Arzneimittel und Therapie

Golimumab bei entzündlichen Erkrankungen

Der neue monoklonale Antikörper Golimumab hemmt den Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha) und soll bei entzündlichen Erkrankungen eingesetzt werden. Dazu gehören die rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis und ankylosierende Spondylitis (Morbus Bechterew). Die europäische Zulassung von Golimumab wurde im März 2008 beantragt. Auf der Jahrestagung der European League Against Rheumatism (EULAR) in Paris wurden jetzt fünf zulassungsrelevante Phase-III-Studien vorgestellt.

Golimumab ist wie Infliximab, das als erste Substanz dieser Klasse im Jahr 1999 eingeführt wurde, ein monoklonaler Antikörper gegen TNF-alpha. Im Gegensatz zum chimärischen Infliximab, das noch Mausanteile enthält, ist Golimumab ein vollständig humaner Antikörper.

Der Tumornekrosefaktor TNF-alpha

Der Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha) spielt eine zentrale Rolle bei der Pathogenese von Entzündungsreaktionen: Er wird durch die Wechselwirkung eines noch unbekannten Antigens mit T-Zellen freigesetzt und stimuliert die Makrophagen zur weiteren Freisetzung von TNF-alpha und Interleukin 1, was komplexe proinflammatorische Reaktionen auslöst. Es kommt zu einem Einstrom von Leukozyten ins Gewebe, zur Bindegewebsproliferation, zur Verdickung der Synovia und zur Gelenkdestruktion.

Eine Möglichkeit zur Neutralisierung des TNF-alpha ist der Einsatz von monoklonalen TNF-alpha-Antikörpern wie Infliximab, Adalimumab, Etanercept und dem neuen Golimumab. Sie werden vor allem in der Rheumatherapie eingesetzt.


Der Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha) spielt eine zentrale Rolle bei der Pathogenese von Entzündungsreaktionen. Eine Möglichkeit zur Neutralisierung ist der Einsatz von monoklonalen TNF-alpha-Antikörpern wie Infliximab und dem neuen Golimumab.

Wirksam bei rheumatoider Arthritis

Die Phase-III-Studien mit dem neuen TNF-alpha-Antikörper Golimumab dauerten jeweils 24 Wochen und schlossen mehrere hundert Patienten ein.

Drei Studien beschäftigten sich mit der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Golimumab bei Patienten mit rheumatoider Arthritis: GO-BEFORE für Rheumatiker, die bis dahin weder Methotrexat noch einen TNF-alpha-Blocker erhalten hatten, GO-FORWARD für Patienten mit Methotrexat-Vortherapie (mindestens 15 mg pro Woche, mindestens drei Monate lang) und GO-AFTER für Patienten mit Anti-TNF-alpha-Vorbehandlung.

Die Dosierung von Golimumab betrug 50 oder 100 mg subkutan alle vier Wochen. In GO-BEFORE und GO-FORWARD wurde es in beiden Dosen mit Methotrexat kombiniert, in einem dritten Arm wurden 100 mg Golimumab als Monotherapie gegeben und im vierten Methotrexat als Monotherapie. Als Maßstab für den Erfolg dienten die Kriterien des American College of Rheumatology (ACR): Eine Verbesserung der Symptome der rheumatoiden Arthritis um 20, 50 bzw. 70% wird hier als ACR20-, -50- bzw. -70-Response bezeichnet.

Die nur minimal vorbehandelten Patienten in GO-BEFORE erreichten nach 24 Wochen eine ACR50-Response von 41% (50 mg Golimumab plus Methotrexat), 37% (100 mg Golimumab plus Methotrexat), 33% (nur 100 mg Golimumab) bzw. 29 % (nur Methotrexat). Damit waren die Kombinationstherapien wirksamer als Methotrexat allein (p=0,053).

In der GO-FORWARD-Studie erreichten die kombiniert behandelten Patienten nach 14 Wochen eine ACR20-Response von 55 bzw. 56% vs. 44% mit Golimumab allein und 33% mit Methotrexat allein. Hier war die Überlegenheit der Kombinationstherapie über die Methotrexat-Monotherapie durchweg signifikant. Ebenfalls signifikant besser schnitten die kombiniert behandelten Patienten beim anderen primären Endpunkt dieser Studie ab, dem Grad der Behinderung durch die rheumatoide Arthritis bei alltäglichen Tätigkeiten, gemessen mit dem Health Assessment Questionnaire (HAQ) nach 24 Wochen.


Nach der Bindung an seine Rezeptoren löst TNF-alpha über intrazelluläre Signalkaskaden zahlreiche Reaktionen aus.

Zusatznutzen bei mehrfach vorbehandelten Patienten

Die Teilnehmer der GO-AFTER-Studie waren bereits mit Infliximab, Etanercept und/oder Adalimumab vorbehandelt und hatten diese Therapie abgesetzt. Sie erhielten nun 50 oder 100 mg Golimumab oder Placebo. Ihre individuelle Begleittherapie (inclusive ggf. Methotrexat) behielten sie zusätzlich bei. Auch hier war die Kombitherapie erfolgreich: Mit Golimumab 100 mg, 50 mg bzw. mit Placebo erreichten 38, 35 bzw. 18% der Patienten nach 14 Wochen die ACR20-Antwort.

Auch bei Psoriasis-Arthritis und Morbus Bechterew

Auch in den Studien GO-REVEAL (Psoriasis-Arthritis) und GO-RAISE (Morbus Bechterew) wurden 50 bzw. 100 mg Golimumab über 24 Wochen mit Placebo verglichen. Eine signifikante Überlegenheit der Verumbehandlung war hier zu erwarten und wurde auch erreicht. Die Referenten verglichen die Erfolgsraten mit denen anderer Anti-TNF-Therapeutika aus entsprechenden Studien. So erfüllten nach 24 Wochen 54, 50, 57 bzw. 52% der Patienten mit Infliximab, Etanercept, Adalimumab bzw. Golimumab die ACR20-Kriterien für Psoriasis-Arthritis für eine Verbesserung; bei Morbus Bechterew ("ASAS20") war Golimumab ebenfalls vergleichbar mit anderen Substanzen: 61, 57 und 51% für Infliximab, Etanercept und Adalimumab stehen 56 und 64% für 50 und 100 mg Golimumab gegenüber.

Keine unerwarteten Nebenwirkungen

Das Sicherheitsprofil der Therapien mit Golimumab war ebenfalls mit dem anderer Anti-TNF-Therapien vergleichbar; es gab keine unerwarteten schweren Nebenwirkungen. Gegenüber den Placebogruppen deutlich erhöht war bei Golimumab allenfalls die Zahl der Injektionsreaktionen. Antikörper gegen Golimumab bildeten – je nach Studie – 2,1 bis 6,3% der Patienten.

Im Gegensatz zu anderen Substanzen dieser Klasse genügt hier die einmal monatliche Gabe. Der Patient kann sich die subkutane Injektion nach Einweisung in der Praxis die folgenden Male selbst zu Hause setzen.

 

Quelle

Dr. Edward Keystone, Toronto/Kanada, Prof. Dr. Roy Fleischmann, Dallas/USA, Dr. Filip van den Bosch, Gent/Belgien, Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne/Deutschland: Symposium "Go Beyound Expectations: Meeting Patients Needs in the Anti-TNF Era" am 12. Juni 2008 in Paris/Frankreich im Rahmen der Jahrestagung der European League Against Rheumatism (EULAR), unterstützt durch Schering-Plough und Essex Pharma.

 


Simone Reisdorf

 

 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.