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Feuilleton

Himmel und Hölle liegen nah beieinander

Ein Blick auf die Schattenseiten der Medizin und Pharmazie

Skandale schaffen Empörung und Abscheu, rufen nach Aufklärung und Strafe. Sie sind ein gesellschaftliches Phänomen ersten Ranges und eng an Massenmedien gebunden. Ohne deren Recherchen, ohne deren Kritik lässt sich kaum von einem Skandal sprechen. So verwerflich solche Fälle auch sind, so nah Nutzen und Schaden, „Himmel“ und „Hölle“ oft beieinander liegen – sie können heilsam und lehrreich sein. Strengere Vorschriften sind denkbar, mehr Kontrollen, ein geschärftes Bewusstsein. Der Medizinhistoriker Robert Jütte sagte dazu: „Es braucht handfeste Skandale, um in der Medizin Normen zu entwickeln oder sie ins Gedächtnis zurückzurufen.“ Skandale ignorieren und verletzen Normen, meist juristische, oft auch moralische. | Von Eckart Roloff und Karin Henke-Wendt

Vorfälle dieser Art gab und gibt es immer wieder – man denke an den Apotheker, der mit gestreckten Zytostatika Millionen verdiente, an Pflegekräfte, die Patienten ohne jede Indikation sehr hoch dosierte Arzneien verabreichten, und Ärzte, die Heimkinder für illegale Medikamententests missbrauchten. Die Folgen sind stets umfassend. Zunächst für die Opfer, die als Patienten auf Hilfe hofften, aber auch für jene, die den Schaden angerichtet haben, darunter einzelne Personen, Pharmahersteller, Kliniken, Heime und Behörden.

In der Regel dauert es Jahre und geht durch viele Instanzen, bis sich (wenn überhaupt) etwas klären lässt. Gutachterkriege sind üblich, ebenso der Kampf um Schmerzensgeld oder anderen Ausgleich, den es meist gar nicht geben kann. Das alles belastet die Geschädigten zusätzlich. Oft streiten die Verursacher jede Schuld ab, bitten nicht um Entschuldigung und wehren sich gegen Zahlungen, so groß die Gewinne ihrer Firmen auch sein mögen.

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Ein apathogener, boviner Tuberkelbazillenstamm hätte Säuglinge als Impfung eigentlich vor der tödlichen ­Infektion schützen sollen. Doch er war verunreinigt.

Fall 1 – Verunreinigter Tbc-Impfstoff

Einer dieser Vorgänge reicht zurück in die Jahre 1930 und 1931. Er ist fast vergessen, und obgleich er die Apotheker nicht direkt betraf, lohnt sich ein Blick darauf. Im Mittelpunkt steht Lübeck. Man spricht von einem „entsetzlichen Versehen“, von „ungeheuren Verwüstungen“; das „American Journal of Public Health“ sieht ein „Lübeck-Desaster“. Etwa 80 Säuglinge waren kurz nach der Geburt an Lungentuberkulose gestorben, viele erkrankt. Die Ursache: Der Impfstoff, der vor der Infektion schützen sollte, war verunreinigt. Entwickelt hatten ihn die Bakteriologen Calmette und Guérin vom Institut Pasteur in Paris unter dem Kürzel BCG. Es ging um einen bovinen Tuberkelbazillenstamm, der apathogen geworden war. Man nutzte ihn schon in mehreren Ländern; nie kam es zu einem Todesfall. Die Säuglinge erhielten ihn mit warmer Milch in den ersten zehn Tagen.

Es gab in Deutschland gleichwohl etliche Warnungen, da das Verfahren noch nicht ausgereift schien. In Lübeck aber verfügten zwei Ärzte, der Leiter des Gesundheitsamtes, Ernst Altstaedt, und Georg Deycke als Chef des Allgemeinen Krankenhauses (er hatte ein Buch zur Tbc geschrieben), den Impfstoff in großem Maßstab einzusetzen – ohne weitere Aufklärung der Eltern. Die beiden orderten aus Paris BCG-Kulturen, doch bei deren Aufbereitung kam es zur Verunreinigung durch einen toxischen Stamm aus Kiel. Vor solch einem Risiko hatte Calmette deutlich gewarnt. So starben viele der Kinder innerhalb weniger Wochen.

Schon bald danach geschah Erstaunliches, heute fast undenkbar. Es kam sehr rasch, im Oktober 1931, zu einem Prozess: Die Ärzte erhielten nach 76 Verhandlungstagen wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung Haft­strafen zwischen 15 und 24 Monaten. Darüber erschienen Hunderte von Artikeln in der Laien- wie in der Fachpresse. Es war von einem Skandal die Rede, heftige politische Kontroversen folgten. Der Tuberkulosearzt Hans L. Rieder befand 2003: „Hier geht es um ein Meisterwerk rigoroser wissenschaft­licher Abklärung und exemplarisch fachübergreifende Zusammenarbeit.“

Fall 2 – Gefahren für ­ungeborenes Leben

In den 1950er-Jahren kam es zu noch gravierenderen Folgen. Auch hier standen Substanzen im Zentrum, die eigentlich helfen sollten: einmal Contergan, ein anderes Mal Duogynon; hier gab es keine Verurteilungen. Was bei dem rezeptfreien Contergan durch den Wirkstoff Thalidomid passiert war, ist so bekannt, dass dazu an dieser Stelle nicht mehr gesagt werden muss. Über das verschreibungspflichtige Duogynon hat die DAZ kürzlich geschrieben (s. DAZ 2018, Nr. 40, S. 62). Das ist schon deshalb verdienstvoll, weil über dessen Wirkungen kaum etwas öffentlich wurde.

Bis heute gibt es Streit, wieweit es auch hier bei Kindern zu Fehlbildungen kam. Neuerdings engagieren sich Bundestagsabgeordnete mehrerer Parteien für die Sache. Der Bayerische Rundfunk berichtete darüber. (Geben Sie den Webcode Q7XG5 in das Suchfeld auf DAZ.online ein und Sie gelangen direkt zum Beitrag.) In der wissenschaftlichen Welt besteht nach wie vor kein Konsens darüber, ob von oralen Schwangerschaftstests und Kontrazeptiva eine teratogene Gefahr ausgeht oder nicht (s. DAZ 2019, Nr. 9, S. 30).

Fall 3 – Von der Vertuschung zum Anti-D-Gesetz

Einem ganz anderen Geschehen begegnen wir unter dem Stichwort Anti-D. Wir sind in der Zeit zwischen August 1978 und März 1979 – und in der DDR. Dort werden Schwangere kurz vor oder während der Entbindung routinemäßig mit Human-Immunglobulinen geimpft, ohne nähere Aufklärung, ohne Fragen nach Einverständnis. Diese gesetzlich vorgeschriebene Vorsorge soll einer möglichen Blutgruppen­unverträglichkeit gegen das Rhesusfaktor-Antigen „D“ zwischen Mutter und Kind vorbeugen. Doch während jener Monate waren einige Chargen durch Hepatitis-C-Viren zweier Blutspender verunreinigt.

Zwar wurde das rasch bemerkt, doch die Verantwortlichen hofften auf geringe Folgen. Vergeblich – sehr viele der Mütter erkrankten, zum Teil schwer. In der DDR galt die Staatsdoktrin, dass Fehler, so man sie überhaupt zugab, ­keinesfalls publik werden durften. Als Schuldige wurden ein Arzt und ein Apotheker des Instituts für Blutspende- und Transfusionswesen in Halle (Saale) ausgemacht. Sie kamen vor das Bezirksgericht Halle. Das Protokoll vermerkt, dass es Pflicht aller Anwesenden ist, „über die Problematik dieses Verfahrens nicht zu sprechen“. Auch Stasileute sitzen im Saal.

Das Urteil nach nur vier Tagen: Der Apotheker bekommt wegen „fahrlässiger Körperverletzung von mehr als 2500 Personen“ ein Jahr Haft zur Bewährung, der Arzt hingegen zwei Jahre und 10.000 Mark Geldbuße. Kurz danach wird seine Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Für die vielen Opfer hatte die strikte Geheimhaltung negative Auswirkungen: Sie wussten nicht, woran sie erkrankt waren. Es gab keine Aufklärung und untereinander kaum Kontakt, nur viele Gerüchte. Es dauerte lange, bis die Mütter Selbsthilfegruppen gründeten. Das ging nur dank der Wiedervereinigung 1989/1990. Jetzt konnten sie, obgleich sich die Rechtslage bald als noch komplizierter erwies, laut Entschädigung fordern und, vor allem in Bonn, demonstrieren.

Es gab Gespräche etwa mit dem damaligen Gesundheits­minister Horst Seehofer, Debatten im Bundestag, jahrelange zermürbende Verhandlungen um Renten und Anerkennung. Endlich, zum 1. Januar 2000, tritt das Anti-D-Gesetz in Kraft, das Einmal- und Rentenzahlungen vorsieht. Viele Quellen sprechen vom größten Arzneimittelskandal der DDR, so auch die erst 2017 im Mitteldeutschen Verlag erschienene Studie „Vertuschter Skandal“.

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Aus dem Protokoll des Anti-D-Geheimprozesses mit dem Hinweis an alle Anwesenden, über dessen Problematik „nicht zu sprechen“.

Fall 4 – Der Bluterskandal

Um Minister Seehofer, Demos, Parlamentsreden und harte Kämpfe um Geld geht es auch beim Bluterskandal. Auslöser waren Gaben von Gerinnungsfaktoren – für Bluter lebenswichtig – , in den 1980er-Jahren oft durch HI-Viren kontaminiert. Es dauerte lange, bis die Bluter vieler Länder wussten, was geschehen war. Und bis sich die Hersteller bereitfanden, die bedrohlichen Folgen zu klären. Allein in Deutschland verloren schon bis 1994 mindestens 430 der rund 4000 Bluter ihr Leben, über 40 Prozent wurden infiziert. Ein Skandal im Skandal war, dass deutsche Medien zwar breit berichteten, wie sehr französische Hämophile betroffen waren, die ebenso ernsten Vorgänge bei uns jedoch ignorierten.

In wenigen Fällen zahlten die Hersteller Einmalentschädigungen, über die aber nichts bekannt werden durfte. Erst nach intensivem Drängen einiger Abgeordneter kam ein Gesetz, das regelmäßige Zahlungen zusicherte (aus öffent­lichen Mitteln und von Herstellern, die 90 Millionen Mark in einen Pharmapool gaben). Vorher hatte ein Untersuchungsausschuss des Bundestages – der bisher einzige zur Medizin – weitgehend aufgedeckt, was vorgefallen war. Erst 1998 bekam das Transfusionsgesetz angepasste Regeln.

Fall 5 – Doping, ein Thema in Ost und West

Ganz andere Faktoren prägen diesen Skandal: Da befassen sich anerkannte Sportmediziner jahrelang systematisch damit, Spitzensportler mit Dopingmitteln zu versorgen. Felsenfest wollte (und sollte?) man in der Bundesrepublik glauben, nur in der DDR und anderswo werde gedopt, aber nicht bei uns. Später zeigte sich, dass sich Professoren wie Joseph Keul und Armin Klümper an der Universität Freiburg i. Br. seit den 1970er-Jahren auf pharmakologische Leistungssteigerung spezialisiert hatten.

Statt Doping etwa durch Hormone, Anabolika, Narkotika, Diuretika und Blutdoping aufzudecken, belegten sie beim Wettkampf im Betrügen erste Plätze. Als der Missbrauch aufflog und Klümper 1990 die Uni verließ, als Untersuchungen starteten und Kommissionen eingesetzt wurden (die sich bald heftig stritten), urteilten viele Sportredakteure hart. So befand der Sportwissenschaftler und Journalist Andreas Singler: „Der Skandal um Klümpers Doping ist ein Skandal des Spitzensports und nicht zuletzt der Politik auf vielen Ebenen.“ Die Uni Freiburg kündigte 2007 zwei einschlägig tätigen Medizinern fristlos. Gerichtsverfahren: Fehlanzeige. Doch seit Ende 2015 gilt ein strengeres Anti-Doping-Gesetz. An Grauzonen mit hohen Umsätzen wird das kaum etwas ändern. Experten halten die Kontrollen für weiterhin ungenügend. Ex-Radprofi Fabian Wegman meint: „Ich denke, dass der Radsport von den vergangenen Skandalen profitiert“, weil sich die Einstellung der Fahrer geändert und man daraus gelernt habe. Stimmt das?

Zum Thema gehört aber auch dies: Das Amtsgericht Köln verurteilte kürzlich eine Apothekerin zu Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe. 273-mal hatte sie Kunden mit Testosteron, Clenbuterol, Nandrolon, Exemestan und Tamoxifen versorgt. Das Landgericht Schwerin bestrafte eine Apothekenangestellte und eine Arzthelferin wegen des Handels mit Wachstums- und Aufputschmitteln; beide bekamen Bewährung.

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Doping im Spitzensport – seit 2015 gilt das Anti-Doping-Gesetz als Folge aus den Skandalen in DDR und BRD.

Fall 6 – Das Schicksal der Heimkinder

Abschließend ein besonders schwerwiegender Vorgang. Erst 2003 drang an die Öffentlichkeit, dass viele Kinder und ­Jugendliche, die nach dem Krieg bis in die 1980er-Jahre in deutschen Heimen gelebt hatten, im Westen wie im Osten, tagtäglich roher Gewalt, Psychoterror und sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren. Sie waren billige Arbeitskräfte, meist nicht sozialversichert.

„Der Spiegel“ brachte erstmals Beiträge dazu, die Klartext sprachen. „Unbarmherzige Schwestern“ und „Wie geprügelte Hunde“ waren zwei der Titel. Unzählige ehemalige Heimkinder meldeten sich. Seitdem gab es viele weitere erschütternde Beiträge und Bücher dazu, zum Teil von Betroffenen geschrieben.

2016 deckte die Pharmazeutin Sylvia Wagner im Zuge ihrer Doktorarbeit im Fachbereich Geschichte der Pharmazie an der Universität Düsseldorf auf, dass Heimkinder auch für Medikamentenversuche missbraucht worden waren. Namhafte Fachblätter hatten von 1945 bis 1975 über 80 Arzneimittelstudien mit diesen Kindern publiziert. 2016 veröffentlichte sie in der Zeitschrift „Sozial.Geschichte Online“ erste erschütternde Ergebnisse. Demzufolge waren Tausende von Heimkindern Versuchsobjekte für Arzneien, die teilweise noch nicht auf dem Markt waren, vor allem Impfstoffe, Psychopharmaka und Mittel zur Hemmung der Libido. Dabei ging es auch um ein erweitertes Indikationsspektrum. Es war damals gängige „Erziehungsmethode“, „störende“ Heimkinder zu sedieren, um sie gefügiger zu machen und den Geschlechtstrieb Pubertierender zu unterdrücken, um „sexuelle Verwahrlosung“ zu unterbinden.

Wagner spricht von „massiver seelischer und körperlicher Schädigung“ der Kinder. Ein Mangel an emotionaler Zuwendung hat oft schwere Entwicklungsstörungen zur Folge, die Ängste, Depressionen und Aggressionen auslösen können. Psychopharmaka beeinträchtigen außerdem, längere Zeit genommen, den Hirnstoffwechsel. Das erhöht das Risiko für Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall im späteren Leben. Für ihre Arbeit recherchierte Wagner auch in den Archiven beteiligter Pharmafirmen. In einigen Wochen, sobald die Dissertation veröffentlicht wird, sind weitere ihrer Ergebnisse zu erwarten.

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Zwischen 1945 und 1975 wurden allein in namhaften Fachzeitschriften mehr als 80 Arzneimittelstudien mit ­Beteiligung von Heimkindern veröffentlicht.

Einverständniserklärungen der Eltern fand Sylvia Wagner nicht. Auch dann nicht, wenn es um gefährliche Eingriffe ging, darunter Lumbalpunktionen, stereotaktische Operationen am Gehirn und Pneumoenzephalografien, die höllisch schmerzten, weil Luft ins Gehirn gepumpt wurde, um es auf Röntgenaufnahmen besser sichtbar zu machen (es gab damals noch kein CT). Eine brandaktuelle, erst im März 2019 veröffentlichte Studie der Robert-Koch-Stiftung zu medizinischen Versuchen an Heimkindern in Niedersachsen von 1945 bis 1978 konnte dies alles bestätigen. Demnach hatten auch die Behörden Kenntnis davon. Auch Wagner stieß auf Konferenzprotokolle, denen zufolge etwa das Bundesinnenministerium und das Bundesgesundheitsamt von verschiedenen Studien in Deutschland wussten. Und sie fand heraus, dass viele der Amtsträger im Gesundheitssystem Nachkriegsdeutschlands NS-Funktionäre gewesen waren, die den barbarischen Geist jener Zeit in die junge Bundesrepublik einbrachten. Einige hatten Versuche mit Häftlingen durchgeführt.

Viele ehemalige Heimkinder sind heute von Armut bedroht, psychisch krank, behindert, ohne Ausbildung, Beruf und Rente. In ihrem Sinn gründete sich 2004 der Verein ehe­ma­liger Heimkinder (VEH). Er kämpft dafür, dass die Opfer entschädigt werden. Doch 2010 kam der Runde Tisch Heim­erziehung (RTH), eine von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Politik, Kirchen und Heimen, zu dem Schluss, dass die schlimmen Vergehen verjährt seien; ein Recht auf Entschädigung bestehe nicht mehr. Zwar richteten Bund, Länder und Kirchen Heimkinder-Fonds ein, doch das Geld ist längst verbraucht. Nur ein Bruchteil der Opfer erhielt daraus finanzielle Zuwendungen – und auch nur sehr geringe. Unzählige Kinder hatten von diesen Fonds nie erfahren. Andere scheuten die bürokratischen Hürden, empfanden die notwendige Schilderung ihres Schicksals vor Behörden als belastend und retraumatisierend.

Literaturtipp

Unter dem Titel „Geschädigt statt geheilt“ haben die beiden Autoren zu diesem Thema im S. Hirzel Verlag 2018 ein Buch veröffentlicht. Neben den hier genannten Fällen handelt es auch von stark erhöhten Strahlendosen, die bei Patienten schwere Schäden verursachten, vom Chirurgen Christoph E. Broelsch (gestorben am 12. Februar 2019), der Grenzen überschritt, vom Bottroper Zyto-Skandal, vom Postboten und Hochstapler Gert Postel, der Oberarzt wurde, und vom Organmangel, der zu Manipulationen auf Wartelisten verführte. Dargestellt werden ferner Morde in Kliniken und Heimen sowie der Fall Mollath. Weitere Kapitel befassen sich mit Medizinprodukten, die die Gesundheit vieler Menschen schädigten, darunter der Operationsroboter Robodoc und die gefälschten Brustimplantate der französischen Firma PIP.


Eckart Klaus Roloff und Karin Henke-Wendt

Geschädigt statt geheilt

Große deutsche Medizin- und Pharmaskandale

256 S., 29 s/w Abb., 15,3 × 23,0 cm, Kartoniert,
22,- Euro [D]

ISBN 978-3-7776-2763-2

S. Hirzel Verlag 2018


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Heftig kritisiert der VEH, dass der RTH in seinem Abschlussbericht von 2010 den Arzneimittelmissbrauch bei Heimkindern ignorierte – nur eine einzige Studie mit ihnen wird zitiert. Ansonsten heißt es: „Ob und in welchem Umfang eine solche Praxis vorkam, kann so viele Jahre später schwer beurteilt werden.“ Und dies, obwohl schon damals vor dem RTH zahlreiche Opfer von erzwungenen Medikamenten­gaben, quälenden Nebenwirkungen und schmerzhaften Untersuchungen berichtet hatten. Sylvia Wagner hat mit ihrer Arbeit schwere Versäumnisse des RTH offengelegt.

Warum kam das dort nicht zu Sprache? Welche Behörden und Pharmafirmen waren beteiligt? Einige Landtage recherchieren nun, mehrere Heimträger arbeiten ihre Vergangenheit auf. Forderungen, hier auch Pharmaunternehmen in die Pflicht zu nehmen, wurden bereits laut. Zu nennen sind etwa Bayer, Behring, Janssen, Merck, Pfizer, Schering und Verla-Pharm. Darauf deuten, so Sylvia Wagner, zahlreiche Unterlagen in Konferenzprotokollen, in Werksarchiven und im Bundesarchiv. |

Autoren

Eckart Roloff promovierte 1972 mit einer Studie zum Medizinjournalismus. Er war Volontär und Redakteur bei einer Regionalzeitung und 1974 Mitglied der Studiengruppe „Wissenschaft und Journalismus“ an der Universität Bielefeld. 20 Jahre lang leitete er das Ressort Wissenschaft einer Wochenzeitung. Er schrieb zahlreiche Beiträge in Büchern und Fachzeitschriften, Lehraufträge an Journalistenschulen und Universitätsinstituten und ist Herausgeber und Autor mehrerer Bücher, Träger des Theodor-Wolff-Preises und des Lilly Schizophrenia Reintegration Award.

Karin Henke-Wendt ist Diplom-Biologin. 1999 promovierte sie am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg zum Dr. sc. hum. mit einer Arbeit zur Strahlentherapie bei Tumorpatienten. Parallel dazu war sie Stipendiatin zweier Stiftungen zur journalistischen Nachwuchsförderung. Langjährige Arbeit als Fachredakteurin und Wissenschaftsjournalistin in den Bereichen Radioonkologie, Gynäkologie und ganzheitliche Medizin. Mitarbeit an Internet-Präsentationen, Patienten- und Imagebroschüren sowie Büchern.

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