits­halber frühzeitig zu einer ärztlichen Abklärung geraten werden. |

Literatur

Korzenik J et al. Increased risk of developing Crohn’s disease or ulcerative colitis in 17,018 patients while under treatment with anti TNFα agents, particularly etanercept, for autoimmune diseases other than inflammatory bowel disease. Aliment Pharmacol Ther 2019;50(3):289-294

Apothekerin Dr. Karin Schmiedel

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.