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Überwiegende Zahl der Frauen hat keine Nebenwirkungen

Von Mythen und Fakten der Hormontherapie bei Wechseljahresbeschwerden

mc | Sie macht dick und sie ist gesundheitsschädlich – um die Hormontherapie (HT) in der Menopause ranken sich viele Mythen. Doch was ist dran an den Gerüchten? Was kann die Hormontherapie leisten, was nicht? Prof. Dr. med. Vanadin Seifert-Klauss gab einen Überblick über Vor- und Nachteile der Hormontherapie.

Viele Frauen leiden unter Wechsel­jahresbeschwerden, die ihre Lebensqualität stark einschränken, darunter Hitzewallungen, nächtliches Schwitzen, Schlafstörungen, Reizbarkeit und im späteren Verlauf vaginale Trockenheit. Bis zu 13 Jahre können die Symptome andauern. Und je früher vor der Menopause sie einsetzen, desto länger dauern sie meist an. Ein wichtiger Aspekt: Heutzutage sind viele Frauen in dieser Altersklasse noch berufs­tätig. Sie können ihre Berufstätigkeit nicht wegen Wechseljahresbeschwerden gefährden. Als therapeutische Möglichkeiten stehen Östrogen-Monopräparate oder Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparate zur Verfügung, oral und transdermal, zyklisch oder kontinuierlich kombiniert. Die Wahl der richtigen Therapie richtet sich nach Faktoren wie Knochengesundheit, Alkohol- und Nicotin-Konsum, kardiovaskulären und Krebs-­Risikofaktoren.

Nicht nur einzelne Faktoren betrachten

Ab 35 Jahren sinkt der Grundumsatz bei jeder Frau, doch nur wenige passen ihre Essgewohnheiten an. Wenn man mit dem Alter zunimmt, liegt das also nicht unbedingt an der Hormontherapie. In einem Cochrane-Review konnte kein signifikanter Effekt auf das Gewicht unter einer Hormontherapie gefunden werden – weder unter Östrogen-Monotherapie noch unter kombinierter Therapie. Schlank macht eine Hormontherapie aber auch nicht, betonte Seifert-Klauss. Eine Querschnittsstudie hatte dies nahegelegt, doch bei genauem Hinsehen zeigte sich kein kausaler Zusammenhang.

Wie sieht es mit dem Mythos „Gesundheitsschädlichkeit“ aus? Beispiel Brustkrebs: Grundsätzlich ist das Risiko altersabhängig. Der Einfluss von Übergewicht ist deutlich größer als der einer Hormontherapie. Führt die HT dazu, dass eine Frau sich wieder fitter fühlt und mehr Sport macht, senkt sie damit das Brustkrebsrisiko deutlich.

Foto: DAZ/Matthias Balk
Prof. Dr. Vanadin Seifert-Klauss

Die WHI(Women Health Initiative)-Studie hatte nahegelegt, dass Frauen unter Östrogen-Monotherapie eine erhöhte Sterblichkeit haben. Ein genauer Blick in die Daten zeigt jedoch, dass die Frauen in dieser Gruppe oft auch hysterektomiert waren. Frauen, für die eine Hysterektomie angezeigt ist, haben jedoch generell ein schlechteres Risikoprofil. Die Studie zeigt also nicht, dass eine Hormontherapie Frauen früher sterben lässt.

Ein weiterer Mythos betrifft die Atherosklerose. Eine vierjährige Hormontherapie während der frühen Postmenopause hatte jedoch keinen Einfluss auf die Atherosklerose-Progression.

Fakten: Nutzen und Schaden der Hormontherapie

Die Hormontherapie reduziert die Frequenz von Hitzewallungen und deren Schweregrad, urogenitale Symptome, z. B. rezidivierende Harnwegsinfekte, Gelenkschmerzen und Symptome wie Schlafstörungen bessern sich. Zu präventiven Effekten gehört die Reduktion von Wirbelkörperfrakturen – dabei sind die Effekte der Kombi-Therapie größer als unter Östrogen allein. Außerdem treten Kolorektalkarzinome unter der Kombi-Therapie seltener auf. Unter einer Hormontherapie berichten weniger Frauen von Diabetes mellitus Typ 2. Bei Frauen bis 60 Jahren senkt die Hormontherapie die Herzinfarktrate und die Sterblichkeit.

Foto: DAZ/Matthias Balk

Dem gegenüber stehen nachgewiesene Risiken der Hormontherapie: eine erhöhte Thrombose-, Embolie- und Apoplexrate, gering erhöhtes Risiko für Mamma- und Ovarialkarzinome und – bei einem Beginn ab 70 Jahren – eine erhöhte Herzinfarktrate und Sterblichkeit.

Auch in der Apotheke kann ein Beitrag zur Risikominimierung geleistet werden: Bieten Sie Ihren Kundinnen häufiger mal eine Blutdruckmessung an. Denn auch Frauen, die sonst eher niedrigen Blutdruck hatten, können unter der Hormontherapie eine Hypertonie entwickeln. |

Foto: DAZ/Matthias Balk

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