Therapien im Gespräch

Kein Freischein für Hormone und Phytos

Eine effektive und risikofreie Behandlung von Wechseljahresbeschwerden gibt es nicht

du | Wechseljahresbeschwerden, allen voran die Hitzewallungen, machen vielen Frauen schwer zu schaffen. Was kann helfen? Ist die Hormonersatztherapie doch besser als ihr Ruf?

Es besteht zumindest Einigkeit, dass die Hormonersatztherapie die effektivste Methode gegen Wechseljahresbeschwerden ist. Doch viele Frauen lehnen eine Hormontherapie ab, oft genug ist sie kontraindiziert. Dann sind Alternativen gefragt. Die nordamerikanische Menopausen Gesellschaft (NAMS; North American Menopause Society) hat verschiedene Therapie­formen auf den wissenschaftlichen Prüfstand gestellt. Die Ausbeute für empfehlenswerte, weil evidenzbasierte Optionen ist überschaubar: kognitive Verhaltenstherapie und klinische Hypnose sowie SSRIs/SNRIs, Gabapentin/Pregabalin und Clonidin. Als „vorsichtig empfehlenswert“ werden Achtsamkeits-basierte Stressreduktion, Gewichtsreduktion und Stellatum-Blockade bewertet. Bei Phytopharmaka muss dagegen sehr genau hingeschaut werden. Verwiesen wird auf einen Rhapontik-Rhabarber-Extrakt (ERr731, Femiloges®), der in einer kleinen kontrollierten Studie bei Wechseljahresbeschwerden hilfreich war. Bei Cimicifuga-Extrakten fehlen aussagekräftige Studien, die eine Linderung der Hitzewallungen belegen. Möglicherweise verbessern sie die Stimmungslage und lassen die Frauen besser schlafen. Hilfreich bei klimakterischen Beschwerden scheint einem systematischen Review zufolge aber eine Kombination von Cimicifuga-racemosa- und Hypericum-foratum-Extrakten zu sein (DAZ 3, S. 38). Eine weitere Metaanalyse zum Einsatz von Phytopharmaka gegen Wechseljahresbeschwerden deutet eine leichte Reduktion von Hitzewallungen durch Sojaisoflavone an (DAZ 28, S. 30).

„Viele Frauen haben jahrelang um ihre Gesundheit gefürchtet, wenn wir ihnen einen Ersatz ihrer Hormone empfohlen und verordnet haben. All diese Frauen können jetzt wirklich erleichtert sein, und wir als ihre behandelnden Frauenärztinnen und -ärzte sind es auch.“

Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, zur WHI-Studie

WHI-Studie: falsch interpretiert?

Nach wie vor wird darüber gestritten, ob und wann Frauen doch von einer Hormonersatztherapie profitieren können. Und immer wieder die Frage: wurde die WHI-Studie richtig interpretiert? Zwei Autoren der WHI-Studie sprechen in einer Publikation im New England Journal von einer jahrelangen Fehlinterpretation der Daten. Wenn in der WHI-Studie nur Frauen zwischen 50 und 59 Jahren betrachtet werden, dann profitierten diese von einer Hormonsubstitution. Sie litten weniger unter klimakterischen Beschwerden, das Fraktur-Risiko wurde ebenso reduziert wie das Diabetes-Risiko. Bei alleiniger Estrogen-Substitution sank sogar das Brustkrebsrisiko im Vergleich zu Placebo. Auf diesen Erkenntnissen beruht die „Timing-Hypothese“, nach der Frauen am meisten von einer Hormonsubstitution profitieren, wenn sie sofort mit Eintreten der Wechseljahre behandelt werden. Allerdings stieg das Schlaganfall- und Thromboembolie­risiko. Damit liegen Nutzen und Risiken der Hormonersatztherapie eng beieinander, eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung muss dringend vorgenommen werden. Von einem Freischein für die Hormonsubstitution kann nicht die Rede sein (DAZ 20, S. 22).

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Estrogene gegen Depression?

Schützt eine späte Menopause vor Depression? Den Ergebnissen von Beobachtungsstudien mit insgesamt knapp 70 000 Frauen zufolge ja. Besonders gefährdet waren Frauen, bei denen schon vor dem 40. Lebensjahr die Eierstockfunktion erloschen war. Dr. Andrea Hocke, Leiterin der Klinik für Gynäkologische Psychosomatik des Universitätsklinikums in Bonn, sträubt sich dagegen, das Depressionsrisiko allein an der Hormonkonstella­tion festzumachen. Psychosoziale Faktoren seien in der Auswertung überhaupt nicht berücksichtigt worden, so dass die Aussagekraft sehr beschränkt ist. Trotzdem will sie nicht von der Hand weisen, dass gerade bei einem sehr frühen Eintritt die Frauen von einer Estrogen-Therapie profitieren können. Ungeachtet dessen empfiehlt sie, auch den Einsatz von Antidepressiva wie Venlafaxin in Erwägung zu ziehen (DAZ 10, S. 28). |

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