Wirtschaft

Ein Finanzrezept für Apotheker

Wie man mit dem „Vier-Kontenmodell“ wichtige Liquiditätsreserven bildet

Als Mitglieder eines Versorgungswerkes sind Apotheker bekanntlich dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Einnahmen für die Altersvorsorge zu investieren. Doch ist es ausreichend, sich in Zeiten des demografischen Wandels und der Niedrigzinsphase ausschließlich auf ein Versorgungswerk zu verlassen? Welche Möglichkeiten bestehen darüber hinaus, Kapital nicht nur für die Rente, sondern auch für andere Ziele und Wünsche zurückzulegen? Der Markt bietet nahezu eine unbegrenzte Vielfalt an verschiedenen Optionen – aber welche sind die Richtigen: Aktien, Immobilien oder doch die „neuen Märkte“?

Fakt ist, dass nur eine ausreichende Streuung auf mehrere Anlageklassen eine hohe Sicherheit bei gleichzeitigen Renditechancen bietet. Dabei kommt es vor allem auch auf die individuelle Anlagementalität an. Was für den einen passt, kann für den anderen bereits viel zu spekulativ sein. Aus diesem Grund beruht eine intelligente Finanzplanung auf dem fiktiven „Vier-Kontenmodell“. Hintergrund ist, die gewünschten Sparbeiträge in kurz-, mittel- sowie langfristige Ziele einzuteilen und einen Teil des Einkommens zusätzlich für die Absicherungs­lösungen einzuplanen (insgesamt also vier Konten).

„Absicherung vor Vorsorge“ lautet ein Leitspruch der Finanzplanung. In diesem Sinne ist neben den wichtigsten Absicherungen – Krankenkasse, Haftpflicht und Berufsunfähigkeitsschutz – eine Liquiditätsreserve zu bilden. In der Regel ist das zur Verfügung stehende Einkommen während des Studiums deutlich geringer als zum Berufsstart. Daher ist es zu keinem späteren Zeitpunkt nochmals so einfach wie zum Berufsstart, einen bestimmten Betrag X des Nettoeinkommens beiseitezulegen (Zielsparen). Idealerweise beträgt dieser mindestens 30 bis 40 Prozent des Nettoeinkommens.

Kurzfristig

Als kurzfristige Liquiditätsreserve sind je nach Lebensstandard in der Regel drei bis vier Nettomonatsgehälter absolut ausreichend. Damit können plötzlich auftretende Zahlungsverpflichtungen und Reparaturkosten beglichen werden, ohne mit allzu viel Kapital in der Niedrigzinsfalle gefangen zu sein. Ob man dabei 0,1 oder 0,5 Prozent an jährlichen Zinsen erhält, ist wenig kriegsentscheidend – wichtig ist eine tägliche Verfügbarkeit und idealerweise die Kostenfreiheit, wie beispielsweise von Tagesgeldkonten. Eine mittel- oder lang­fristige Vertragsauflösung sollte möglichst vermieden werden, um kurzfristigen Zahlungen nachkommen zu können. Das kostet oft unnötig Geld.

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Mittelfristig

Für mittelfristige Ziele mit einem Anlagehorizont ab drei Jahren wird meistens eine Kapitalmarktbeteiligung empfohlen. In welcher Form, ob ausschließlich mit Aktien oder auch einen Mix verschiedener Anlageklassen wie Immobilie, Anleihen oder Rohstoffen, hängt dabei von der individuellen Risikoneigung sowie dem Anlagehorizont und den Zielen ab. Hier könnte beispielsweise auch ein Bausparvertrag für risikoscheue Anleger sinnvoll sein. Am besten holt man sich – gerade zu Anfang – mehrere Meinungen ein, um dann in aller Ruhe zu entscheiden, wo man sich am besten betreut und beraten gefühlt hat. Dabei sollte man stets kritisch sein – dies gilt selbstverständlich auch bei Freunden und Bekannten, die möglicherweise einen Vertrauensvorschuss genießen. Unterlagen, Angebote bzw. Konzepte sollte man sich stets vorab zusenden lassen. Der Markt bietet beispielsweise mit fast 9000 zugelassenen Fonds nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, also wieso auf die Lösungen einzelner Banken oder Fondsgesellschaften festlegen? Zwingend lösen sollte man sich vom Gedanken, ausschließlich auf die Kosten zu achten. Selbstredend spielen diese eine wichtige Rolle, der Gewinnzuwachs, die möglichen Dividendenausschüttungen, aber auch die besagte Strategie des angebotenen Investments (Mix Branchen, Länder, Aktien, Anleihen etc.) sind nicht minder wichtig. En vogue sind ETF’s (Exchange Traded Funds). Neben den bekannten Vorteilen des kostengünstigen Erwerbs und der breiten Streuung je nach Index über diverse Unternehmen, Länder oder gar Kontinente bieten diese jedoch, wie jede an­dere Anlageform, auch Nach­teile!

So unterliegt bspw. ein ETF auf den DAX aufgrund seiner Architektur dem pro-zyklischen Handel. Ähnlich wie in der Fußball-Bundesliga, bei der es Auf- und Ab­steiger gibt, werden eben auch die Unternehmen des DAX, MDAX und SDAX überprüft und gegebenenfalls ausgetauscht. Für ETF-Besitzer bedeutet das, dass die Aktien, welche in den letzten Monaten negativ verliefen, automatisch verkauft werden, während stark gestiegene Aktien aus dem MDAX gekauft werden. Einfach ausgedrückt werden Aktien-Anteile mit Verlusten verkauft und neue Anteile zu Höchstkursen gekauft.

Darüber hinaus besteht mit einem ETF jedoch das sog. „Klumpen­risiko“, weil Korrelationen zwischen zwei ETF’s bestehen können. Sind die ETF’s beispielsweise in den MSCI World mit ca. 1600 Unternehmen aus aller Welt und in den S&P 500 mit den 500 größten Unternehmen der USA investiert, so erhalten diese bereits ca. 900 US-Unternehmen über den MSCI-World und die identischen 500 Unternehmen zusätzlich im S&P 500. Der US-Markt ist damit signifikant übergewichtet.

Gänzlich abzuraten ist davon, in Eigen­regie nach Feierabend Einzeltitel und Investments selbst auszuwählen und zu verwalten. Leider wird dies jedoch auch teils von Verbraucherschützern empfohlen. So wurde in zahlreichen Studien bereits nachgewiesen, dass sich private Anleger in ihren Fähigkeiten am Kapitalmarkt überschätzen und Informationen fehlinterpretieren.

Langfristig

Der langfristige Anlagehorizont deckt alle Lösungen für das Alter bzw. die Rente ab. Dabei ist erst einmal auf die Differenzierung zwischen Altersvorsorge und Altersversorgung zu achten. Ersteres verspricht ein Kapital, welches zur Rente als Auszahlung komplett zur Verfügung steht. Letzteres sind Renten, die lebenslange Einkünfte garantieren, mit denen der Lebensunterhalt gestaltet wird. Hierzu zählen natürlich die Rente aus dem Versorgungswerk, aber auch private ergänzende Lösungen wie Rürup, betriebliche Altersvorsorge oder auch private Renten­versicherungen. Auch Immobilien, mit denen monatlich Mieteinnahmen generiert werden, zählen hierzu. Die selbstbewohnte Immobilie gehört allerdings nicht zur klassischen Altersversorgung, da sie keine monatlichen Einkünfte ermöglicht. Man muss sich also in einem ersten Schritt mit der Frage beschäftigen, ob ein einmaliges Kapital zur Rente gewünscht ist oder eine monatliche regelmäßige Auszahlung. In einem weiteren Schritt geht es darum, bei welcher Lösung staatliche Unterstützungen durch Steuervorteile oder Sozialabgabenersparnisse entstehen können. Flexibilität, in Form einer ständigen Verfügbarkeit, ist bei diesem Anlagehorizont nicht zwingend notwendig, da das Ziel weitestgehend klar definiert ist – die Rente.

Grundsätzlich gilt, dass kein Lösungsweg nur Vorteile bietet und der Königsweg ist. Insofern ist zu prüfen, welche individuellen Prioritäten eine Rolle spielen. Ebenfalls wichtig ist, dass jede Produktgattung eine Anspar- und Entnahmephase hat. Beide Phasen haben ihre Vor- und Nachteile ­sowie steuerliche Unterschiede, die meistens nur im persönlichen Gespräch erklärt werden können. Über den Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge für Angestellte in Apotheken erhalten viele Beschäftigte, abhängig von ihrer Wochenarbeitszeit, einen ­arbeitgeberfinanzierten Beitrag bzw. zusätzlich einen Zuschuss zur Entgeltumwandlung erstattet. Diese Option sollte ebenfalls bei der langfristigen Finanzplanung geprüft werden. Auch hier helfen freie Vermittler, die mehrere Gesellschaften anbieten und vergleichen und die sich auf die Beratung von Freiberuflern wie Ärzte und Apotheker spezialisiert haben. Ebenfalls hilfreich – bei größeren Apotheken – ist das Hinzuziehen eines Experten für betriebliche ­Altersvorsorge, um mögliche ­Gesamtlösungen mit Rabatten für die Apotheke zu erarbeiten.

Fazit

Letztendlich sollte die Investi­tionsquote linear mit der Gehaltsentwicklung mitwachsen. Investieren sollte man hierzu idealerweise von jeder Gehaltserhöhung bzw. Gewinnsprung die eine Hälfte in die Finanzplanung und die andere Hälfte in den Konsum. Langfristig kann dieser Wert­zuwachs zu Wohlstand und finanzieller Freiheit führen. Nicht weniger wichtig ist die Vermeidung eines Konsumsuizids. So einfach es klingt, vermögend wird man jedoch nur von dem Geld, welches man nicht ausgibt. Das Vier-Kontenmodell kann helfen, dies auch in der Praxis umzusetzen. Ein weiterer Tipp: Immer am Anfang eines Monats sparen. Wer darauf hofft, dass am Ende noch genug Geld übrig bleibt, wird meistens enttäuscht. Sogenannte Sachversicherungen, wie KFZ, Haftpflicht, Hausrat, sollten – wenn möglich – jährlich bezahlt werden und Steuerrückerstattungen bestenfalls wieder in steuerlich geförderte Lösungen reinvestiert werden. So schafft man einen permanenten Cash-Flow für den Finanzkreislauf – ein Perpe­tuum Mobile der Finanzen quasi. Schon Albert Einstein wusste: Der Zinseszinseffekt ist das achte Weltwunder. |

Erol Causev, Dipl. Betriebswirt, Finanzplaner für Akademiker und selbstständiger Handelsvertreter für Horbach

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